WIEN / WAGNER:WERK / Museum Postsparkasse:
THEOPHIL HANSEN
Ein Stararchitekt und seine Wohnbauten an der Wiener Ringstraße
Vom 14. Mai 2013 bis zum 17. August 2013
Noch ein „200er“
Parlament, Musikverein, Börse, Akademie der bildenden Künste, das Heeresgeschichtliche Museum – der Beitrag des Dänen Theophil Hansen zu den Repräsentationsbauten der Wiener Ringstraße ist gewaltig und allseits bekannt. Das war dem WAGNER:WERK im Museum Postsparkasse ein Grund dafür, dem 200. Geburtstag des Künstlers mit einem anderen Schwerpunkt zu huldigen: Hansen, den man mit Fug und Recht als „Stararchitekten“ bezeichnen kann, wird mit seinen Wohnbauten an der Wiener Ringstraße dokumentiert.
Von Renate Wagner
Theophil Hansen – geboren 1813 Auch ein Großer des an großen Persönlichkeiten so reichen Jahres 1813: Theophil Hansen wurde am 13. Juli 1813 in Kopenhagen geboren, folgte 1837 nach Studien bei C.F. Schinkel, dessen Klassizismus ihn stark beeinflusste, seinem um zehn Jahre älteren Bruder Christian nach Athen. Dieser war dort im Dienste des aus Bayern stammenden griechischen Königs Otto tätig. Hansen war erfolgreich im Errichten öffentlicher Bauten, ließ sich dabei aber nicht nur von der griechischen Antike inspirieren (die später auch sein Reichtagsgebäude in Wien, das heutige Parlament, kennzeichnet), sondern auch vom Byzantinismus. Die Stellung des Königs war in Athen stets angefochten, und so nahm Theophil Hansen die Möglichkeit wahr, 1846 nach Wien zu gehen. Hier verfügte er nicht nur über die Empfehlung des griechischen Botschafters und Bankiers Georg Simon von Sina, sondern wurde auch bald Schwiegersohn von Ludwig Förster, der eines der führenden Architektenbüros Wiens besaß. Als Kaiser Franz Joseph 1857 mit der Anordnung zur Schleifung der Stadtmauer und dem Bau der Ringstraße eines der größten Stadterweiterungsprojekte der Geschichte in Gang setzte, ergaben sich für Meister des Historismus wie Theophil Hansen ungezählte Möglichkeiten. Tatsächlich wurde er zum führenden Architekten der Ringstraße. Kaum ein angestrebter Auftrag, den er nicht erhielt – mit Ausnahme des Achilleions für Kaiserin Elisabeth auf Korfu. Sie lehnte Hansens Entwürfe zugunsten anderer Pläne ab. Hansen, der später wie sein Schwiegervater geadelt wurde, starb am 17. Februar 1891 in Wien.
Die Ringstraße und die „Ausländer“ Die Ausstellung über Theophil Hansen im Museum Postsparkasse zeigt im Hauptraum in zehn Stationen mit Texten, affichierten Bildern und Dokumenten Hansens Arbeit in Wien, wobei klar gemacht wird, dass ein bedeutender Teil der Architekten, die das „neue Wien“ in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts schufen, „Ausländer“ waren – neben dem Dänen Hansen etwa sein Schwiegervater Förster, der aus Franken kam, Gottfried Semper aus Hamburg, Friedrich Schmidt aus Württemberg oder Siccardsburg aus Buda. Geborene Wiener waren Ferstl, Hasenauer, van der Nüll. Und auch die Privatpersonen, für die Hansen ihre Palais an der Ringstraße baute, waren – mit einer Ausnahme, nämlich Erzherzog Wilhelm – „Zugereiste“.
Das jüdische Großbürgertum Der Bau der offiziellen Prachtbauten an der Ringstraße wurde durch den Verkauf von Grundstücken an Private finanziert, deren Preise so exorbitant waren, dass sie nur von den reich gewordenen Unternehmern, Bankiers und Fabrikanten aufgebracht werden konnten, von denen die meisten jüdischer Herkunft waren. Theophil Hansen baute die Palais für die Familie Epstein (aus Prag), das „links“ vom Parlament gelegen ist und einer der ersten vollendeten Bauten war, das Palais für die Familie Ephrussi aus Odessa am Universitätsring und das Palais Todesco (neben der Oper). Es waren aufwendige Repräsentationsbauten im Sinne des Historismus, geradezu klassische Beispiele für eine Welt, in welcher der Kapitalismus sich selbst feierte, dies aber mit ausgefeilter Stilsicherheit und ebensolchem Geschmack tat.
Das „schöne“ Zinshaus Ein Industrieller wie Heinrich von Drasche aus Brünn, der sein Vermögen mit Ziegelwerken machte, gab den Auftrag zum „Heinrichshof“, der direkt gegenüber der Wiener Oper lag (und nach Bombentreffern in den fünfziger Jahren abgerissen wurde). Man nannte ihn das „schönste Zinshaus der Welt“, das hinter seiner Renaissancefassade nach den damals modernsten Prinzipien gebaut wurde. Auch der Rudolfshof im 9. Bezirk (Hörlgasse 15) ist ein Gründerzeit-Mietshaus der besonderen Art, er existiert noch.
Die Idee des „Gesamtkunstwerks“ Die Ausstellung im Museum Postsparkasse hat auch einige Originalobjekte, die Theophil Hansen entworfen hat. Die Idee des „Gesamtkunstwerks“ hat nicht nur Richard Wagner bewegt, sie verband auch bildende und angewandte Kunst, und so entwarf Hansen Möbel, Geschirr, Glas-, Keramik und Metallgegenstände, wobei er detailliert antikisierende und andere ornamentale Motive ausarbeitete. Hansen schuf auch Entwürfe für den Juwelier A. E. Köchert oder das Glaswaren-Handelshaus J. & L. Lobmeyr.
Hansen und Otto Wagner Wenn Theophil Hansen noch als uneingeschränkter Repräsentant des Historismus galt, Otto Wagner hingegen für Secession, Jugendstil und „Moderne“ stand, waren sie einander doch nicht ganz fremd: Der junge Otto Wagner lebte in seiner Jugend einem von Hansen entworfenen Haus, er arbeitete auch im Büro Förster, Hansen hat ihm sogar die Bauleitung des Palais Epstein übertragen. Und in der Idee des künstlerischen „Gesamtkunstwerks“, das alles aus einer Hand und einem Guss gestaltet wissen wollte, haben sie sich gleichfalls gefunden. Die „mondäne“ Halle der Postsparkasse scheint sich jedenfalls keinesfalls gegen Hansen zu wehren…
Museum Postsparkasse, Georg-Coch-Platz 2, Bis zum 17. August 2013