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WIEN/ Staatsoper: DAS RHEINGOLD

20.06.2014 | KRITIKEN, Oper

WIENER STAATSOPER: 19.06.2014 – DAS RHEINGOLD

Das_Rheingold_Anger-Coliban
Ain Anger, Sorin Coliban. Foto: Wiener Staatsoper/Pöhn

 Die beiden Ring – Zyklen sind inzwischen von aussergewöhnlich vielen Umbesetzungen betroffen – nun hat es auch noch Jeffrey Tate erwischt, der uns noch vor Kurzem beim vielbejubelten, ersten Durchlauf überzeugt hat. Der Wiener Staatsoper und damit auch uns blieb aber auch hier bei der Auswahl der Einspringer das Besetzungs-Glück hold. Adam Fischer übernahm kurzfristig den Ring (außer Walküre: Cornelius Meister) und zeigte schon beim Vorspiel des Rheingoldes, dass er zu den führenden Wagner-Interpreten zu zählen ist.

Der Es-Urton – die Erschaffung der Götter- und Menschenwelt aus der ewigen Natur – gelingt wunderbar zart (lt. Definition von Stefan Mickisch: „Noch weniger wäre garnichts!“) und hat sich damit Raum für die stetige Steigerung bis zum Erscheinen der Rheintöchter verschafft. Ein hervorragender Wagner-Kenner am Pult und das einfühlsam und sicher spielende Staatsopernorchester bereiten mit detailreicher sinfonischer Präzision und rücksichtsvoll gestalteter Begleitung einen Klangteppich, auf dem die Gesangssolisten zum großen Teil zur Hochform auflaufen. Die Hörner und besonders die Wagner-Tuben verzaubern beim Zwischenspiel nach der ersten Szene mit einem makellos schönen Wotan-Motiv. Diese traumwandlerische Sicherheit und die Spannung hält bis zum Finale und sorgt dafür, dass dieses Rheingold zu den persönlichen Höhepunkten gezählt werden kann.

 Einen nicht minderen Anteil daran hat auch die Fricka von Elisabeth Kulman. Die wunderschöne, technisch pefekte Stimme dieser klugen und selbstbewussten Sängerin macht jeden Ton und jede Geste zum stimmigen Erlebnis und sie ist in dieser Rolle derzeit sicher konkurrenzlos. Als mutierte Mezzosopranistin verfügt sie – neben Ihrer unangestrengten Tiefe – über wohlklingende Höhen ohne jede Schärfe. Eine rundum erfreuliche Erscheinung für „Ohr und Blick“.

 Ihr göttlicher Gatte, der im Rheingold beim Streit noch relativ gut wegkommt, wurde von einem stimmlich souveränen Tomasz Konieczny mit verbesserter Wortdeutlichkeit und weniger fahlem Timbre als beim letzten Mal gesungen. Seine polarisierende Stimmfärbung passt zum aktiven Rheingold – Wotan jedenfalls besser als zum liebenden, leidenden Vater in der Walküre. Hierfür wäre für uns Jochen Schmeckenbecher – der Alberich dieser Serien – die Wunschbesetzung. Bei der Darstellung des frustrieten, bösartigen Nacht-Alben wird er von seinem warmen, wohltönenden Bariton teilweise ad absurdum geführt – wie Dumitrescu als Sparafucile.

Bei diesem Alberich hätten die Rheintöchter leicht schwach werden können – Simina Ivan als Woglinde, Ulrike Helzel als Wellgunde und Alisa Kolosova als Flosshilde überzeugten sowohl einzeln als auch in der Verschmelzung der Stimmen, reizten den Nibelungen zwar bis aufs Blut, ließen sich aber dann doch – zum Glück für den weiteren Ablauf der Handlung – nicht verführen. Mime, der geknechtete Bruder Alberichs wurde von Herwig Pecoraro souverän verkörpert und macht Lust auf den wesentlich umfangreicheren Mime im Siegfied.

 Nach den fulminanten Darbietungen des hellen Baritons Adrian Eröd beim Start dieser Inszenierung hörten wir nun bereits zum dritten Mal Norbert Ernst, einen jungen Tenor in einer erfreulichen Phase seiner Stimmentwicklung in der interessanten Rolle des listigen Loge, der ja auch lt. Edda die Mutter von Wotans achtfüßigem Pferd Sleipnir ist.

Seine klare schnörkellose Stimme klingt schön, unangestrengt; sein Spiel ist temperamentvoll und frech – eine optimale Besetzung.

 Erda, die weise Urmutter der Natur wurde von Janina Baechle mit beeindruckend strömendem Alt gesungen – die stimmlichen Probleme scheinen glücklicherweise überwunden zu sein. Die jüngeren Götter wurden diesmal von Caroline Wenborn dominiert. Ihr klarer, jugendlicher Sopran vermittelt perfekt die Hüterin der Jugend und ist aufgrund ihrer  unbeschwerten Ausstrahlung eine ideale Besetzung. Boaz Daniel ist ein starker Donner und Sebastian Kohlhepp ist ein sympathischer Froh – beide rollendeckend im positiven Sinne.

Die Riesen Fafner und Fasold wurden einmal mehr vom Traumpaar Ain Anger und Sorin Coliban verkörpert. Die beiden edlen Bässe passen sowohl einzeln zu den verschiedenen Charakteren der Riesen, vermitteln aber auch als Paar Macht und Bedrohlichkeit – den Rest erledigt die geniale Musik Richard Wagners, die beim Auftritt der Riesen vergessen lässt, dass sich die Szene in einem kahlen, nichtssagenden Bühnenbild abspielt – ein wunderbares Demonstrationsbeispiel für die Ausdruckkraft der Musik!

 Pardon – aber einen Namens – Kalauer können wir uns einfach nicht verkneifen: Es wird bei der Walküre eine „Meister“- Leistung nötig sein um „In den Schuhen des Fischers“ bestehen zu können!

 Maria und Johann Jahnas

 

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