Ronacher – 21.II.: „NATÜRLICH BLOND“ – Bisschen Spaß, ganz Mittelmaß
Ein Ableger des Broadway-Musicals „Legally Blonde“ ist im Wiener Ronacher gelandet
Birgit Wanka (Serena), Ana Milva Gomes (Paulette Buonufonté
Dr. Andreas Haunold
Soziales Denken ist es nicht, dieses verschwenderische Auftrumpfen, durch welches der immense Subventionstopf, mit dem die Stadt Wien die Musical-Produktionen der Vereinigten Bühnen Wien durch die Jahr gefüttert hat und auch jetzt stets immer wieder neu aufpäppelt. Soziales Denken? Ja, vielleicht in früheren Jahrzehnten, in denen man den Wienern aufwändig eingekauftes Musical-Flair à la Broadway oder Londoner West End bieten wollte. Erfolgsproduktionen und Publikumszuspruch hat es gegeben. Doch das Ronacher in der Wiener City, so gern man auch dieses historische Theater besuchen möchte, hat sich durch die Jahre als Fass ohne Boden erwiesen. Nicht nur die spendable Gemeinde Wien, sondern auch arrivierte deutsche Show-Produzenten, in ihrer Heimat bestens verdienende, haben hier der Reihe nach ihr Geld verloren.
Kraft, Einsicht und Phantasie zu Änderungen, Verbesserungen, Umschichtungen der Gelder zu einer kultivierteren eigenständigen Unterhaltungskultur – na, wie ist denn das zuletzt mit dem Popo zu wackeln vor den Eurovisions-Kameras ausgegangen? Nicht doch, letzter Platz? – oder einer hilfreichen Hinwendung zu einer vorbildlicheren Jugend-Musikerziehung in Wien scheint im Denken der politisch Verantwortlichen nach wie vor nicht gegeben zu sein. Man bedenke nur, dass die Städtischen Wiener Musikschulen im Ranking weit, weit weit hinter den Qualitäten und Ambitionen ähnlicher Bildungsinstitutionen in Ober-, Niederösterreich, Vorarlberg, der Steiermark gereiht werden. Andererseits, durchaus klar, Wien steckt gewaltige Subventionen in ihre weltweite Tourismus-Werbung. So lautet schon jahrelang die Verantwortung für solch einem Hang zu Musical-Protz und ähnlichen Geldausgaben.
Also, ein zu langes Vorwort zu einer völlig leichtgewichtigen, doch bunten, gefälligen und souverän gestylten und gedrillten Produktion. Nur aber, alles huscht ohne den geringsten Tiefgang dahin. In den USA eingekaufte Ware. „Natürlich blond“ steht darüber. Und „Ein helles Köpfchen hat immer Style!“. Na ja, so ist´s halt: Eine flotte, nette, couragierte Blondine – Schablone, Schablone – erkämpft sich als Studentin in der elitären Harvard Law School einen ehrenvollen Platz. Schön und locker und musikalisch gut getimt. Schwungvoll gibt sich die Musik von Laurence o´Keefe und Nell Benjamin – sie geht aber sicher nicht in die Musikgeschichte ein. Der Roman „Legally Blonde“ von Amanda Brown und dessen Verfilmung 2001 dienten 2007 als Vorlag für das erfolgreiche Broadway-Musical. Einstudierungen in London und Sidney folgten.
Nun ist diese New Yorker Originalinszenierung als deutschsprachige Erstaufführung ins Ronacher transferiert worden. Perfektes Showbiz. Regisseur und Choreograph Jerry Mitchell beherrscht sein Handwerk als einfallsreicher Spektakelmacher. Doch vergeblich sucht man nach einer aktuellen oder etwas mehr in die Tiefe gehenden Aufarbeitung dieser angeschnittenen Emanzipationsthematik. Nochmals: Schablone, Schablone und nichts dahinter. Schon aber knackige Hintern von Poolboys, kreischende Cheerleader, Blondinenwitze, Fitnesskönigin, Playboy Bunny, Partygeplapper, Knick & Pop, Schwulen-Outing, schnittige Tanzschritte und ein hochnäsiger Harvard-Professor, der sich seiner Studentin zu nähern versucht. In gängiger US-Manier noch dazu einige weitere Portionen an einigermaßen unterhaltsamer Schaumschlägerei.
Ja, bei der Premiere in guter Form, von Dirigent Koen Schoots sicher geführt und von der jugendlichen Clique bejubelt: Barbara Obermeier als Ellen Woods (könnte auch ganz, ganz anders heißen) als eine aufgeweckte, in keiner Weise kühle Blondine. Alexander Goebel muss als Professor Callahan einen eher schleimigen Typ mimen. Ana Milva Gomes und Jörg Neubauer machen es auf total sympathische Art. Viele Namen sonst noch im dicken Programmheft, o.k., kaum bodenständiges darunter. Und als Draufgabe noch, als Schmankerln, ein spindeldürrer Chihuahua und ein etwas wohlgenährteres Terrier-Hündchen. Bei Cindy Sharville Animals Galore Ltd. für ihre Kurzauftritte geleast. Einfach super, wie toll die süßen Viecherln mitspielen können! Der rote Teppich vorm Haus mag am Premierenabend die Herzen manch unbedarfter Seitenblicke-Höriger leicht höher schlagen haben lassen, mancher reifere Besucher musste allerdings den Kopf schütteln. Sicher ist jedenfalls, dass sich eine bunte Szenenfolge einzuprägen vermochte und das Musiktiming tadellos gestimmt hat.
Meinhard Rüdenauer