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WIEN/ Schönbrunn: Auf zur Unterhaltung im Schönbrunner Stöckl: Warum nicht doch noch alter Wiener Schmäh?

19.09.2021 | Allgemein, Operette/Musical

Auf zur Unterhaltung im Schönbrunner Stöckl: Warum nicht doch noch alter Wiener Schmäh? (17.9.2021)

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Show im alten Stil mit Wiener Schmäh: Troiani, Schenk, Neiss. Foto: Stephanie Schlabitz

Die Frage stellt sich Jahr für Jahr, stets verstärkt: Wie sieht es wirklich mit nicht eingekaufter, doch einigermaßen eigenständig gewachsener Kultur in Wien aus? Rundum zogen und ziehen in den Wiener Kulturinstitutionen neue DirektorInnen ein, welche minimale oder so gut wie keine Bindungen zu ihren neuen Wirkungsstätten haben. Bitte, Wiens diverse Kunst-, Kultur-, Ensemblechefs  hatten etwa zuvor in Dortmund, Berlin, Düsseldorf ihre Dienststätten, kommen aus Maastricht, Brüssel ….. Und sie bringen auch ihr eigenes Netzwerk mit. Statt Wiener Schmäh wird Schreitheater oder ähnliche Mode abgeliefert. So ganz ohne Widerspruch hat sich dies in den letzten Jahren entwickelt. Und manch derartige verwunderliche Bestellungen von Kulturchefs haben der heimischen Kulturszene, bis jetzt jedenfalls, keinen Glanz gebracht.

Andererseits: Wo finden wir etwas, dass wir noch so als eher gut wienerisch angestaubte Art bezeichnen können? Gibt es noch, gibt es einiges, wohl aber in kleineren Rahmen. Wienerisch? Am Rande des Areals des Schlosses Schönbrunn, im Schönbrunner Stöckl etwa. Könnten die beiden Entertainer der dortigen Dinnershows nicht auch so etwas wie Stars des Ronacher sein? Ja, ihrer künstlerischen Qualitäten nach sehr wohl. Jedenfalls heißt es dort „Herzlich willkommen bei Tamara Troiani & Konstantin Schenk“. Dieser ist der begabte und auch nicht mehr so ganz junge Sohn des Otto Schenk, ein studierter Dirigent und Klaviervirtuose und ist als solcher früher oft in Deutschland unterwegs gewesen. Nun ist er als schlagfertiger Komödiant und Musik-Arrangeur zu erleben, und seine Partnerin Tamara Troiani, die familiäre Nachfolge-Wirtin des Stöckls, ist eine bombige Gesangsdame, mal als  freche Furie, dann herzlich voll aufblühend.

Wechselnde Dinnershows wie „Kaiser & Schmarren“ (hier genau am Platz), „Cin Ci Là“ (bester italienischer Operettenzauber) oder „Flotter Dreier“ (mit Stargast Waltraud Haas) oder ein Ungarischer Operetten-Mulatschak sind angekündigt. Und gerade hat die Wiederaufnahme von „Ship Ship Hurra“ richtig gezündet. Na ja, da hört man unzählige der alten Schlager des Udo Jürgens, von Caterina Valente, Freddy Quinn, Vicky Leandros. Gehen diese doch nicht besser in Ohr und Gemüt als ein aus der Asche aufsteigender Phönix? Also, keine Hochkultur oder modisches, sondern ein vierstündiges Programm vollgestopft mit den Hits früherer Generationen und Bühnengags der Reihe nach. Schenk, Troiani und als zweite Revuebombe dazu Nici Neiss scheinen lustvoll und musikalisch perfekt für sich zu spielen, sich auszuleben und zur eigenen Freude zu explodieren.

Diese Gegenüberstellung von Anklängen an gute Wiener Tradition zu europäischem Modekultur-Netzwerk mag wohl ein etwas hinkender Vergleich sein. Höchst problematisch bleibt es jedoch, wenn bodenständiges Kulturgut aus der eigenen Hand gegeben wird und aus welchen Gründen auch immer nach Wien geholte Kunstgrößen aller Sparten versuchen, sich mit ihrer wohl bald  wieder vergessenen Handschrift aufzuspielen. Tut der Stadt mit ihrer mehr und mehr zersplitternden Bevölkerung nicht gut, hilft auch nur wenig zu einer Reifung des eigenen künstlerischen Nachwuchses. Zu fahrlässig ist es jedenfalls, diese heikle Themenstellung zu umgehen.

Info: www.dinnertheater.wien

 

Meinhard Rüdenauer

 

 

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