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WIEN/ Staatsoper: ANNA BOLENA – 2. Vorstellung der Serie

29.10.2013 | KRITIKEN, Oper

WIENER STAATSOPER: 28. 10.2013 „ANNA BOLENA“

„Anna Bolena“, diesmal mit Zoryana Kushpler als Smeton. Das Rollendebüt gelang sehr gut, der grippöse Anfall scheint überstanden zu sein, die Stimme klang frisch und unangestrengt, bis auf die extreme Tiefe (der Smeton geht sehr tief runter), da klingt es noch nicht so ganz kräftig. Aber sehr gut und sehr zu Herzen gehend war die Gestaltung und der musikalische Vortrag des unglücklich verliebten Pagen, der mit seiner Stimme zur Laute die Königin immer wieder beglückt.

Luca Pisaroni ist ein wunderbar singender Enrico VIII, der mit seiner Samtstimme auch an die künstlerische Sensibilität des Königs (schrieb er doch Gedichte und komponierte) erinnert. Vom Wesen her ist er ein Kind seiner Zeit und immer auf der Suche nach der Frau, die ihm den Thronfolger schenkt. Die Duette mit seinen „beiden“ Frauen und seine große Cavatine waren einfach traumhaft schön. Diesen in Wien lebenden Sänger sollte man schon sehr oft am Haus hören. Seine „Noch-Ehefrau“, die ehrgeizige Anna Bolena, fand in Krassimira Stoyanova eine großartige Interpretin. Diese Künstlerin hörte ich noch nie schwach, und mit dieser sehr heiklen Belcantopartie stellte sie ihre große Flexibilität unter Beweis. Das geht nur, wenn man eine sehr gesunde Stimme hat, und die kann wiederum nur mit einer so perfekten Technik, wie sie dieser Sängerin zu eigen ist, funktionieren. Das ergab eine tolle Leistung, auch mit der glaubhaften Gestaltung der so zum Fall gekommenen stolzen Frau. Die „Schon fast Königin“ und Geliebte von Enrico, Giovanna Seymour, sang Sonia Ganassi im perfektem Donizetti-Stil. Sie hat eine warme, angenehme Mezzostimme, die sie nie forciert –  und konnte auch mit der Darstellung der Reue (ein wenig sehr falsch) ihrer Königin gegenüber voll überzeugen. Seymour gebar dem König den einzigen überlebenden Sohn, der auch den Thron bestieg, aber wirklich Geschichte schrieb die Tochter Annas. Sie wurde eine der größten Herrscherinnen, unter ihrer Regentschaft wurde das Reich so groß wie nie zuvor. Donizetti nahm sich bekanntlich auch dieser Dame an.

Riccardo Percy, von Anna für Enrico verlassen, wurde von  Stephen Costello mit der richtigen Stimme eines „Tenore di grazia“ gesungen.  Zu Beginn wirkte er noch etwas verhalten und nasal, steigerte sich aber ganz enorm, ließ dann auch viel Schmelz hören und natürlich immense Höhen. Ob die historische Figur schon mit Anna verheiratet war, ist nicht sicher nachgewiesen.

Dan Paul Dumitrescu ist der unglückliche Bruder Annas, Lord Rochefort. Dieser Bruder kommt zur Verurteilung und Hinrichtung wirklich wie „die Jungfrau zum Kind“. Dumitrescu erfreute wieder mit seiner schönen, herrlich warmen Stimme. Carlos Osuna als Sir Hervey ließ stellenweise aufhorchen.

Evelino Pido ist ein wahrer Belcantozauberer. Man hört mit jeder Note, wie sehr er diese Musik liebt und auch, wie sehr er  mit seiner Art des Musizierens das Orchester davon überzeugt. Wieder wunderbar studiert klang der Chor unter Thomas Lang, der in dieser Inszenierung auch einmal „schön“ sein darf.

Somit war alles wunderbar, nur eine Schwachstelle gab in der Maske: alle haben zum Stil der Kleidung die richtigen Frisuren, alle, also warum gibt es keine Perücke für Sir Percy?  Der sehr modische Messer-Kurzhaarschnitt ist mehr als unpassend und stört das schöne Gesamtbild.

Dennoch, das Publikum war begeistert und applaudierte etwas mehr als sonst.

Sehr schön, dass es nach dem „Verdi-Fest“ mit einem Fest für Donizetti weitergeht. So soll es bleiben!

Elena Habermann

 

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