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WIEN/ Staatsoper: ARIADNE AUF NAXOS

30.12.2012 | KRITIKEN, Oper

WIENER STAATSOPER: ARIADNE AUF NAXOS am 29.12.2012


Stephen Gould. Foto: Barbara Zeininger

 Endlich wieder eine Vorstellung einer Premierenserie, bei der man nicht sofort der Vorgängerinszenierung nachtrauert. Diese – in Koproduktion mit den Salzburger Festspielen – von Sven-Eric Bechtolf geschaffene „Ariadne auf Naxos“ hat eine klare, durchgängige Linie und wird sicher im Repertoiralltag bestehen. Die geringe Zeitverschiebung erlaubt, anstelle der aristokratischen Überheblichkeit eine Persiflage darüber, was Neureiche für vornehm halten. Dies wird von Peter Matic als Haushofmeister mit Hingabe köstlich zelebriert. Eine großartige schauspielerische Leistung – wir hoffen nur, dass in dieser Inszenierung niemand auf die Idee kommt, ein verdientes Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper oder einen befreundeten Intendanten mit dieser Rolle zu belohnen!

Die vierte Vorstellung der Serie läuft schon schön rund – Nervositäten und Unsicherheiten sind abgelegt und man spürt, dass auch die Künstler auf der Bühne ihr Vergnügen haben – was sich auf die gebotenen Leistungen positiv auswirkt. Das, obwohl diesmal anstelle von Franz Welser-Möst – der wahrscheinlich schon voll im Neujahrskonzert-Stress steckt – Jeffrey Tate die musikalische Leitung übernommen hat. Tate begleitet den Abend routiniert, lässt aber vergleichsweise gröbere und uninspirierte Töne aus dem Orchestergraben hören. Wir hätten uns – es ist ja immerhin Weihnachten – gewünscht, wenn man nach langer Zeit wieder einmal Peter Schneider für eine Ariadne gewonnen hätte; die hochkarätige Besetzung hätte sich seine feinfühlige, schwelgerische Strauss-Interpretation verdient.

 Wenn man von hochkarätiger Besetzung spricht, muss man mit der Ariadne von Krassimira Stoyanova beginnen. Ihr fehlerlos geführter, warmer, wunderschön klingender Sopran reicht vom Alt bis in höchste Höhen und meistert alle von Strauss komponierten „Gemeinheiten“ so, als wäre es das Leichteste auf der Welt – eine wahre Primadonna, deren zickiges Gehabe hervorragend und köstlich gespielt ist.

Ebenso erfreulich ist die Zerbinetta von Daniela Fally; sie hat eine eigene, kecke und temperamentvolle Interpretation gefunden und singt mit spielerischer Leichtigkeit die schwierigsten Koloraturen. So wie die abgelöste Sanjust – Ariadne die „der Gruberova“ war, könnte die Bechtolf – Ariadne die „der Fally“ werden.

Weniger Freude hatten wir mit der dritten weiblichen Hauptrolle. Vielleicht gefangen in den eigenen Gewohnheiten konnten wir mit dem hellen Sopran von Christine Schäfer als Komponist nicht recht glücklich werden. Es mag schon sein, dass Richard Strauss in dieser Rolle keinen Mezzosopran wollte und deshalb Lotte Lehmann 1916 die Uraufführung sang. Es soll hier die in mittleren und hohen Lagen schöne Stimme und gut gelungenen Szenen von Christine Schäfer nicht gering geschätzt werden, bei den tieferen Tönen fehlte einiges – man denke an Sophie Koch oder an Heidi Brunner im TaW. Wir hoffen, dass wir Christine Schäfer bald in einer für sie passenderen Partie bewundern können.

 Jochen Schmeckenbecher sang einen gewohnt souveränen Musiklehrer, Norbert Ernst geht weiter auf seinem erfreulichen Weg und hat als Tanzlehrer eine weitere Rolle gefunden mit der er sowohl sängerisch als auch darstellerisch überzeugen kann.

Stephen Gould, unser Haus-Siegfried wagte sich – laut Presse-Interview im Vorfeld – mit Respekt und sehr professioneller Ernsthaftigkeit an die kurze, aber trotzdem gefürchtete Rolle des Bacchus heran. Bei den ersten Vorstellungen hörte man noch, wie schwer diese Partie ist; gestern ist er endgültig auf dem von ihm zu erwartenden höchsten Niveau angekommen. Spätestens bei „Und eher sterben die ewigen Sterne, eh denn du stürbest aus m e i n e m Arm“ hat die „Ganslhaut“ die gesamte Körperoberfläche bedeckt.

 Dass diese Produktion eine so erfreuliche Qualität hat, ist nicht zuletzt der hervorragenden Besetzung der wichtigen kleineren Rollen zu danken. Valentina Nafornita (Najade), Olga Bezsmertna (Echo) und Julietta Mars (Dryade) als kurzfristige Einspringerin für Margarita Gritskova waren sowohl als Einzelstimmen als auch im Terzett – wunderbar verschmolzen – makellos. Adam Plachetka (Harlekin), Carlos Osuna (Scaramuccio), Andreas Hörl (Truffaldin) und Pavel Kolgatin (Brighella) überzeugten gesanglich und durch eine beeindruckende Bühnenpräsenz. Dass sie mit den Tretrollern bisher noch nicht gestürzt sind und niemanden überfahren haben, zeugt von außergewöhnlicher Geschicklichkeit (toi, toi, toi auch noch für den 2. Jänner).

Wolfram Igor Derntl (Perückenmacher), Marcus Pelz (Lakai) und Daniel Lökös (Offizier) sorgten mit guten Leistungen für einen Abend ohne Schwachpunkte.

 Wenn das neue Jahr so weitergeht, wie das alte endete, ist uns um die Zukunft in der Wiener Staatsoper nicht bange!

 Maria und Johann Jahnas

 

 

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