WIEN / Staatsoper: ARABELLA
Wiener Staatsoper: Arabella 9. Mai 2012
Trotz der Absage von Renée Fleming wurde es ein bemerkenswert und unerwartet schöner Abend. Ersatz war Emily Magee in der Titelrolle. Vor einigen Jahren fiel sie mir nicht besonders auf, aber sie hat sich sehr gut weiterentwickelt. Es gelingen ihr Strauss’sche Klangbögen von großer Schönheit und sie beherrscht den Stil dieser Musik in bester Weise und es passt auch ihr Timbre dazu. Ein zeitweise hörbares, schnelles Vibrato stört eigentlich gar nicht. Sie hat dazu eine gewisse mädchenhafte Ausstrahlung. Gleich ihre erste große Szene gelang beispielhaft.
Der Rezensent findet auch, dass die kernige, gehaltvolle Stimme und die Eigenart seines Timbres bei Tomasz Konieczny sehr gut zur Rolle des Mandryka dazupasst. Dass seine Stimme gelegentlich etwas nasal klingt, fällt im Zusammenhang gar nicht sehr auf. Er spielt den scheinbaren Kraftmenschen aus den slawonischen Wäldern in seiner seelischen Verletzlichkeit wirklich echt und lebensnah. Die erste große Szene mit Arabella war einer der Höhepunkte. Ein Exkurs: wo liegt Slawonien? In k. u. k. Zeiten gab es das Königreich Kroatien und Slawonien. Etwas östlich von Agram/Zagreb und südlich der Drau/Drava liegen die Städte Virovitica und Oisijek und südlich davon Požega und Djakovo und noch südlicher Slavonski Brod. Das ungefähr ist Slawonien. Dass Genia Kühmeier eine exzellente Zdenka ist, erlebte man bereits mehrfach und diesmal aufs Neue. Kostümiert ist sie ja alles andere als kleidsam. Wie wäre es, wenn sie in absehbarer Zeit die Arabella sänge?
Das Elternpaar Waldner und seine Frau Adelaide war wiederum den bewährten Stimmen von Wolfgang Bankl/Zoryana Kushpler anvertraut. Sie machen ihre Sache gut. Obwohl sich die Stimme von Michael Schade deutlich in eine schwerere Richtung entwickelte, ist er dennoch ein ausgezeichneter Matteo. Die vielen Tücken seiner Gesangspartie, nicht zuletzt die extremen Höhen machen ihm nicht die geringsten Probleme. Die drei Grafen waren mit Norbert Ernst/Elemér, Clemens Unterreiner/Dominik (er war wie eine Karikatur hergerichtet) und Sorin Coliban/Lamoral gut vertreten. Die Fiakermilli ist an und für sich eine unmögliche Rolle. Für Daniela Fally sind die geballten stimmlichen Herausforderungen mit Leichtigkeit zu erfüllen. Als turnerische Einlage macht sie einen Spagat.
Für Franz Welser-Möst ist Richard Strauss ein Komponist, der ihm ganz vorzüglich liegt. Zusammen mit dem Orchester der Wiener Staatsoper (vulgo Wiener Philharmoniker) kann so ein exzellentes Klangbild entstehen. Es war eine Freude zuzuhören. Gegen die Regie von Sven-Eric Bechtolf wurden nach der Premiere rechtens so manche Einwände erhoben, die immer noch gelten. Wie bei jeder Zeitverlegung der Handlung, hier etwa in die 1920-er Jahre, ergeben sich deutliche Reibungen mit dem Libretto. Die Bühne und Kostüme des Ehepaares Glittenberg sind auch kein großer Wurf. Aber das Ganze ist dennoch gut bespielbar. Die Sitzplätze waren ausverkauft. Das Publikum war von der schönen Vorstellung stark angetan, sehr bald entstand eine intensive Spannung im Haus. Für den Dirigenten und die Sänger gab es gut abgestuften Beifall und Bravos.
Martin Robert BOTZ