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WIEN / Scala: DIE KUNST DER KOMÖDIE

25.10.2023 | KRITIKEN, Theater

©bettina frenzel
Foto; © Bettina Frenzel

WIEN / Scala: 
DIE KUNST DER KOMÖDIE  von Eduardo De Filippo
Premiere: 24. Oktober 2023  

Von den vielen Theaterstücken des Neapolitaners  Eduardo De Filippo zählt „Die Kunst der Komödie“ zu den weniger gespielten – es ist 40 Jahre her, dass man das Stück in Wien (damals in der Josefstadt) zuletzt gesehen hat. Dabei ist De Filippo mit der theater-sparsamen Methode der „drei Einheiten“ (Zeit, Ort, Handlung) vieles geglückt. Weniger ein Volksstück, als eine italienische Kleinstadt-Komödie, in welche die Welt der Beamten ebenso einfließt wie jene der Pfarrer oder Ärzte.

Vor allem aber hat De Filippo, wie so oft, eine kräftige Prise Pirandello in die Geschichte hineingewürzt und – so ist es, ist es so? – vor allem wieder einmal mit dem Theater (auf dem Theater) gespielt. Und dergleichen ist, wie nun auch die  Aufführung der Scala zeigt, von unwiderstehlichem Reiz.

Da erklingt also zu Beginn die italienische Hymne, und man ist irgendwo in einer Kleinstadt in einem durchaus noblen Raum (Robert Notsch), wo sich die neue Polizei-Präfektin mit ihrem Sekretär einrichtet. Bettina Soriat (tadellos gekleidet von Sigrid Dreger) ist souverän als ihre „Eccellenza“, die erfahrene hohe Beamtin, deren Schwäche die Vorliebe für das Theater ist – und die im Lauf der Handlung sehr amüsant und gekonnt die Nerven verlieren darf. Geradezu typisch in der Mischung zwischen Beflissenheit (zur Chefin) und Hochmut (zu den anderen) ist Randolf Destaller als ihr Sekretär,

Eigentlich hätte der Direktor einer „abgebrannten“ Theatergruppe gar keine Chance, bei der neuen Präfektin überhaupt vorgelassen zu werden, schon gar nicht als Erster, aber sie hat in ihrer Jugend auch Theater gespielt und erwartet sich von dem Gespräch einige Unterhaltung. Aber der Theaterdirektor, in dessen Kostüm der Direktor der Scala, Bruno Max, nicht ohne Resignation und Melancholie schlüpft, sagt nur ein paar bittere Wahrheiten über seinen Beruf. (Er ist auch noch als Regisseur der Turbulenzen des Abends zuständig.)

Die Vorstellung der Theatertruppe anzusehen, lehnt die Präfektin kühl ab, und muss dafür bestraft werden  –die Ankündigung, dass die Honoratioren der Stadt, die sie zum Kennenlernen erwartet, möglicherweise die Schauspieler der Truppe sein könnten… das sorgt für die Unsicherheit dessen, was nun geschieht.

Sind sie echt, die da bei ihr herbeimarschieren, oder spielen sie ihr brillant was vor? Klar, dass auch der Zuschauer angehalten ist, sich darüber den Kopf zu zerbrechen – er braucht nur nicht, wie Eccellenza, aus Unsicherheit den Boden unter den Füßen verlieren, er darf sich ungehindert amüsieren.

Dabei hat Jörg Stelling als Arzt noch den glaubwürdigsten Auftritt – der Mann, der sich für die Gemeinde zerreißt, aber nie Lob, sondern nur Undank erntet. Der Pfarrer, der dann auftaucht (und ununterbrochen die Nüsse verstreut, die er aus vielen Papiertüten isst), hat schon Verrückteres aus der Geschichte seiner Schäfchen zu berichten, was Franz Weichenberger drollig tut. Der Autor lässt das Rad immer schneller drehen: Als dann die offenbar gestörte Lehrerin herbeikriecht (Lisa-Marie Bachlechner,), da hätte Bruno Max als Regisseur kürzen und eine Spur bremsen können, nicht nur, weil man ihr die Räubersgeschichte nicht glaubt, sondern weil dann auch das „Theater“ allzu sichtbar wird (und es sollte ja noch ein bißchen in Schwebe gehalten werden). Freilich, ob der Apotheker (Bernhardt Jammernegg) wirklich Selbstmord begeht… Am Rande ergänzen Simon Brader (als herumgescheuchter subalterner Carabiniere), Christoph Prückner und Anna Sagaischek als akustisch schwer verständliches Bauernpaar und Helfried Roll mit einem Miniauftritt.

Ob Eduardo De Filippo am Ende eine Lösung bietet, sei nicht verraten. Es kommt auch nicht darauf an. Sondern um die Mischung von Realität und Fiktion, von Unterhaltung und einem Quentchen Nachdenklichkeit darüber , was Theater im Vergleich zur Wirklichkeit kann, bzw. wo die Schnittstelle zwischen beiden ist…

 Sehr viel Beifall.

Renate Wagner

 

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