WIEN / Sofiensäle:
THE ART OF BANSKY
Vom 23. Juli 2020 bis zum 4. Oktober 2020
Der kritische Entertainer
„Bansky“ ist geradezu ein Reizwort unserer Kunst- und mehr noch der Medienszene geworden. Und dafür sorgt er ausführlich selbst. Der britisiche Sprayer, der zu einer Institution wurde – und in Millionenwerten gehandelt wird. Bemerkenswert genug, dass man sich eine Überblicksausstellung über sein Werk antut – auch wenn sie „unautorisiert“ ist und vermutlich kein einziges Original enthält. Wer schert sich heutzutage schon noch um Originale? In den Sofiensälen ist „The Art of Bansky“ eine Art von „Show“, die ihrem Gegenstand entspricht.
Von Heiner Wesemann
Bansky Wie wird man, zumal in der Welt der Sozialen Medien, berühmt? Erstens, indem man sich ein Image kreiert. Im Falle von „Bansky“ heißt das: Ach, wie gut, dass niemand weiß… Wikipedia glaubt zu wissen, dass der unter diesem Markenzeichen bekannte Künstler vermutlich 1974 in Bristol zur Welt kam und mit Familiennamen möglicherweise Banks heißt. Vom Sprayer, der sich in seiner englischen Heimat umtat, hat er sich selbst zu einer Kultfigur hoch geschaukelt, die immer wieder für Schlagzeilen sorgt – etwa damit, dass er eines seiner Werke teuer verkaufte und es sich dann „schreddete“. Seine selbst veranstalteten Ausstellungen waren nicht ohne Schockeffekte (etwa mit lebendigen, von ihm bemalten Tieren). Er macht sich rar und kostbar und ist auf irgendeine Weise doch immer präsent. Zuletzt ging seine „Aktion“ in einem Abteil der Londoner U-Bahn um die Welt, wo er – wie immer witzig und boshaft – zu „Corona“ Stellung nahm. Die Londoner Behörden ließen sich nicht foppen und entfernten das „Kunstwerk“, für das manch ein Sammler möglicherweise Millionen bezahlt hätte.
Kommentare zu unserer Welt Bansky hat sich einen Themenkatalog zu eigen gemacht, den er mit Elementen von Hochkultur und Film, mit Fotos historischer Persönlichkeiten und Paraphrasen Prominenter bedient (Kate Moss im Stil der verschieden farbigen Warhol-Siebdrucke). Manchmal arbeitet er nur mit Schrift bzw. Text („Make Earth great again“), oft mit der Kombination von bekannten optischen Zitaten: So durchsucht ein US-Soldat im Nahost-Krieg die Tasche eines kleinen Mädchens, und sie ist Judy Garland als Dorothy im „Zauber von Oz“… Krieg ist bei Bansky überhaupt ein Themenschwerpunkt, die Mona Lisa trägt eine Stinger-Rakete, ein Pandabär schießt, und immer wieder fliegen Kampfhubschrauber.
Klassik und unsere Zeit Wieder Mona Lisa, diesmal mit Napoleon-Hut mit Sowjetstern: Sie ist nicht die einzige Ikone, die demontiert wird. Bei Bansky trägt Churchill einen Irokesenschnitt, ein rotes Londoner Telefonhaus wird nicht nur gestürzt, sondern auch noch geknickt. Über „Fame“ und „Hollywood“ kann Bansky nur lachen: „Pulp Fiction“ ist eines seiner berühmtesten Werke geworden, wo er John Travolta und Samuel L. Jackson anstelle einer Pistole Bananen in die Hand drückt. Die „Reinheit“ der Mutter Teresa sieht er in den modernen Welt zu Kosmetik verflacht, und dass Demi Moore sich demonstrativ mit nacktem Babybauch auf das Cover von „Vanity Fair“ setzen ließ, beantwortet Bansky mit einer schaurigen Paraphrase: Bei ihm ist eine Äffin dazu imstande. Überhaupt, die Tiere! Ohne sie ist die Bansky-Kunstwelt nicht zu denken, die Ratten, die überall herum kriechen, und vor allem die Affen, die den Untergang prophezeien. Oder haben sie, denkt man unwillkürlich, ohnedies schon die Herrschaft übernommen?
Die Ausstellung Die Ausstellung müsste man als „Fake“ bezeichnen, wenn sie es nicht selbst zugäbe, ohne Originale zu arbeiten – und wenn Bansky sie nicht stillschweigend gestattete. Ein türkisch-rumänisches Veranstalter-Konglomerat hat dieses „Event“ kreiert, und seit dem Start vor fünf Jahren in Istanbul war es in vielen europäischen Städten, aber auch schon im Nahen Osten und in Australien zu sehen. Allgemein sucht man sich Ausstellungsorte jenseits der etablierten Museumslandschaft – in Berlin etwa im Hotel Adlon, in dem darin still gelegten Clubrestaurant Felix. Im Grunde sind die als solche heute unbenützten Sofien-Säle mit ihrem mannigfaltigen Schicksal (u.a. auch ein Luxus-Ballsaal der Monarchie) ein ähnlich skurriles Ambiente. Für eine Ausstellung, die in vielen Aspekten ihrerseits skurril ist.
THE ART OF BANKSY
Sofiensäle, 3. Bezirk, Marxergasse 17.
Bis zum 4. September 2020
Montag bis Freitag: 12:00 – 22:00 Uhr
Samstag & Sonntag: 10:00 – 22:00 Uhr
Vorbestellungen mit Timeslot, da die Anzahl der Besucher im Ausstellungsraum begrenzt ist