Fotos: Bettina Frenzel
WIEN / Scala:
MEIN WUNDERBARER WASCHSALON
Von Brendan Murray
nach dem Film von Hanif Kureishi
Premiere: 26. April 2025,
besucht wurde die zweite Vorstellung am 29. April 2025
40 Jahre später…
Vor exakt 40 Jahren erschien der Film „Mein wunderbarer Waschsalon“, der einen scharfen Blick auf damalige britische Verhältnisse warf, wo man sich mit einer Multikulti-Gesellschaft weit früher und schärfer auseinander setzen musste als wir zu dieser Zeit. Eine reich facettierte Geschichte zeichnet sowohl die Einwander-Clans mit ihren individuellen Problemen wie den Widerstand der einheimischen Gesellschaft, die den Fremden entschieden Widerstand entgegen setzte.
Wenn im Zentrum dann scheu die Liebe zweier junger Männer erblüht, die – eine Variation des ewigen Romeo-und-Julia-Problems – den verschiedenen, einander feindseligen Welten angehören, passiert das in einem Ambiente, wo Gewalt ebenso alltäglich ist wie Kriminalität.
Harter Tobak damals im Kino, und erstaunlicherweise wirkt das heute noch auf der Bühne – als ob sich in den vier Jahrzehnten nicht viel geändert hätte. Man möchte nicht wissen, wie in den Problembezirken Wiens eine intime Beziehung zwischen einem Einheimischen und einem Migranten auf beiden Seiten aufgenommen würde – nicht besonders gut vermutlich.
Das damals „Oscar“-nominierte Drehbuch von Hanif Kureishi wurde von dem britischen Theatermann Brendan Murray für das Theater umgesetzt, nicht alle Handlungsdetails gleichen dem Film, aber im Prinzip stimmt die Story natürlich. Für die Aufführung in der Scala konnte sich Regisseur Felix Metzner nicht wirklich entscheiden, wann er das Stück spielen lassen will. Es bestand die Tendenz, es ins Heute zu holen, allerdings weht gewissermaßen ein „altmodisches“ Flair um die durchaus nicht unaktuelle Geschichte. Es wird auch nicht klar, woher der Einwander-Clan, der hier im Zentrum steht, stammt. Im Fall waren es Pakistani (so wie Kureshi väterlicherseits), hier würde man an Iraner denken, aber im Grunde ist es egal, denn für die prügelbereiten Londoner Faschisten (im Original: Skinheads) sind ohnedies alle „Kanaken“…
Die ideologische Stärke des Stücks besteht darin, dass die Einwanderer keineswegs die armen Opfer sind, nicht im geringsten bedauernswert, denn geschäftlich durchaus erfolgreicher als die Einheimischen, denen man hier begegnet (und es sind so wenige, dass sie kein echtes Gegengewicht darstellen) und auch durchaus zu kriminellen Delikten wie Drogenschmuggel bereit.
Es geht ums Geld – und der Vater der Zentralfigur Omar, der in Verzweiflung in den Suff gefallen ist, stellt als ehemaliger Intellektueller, der seinem Sohn predigt, nur Bildung werde ihm eine gute Zukunft sichern, die Ausnahme dar. Im übrigen wird gezeigt, dass die Einwanderer zwar mit den Briten Geschäfte machen, sonst aber strikt unter sich bleiben und die Familienbande eng halten. Wieder ist Omars Vater die Ausnahme, der sich einst um den proletarischen englischen Jungen Johnny gekümmert hat, um dann zu sehen, wie dieser mit den Faschisten mitmarschierte. Johnny ist es übrigens, der Omars große Liebe wird (und vice versa).
Die Inszenierung profitiert von der Drehbühne der Scala (Bühnenbild: Robert Notsch), die es ermöglicht, die filmische Dramaturgie der Kurzszenen hier durch schnellste Verwandlungen ohne Verzögerung umzusetzen. Der titelgebende Waschsalon verwandelt sich von grauer Schäbigkeit zu Beginn schnell in einen pinkfarbenen Kuschelraum, der fast an ein Puff erinnert. Außerdem ist man auf Nebenschauplätzen gleich bei Omars Vater oder seinem Onkel, während die einheimischen Schlägertypen auf den Straßen unterwegs sind.
Manches an der Handlung wirkt klischiert, dennoch möchte man dem Geschehen einen gewissen Realismus nicht absprechen, die Emotionen und Aktionen wirken einfach richtig. Und es gibt zumindest eine wirklich prächtige darstellerische Leistung, nämlich der gnadenlos umtriebige Onkel von Omar in Gestalt von Markus Tavakoli – echter kann man mit solcher Suada gar nicht wirken. Massud Rahnama als Omars Vater gibt den gebrochenen Mann, den die Emigration von allem abgeschnitten hat, was er einst zuhause war.
Felix Frank (Omar) und Simon Brader (Johnny) sind junge Männer mit Schicksalen. Philipp Stix muss den allglatten und durchaus gefährlichen „Bösewicht“ der Geschichte übernehmen, während Stephan Bartunek und Clemens Fröschl als die klassischen hässlichen „Rechten“ auf der Bühne stehen. Für Humor am Rande sorgt eine nicht weiter definierte Figur (Hasiret Yavuz), der offenbar sein Leben im Waschsalon verbringt, weil ihn dort niemand hinauswirft.
Und da sind noch zwei signifikante Frauengestalten: An Tanja, Omars Cousine, wird der geringe Stellenwert der Frauen in der muslimischen Gesellschaft thematisiert, der allerdings in einen erfolgreichen Ausbruchsversuch mündet. Bety Aubrechtova meisterte die Rolle so selbstverständlich, dass man nie auf die Idee gekommen wäre, dass es sich bei ihr um eine Einspringerin handelte, die die zweite Vorstellung rettete. Und Sibylle Kos als Rachel, die englische Geliebte des alten Onkels, balancierte Berechnung mit einem Hauch echter Zuneigung und schließlich schlechtem Gewissen über die Situation bemerkenswert aus.
Damals, Mitte der achtziger Jahre. Was hat sich 40 Jahre später geändert? Fraglos bietet der Abend in der Scala mehr als nur einen Blick zurück.
Renate Wagner