Foto: Bettina Frenzel
WIEN / Scala:
STOLZ UND VORURTEIL* (*ODER SO …)
Comedy von Isobel McArthur
nach dem Roman von Jane Austen
Premiere: 30. November 2024,
besucht wurde die Vorstellung am 4. Dezember 2024
Einfach nur Spaß
Man kann, zumal hierzulande im deutschen Sprachraum, wohl kaum voraussetzen, dass Jane Austen (1775-1817) noch viel gelesen wird. Dennoch erfreut sich ihr Roman „Stolz und Vorurteil“ einiger Bekanntheit, oftmals verfilmt, von der BBC als eine Vorlage für die Historienschinken genommen, die man in England so sehr mag. Darüber hinaus sind es die Hauptfiguren, die kämpferische Elizabeth Bennett und der scheinbar nur hochmütige, aber in Wirklichkeit großherzige Fitzwilliam Darcy (1940 in einer Verfilmung von Laurence Olivier gespielt), die durchaus fesseln.
Die Handlung, die in der für Romane und Filme so beliebten Regency-Epoche Anfang des 19. Jahrhunderts spielt, handelt wie meist, von Geld und Eheanbahnungen. Ganz ehrlich: Wirklich interessant ist die Geschichte um die fünf Töchter der Familie Bennett nicht, ein ewiges Hin und Her zwischen echten und falschen, zwischen enttäuschten und verletzten Gefühlen. Bis es am Ende endlich, endlich dreimal Happy End für drei Bennett-Mädchen gibt (wobei eine der Ehen mehr als fragwürdig ist).
Nichtsdestoweniger hat sich die schottische Schauspielerin Isobel McArthur den Roman als Vorlage für eine Show mit Musik genommen, die zumindest formal witzig ist (wenn sie auch letztendlich mit dem tatsächlichen Roman, seinem Zeitbild und seinem Lebensgefühl nicht mehr viel zu tun hat). Fünf junge Schauspielerinnen, als „Personal“ eingeführt, das alle Personen kennt, verwandeln sich nach und nach in alle Rollen, Damen und Herren, und brechen immer wieder in Pop-Songs aus. Wenn man sich darauf einlässt, hat man Spaß daran. Wer dergleichen dumm findet, sollte nicht hinein gehen.
Natürlich ist die Sache, auch wenn der Figurenreichtum des Romans einigermaßen reduziert wurde, nicht immer übersichtlich, die Interpretinnen müssen sich oft in Sekundenschnelle verwandeln, mal diese, mal jener sein. Regisseur Rüdiger Hentzschel hat sich selbst dazu ein sehr praktisches Bühnenbild auf die Drehbühne gestellt, zwei Räume, die von großen Treppen beherrscht werden, was bekanntlich sehr gut zu bespielen ist (wenn auch für die Darsteller ziemlich anstrengend). Im übrigen hat Anna Pollack für schnelle Umzieh-Kostüme gesorgt und Bettina Soriat für Choreographie-Elemente, die tatsächlich an Musicals erinnern. Einziges Ziel der Sache: Spaß, Comedy, Entertainment, Satire.
Der Abend beruht auf dem Können der Darstellerinnen, und alle sind sehr gut, wenn sie auch nicht das überragende Virtuosenstück daraus machen, das in der Sache stecken könnte. Jede hat mehrere Rollen und darunter eine zentrale – Clara Lou Kindel zappelt in der Gefühlswelt der Elizabeth Bennett, die sich in bürgerlichem Trotz nicht eingestehen will, dass sie Darcy, den reichen Hochmutspinsel, natürlich doch liebt. Diesen spielt Henrietta Rauth, die allerdings genau so gut ist in der Rolle der Mutter Bennett, deren Lebenskatastrophe darin besteht, fünf mittellose Töchter verheiraten zu müssen. Die lyrische sympathische Tochter Jane liegt in den Händen von Anaïs Marie Golder, die allerdings alle Register zieht, wenn sie in die Figur der unerträglich standes-hochmütigen Lady Catherine de Bourgh schlüpft. Katharina Stadtmann fegt urkomisch als die unerträglichen jüngeren Bennett-Töchter herum, und Soi Schüssler ist ein Liebhaber und anderes mehr.
Alle Beteiligten haben sich den Beifall des Publikums wahrhaft ehrlich verdient.
Renate Wagner