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WIEN/ Staatsoper: ANNA BOLENA

03.11.2013 | KRITIKEN, Oper

Wiener Staatsoper: Gaetano Donizetti ANNA BOLENA am 03. November 2013

KrassimiraStoyanova_AnnaBolena
Krassimira Stoyanova. Foto: Wiener Staatsoper/ Poehn

 Erst vor zweieinhalb Jahren erklang Donizetti’s Anna Bolena zum ersten Mal an der Wiener Staatsoper und nun kam es zur ersten Wiederaufnahme (wenn man vom Japan Gastspiel der Wiener Staatsoper absieht).

Die konventionelle Inszenierung von Eric Génovèse bietet ein simples, vorwiegend in dunkle Farben getauchtes Bühnenbild, in denen die prächtigen Kostüme von Luisa Spinatelli den farblichen Glanzpunkt setzen.

In der anspruchsvollen Titelrolle überzeugte Kammersängerin Krassimira Stoyanova auf voller Länge. Gibt es eigentlich ein Fach, das diese Ausnahmekünstlerin nicht beherrscht? Dank ihrer hervorragenden Technik meisterte sie die schwierige Rolle der Anne Boleyn souverän. Die bulgarische Sopranistin ließ eine enorme Bandbreite hören: von leuchtenden Höhen über eine wohlklingende Mittellage bis hin zu beachtlichen Tiefen. Dazu ließ sie zärtliche Piani erklingen, war aber auch in der dramatischen Attacke voll da. Auch ihr Legato war beispielhaft. Eine Lehrstunde des Gesangs! In ihrer Darstellung ging Stoyanova als Königin, die in Donizetti’s historisch verfälschter Oper unschuldig in die Opferrolle gedrängt wird, voll auf.

 Eine gute Gegenspielerin hatte sie in der Giovanna Seymour von Sonia Ganassi. Die Italienerin, die ohnehin eine erstklassige Sängerin des Belcanto ist, brachte eine große Routine mit und gestaltete mit ihrem weichen, flexiblen Mezzosopran eine mitfühlende Jane Seymour. Das große Duett der beiden Rivalinnen wurde dank der souveränen Gesangsleistungen von Stoyanova und Ganassi der Höhepunkt des Abends.

LucaPisaroni_AnnaBolena
Luca Pisaroni. Foto: Wiener Staatsoper/Poehn

Ein Bild von einem Kerl war der Enrico von Luca Pisaroni. Da hörte man aus dem Auditorium ja förmlich das Seufzen so mancher Opernbesucherin. Natürlich ist Pisaroni ein viel zu attraktiver Heinrich VIII. So wie es kürzlich schon Jonathan Rhys-Meyers in der Erfolgsfernsehserie Die Tudors gewesen ist. Pisaroni war ein stimmlich sehr potenter König, der mit markanter Stimme jene Ehrfurcht auslöste, wie es dieser König in Wirklichkeit alleine bei seinem Erscheinen schon tun konnte. Mit seinem prächtigen und geschmeidigen Bass-Bariton konnte der Italiener aber auch die sanfte Seite des wohl berühmtesten englischen Monarchen ausdrücken und war viel glaubhafter als der bei der Premiere recht eindimensionale König von Ildebrando D’Arcangelo, der nicht mehr konnte als grimmig dreinschauen.  Da war Pisaroni schon aus anderem Holz geschnitzt, denn dieser konnte die Stimmungswechsel von Zärtlich sanft in einem Moment, zu Herrisch wütend im nächsten viel eindringlicher darstellen.

 Eine gute Mittellage ließ Stephen Costello als Percy hören, die Höhen kamen leider mehr gestemmt und gepresst. Er sang die Partie zwar sonst ordentlich, doch den nötigen Belcanto-Schmelz blieb er schuldig.

Zoryana Kushpler sang einen guten Smeton, mit schönem Bass sang Dan Paul Dumitrescu Anne’s Bruder, Lord Rochefort, und Carlos Osuna fiel positiv als Sir Hervey auf.

Wunderbar harmonisch präsentierte sich auch der Chor.

Der stimmliche Wohllaut des Abends wurde durch den passenden Klang aus dem Orchestergraben unterstützt. Evelino Pidò erwies sich als hervorragender Dirigent für den Belcanto.

Am Ende der Vorstellung gab es von einem zufriedenen Publikum Bravos für alle Sänger. Fazit: Belcanto vom Feinsten. Ein Abend auf hohem Niveau!

Lukas Link

 

 

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