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WIEN / Scala: PLAY STRINDBERG

19.12.2023 | KRITIKEN, Theater
©bettina frenzel

Fozo: ©bettina frenzel

WIEN / Scala: 
PLAY STRINDBERG von Friedrich Dürrenmatt
Nach „Totentanz“ von August Strindberg
Premiere: 9. Dezember 2023,
besucht wurde die Vorstellung vom 19. Dezember 2023

August Strindberg war ein Meisterhasser und Meisterquäler – im wahren Leben. Er hat das in drei Ehen (eine davon mit einer Österreicherin) ausgelebt. Und in dem vielleicht schlimmsten Ehe-Stück der dramatischen Literatur formuliert: dem „Totentanz“ (1900). Der immer wieder auf den Spielplänen auftaucht.

Friedrich Dürrenmatt wollte das Stück einst „nur“ dramaturgisch bearbeiten, dann schien ihm das Original nicht gut genug und er beschloß eine Art von Neudichtung – „Play Strindberg“, 1969 in Basel uraufgeführt, gleich im Jahr darauf vom Burgtheater (mit Ewald Balser in der männlichen Hauptrolle, Martha Wallner und Alexander Trojan) nachgespielt. Dann allerdings griff (mit Ausnahme des Ateliertheaters 1984) niemand mehr nach dem Stück, was Bände spricht (denn der „Totentanz“ wurde immer wieder gespielt). Jetzt steht der Dürrenmatt in der Scala wieder einmal zur Diskussion.

Dürrenmatt wollte eine konzise Form, schickt die drei Protagonisten – das Ehepaar Edgar und Alice sowie deren Cousin (und Liebhaber) Kurt – also in zwölf „Runden“ in einen metaphorischen Boxring, wo sie auf einander losgehen sollen, wobei grimmiger Humor postuliert wird, der nicht wirklich zum Tragen kommt.

Der Dürrenmatt ist so bitter wie der Strindberg, wenn auch in der Aufführung von Regisseurin Babett Arens nicht ganz so intensiv. Marcus Ganser hat wieder einmal eines seiner hoch begabten Bühnenbilder gebaut, und damit diese verfremdete Art von Boxring auch richtig einsehbar wird, hat er den Zuschauerraum geteilt, man sitzt auf zwei Seiten um die Bühne. (Das zwingt die Schauspieler allerdings, ihre Umzüge auf der Seitenbühne, gewissermaßen coram publico, zu vollziehen und auch dort zu warten, wenn sie nicht an der Reihe sind…)

Essentiell für das Werk sind zwei Musikstücke, der Bojarenmarsch und Griegs „Solveigs Lied“. Mit Alexander Lutz hat die Aufführung einen sehr begabten Musiker als Darsteller, der auch selbst exzellent Klavier spielt, wie man von früher weiß. Leider tunkt er den Abend bis zur Unerträglichkeit in Musik, Theater ist ja kein Kino, wo im Hintergrund immer etwas rieseln muss. Es bekäme der bösartigen  Geschichte besser, wenn sie in dieser Hinsicht nüchterner wäre…

Der  ebenso grausame wie kaltblütige und zynische Schlagabtausch des Ehepaars, wobei ein undurchsichtiger Dritter nicht wirklich als Katalysator wirkt, fordert schon höchstrangige Besetzungen, Die schreckliche Groteske, die darin steckt, kann nur Thomas Kamper in Giftzwerg-Attitüde überzeugend exekutieren, während Vanessa Payer Kumar als Ehefrau  zu harmlos bleibt, Alexander Lutz als Dritter im Bunde zu undefiniert. Die Lust am Bösen müsste da wohl mehr schillern, aber dem Publikum war genug, was es bekam, und die rappelvolle Repertoireaufführung erntete viel Beifall.

Renate Wagner

 

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