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WIEN / Papyrusmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek:
NEUAUFSTELLUNG DER DAUERAUSSTELLUNG
Ab 4. Mai 2021
So alt und doch so lebendig…
„Als Caesar Kleopatra begegnete, war das Totenbuch des Sesostris schon eineinhalbtausend Jahre alt.“ Wenn wir Kopfrechnen, ist die historische Begegnung am Nil auch schon gut zweitausend Jahre her – man kann sich also an diesem anschaulichen Beispiel, das Dr. Bernhard Palme, der spürbar von seinem Thema bewegter Direktor des Papyrusmuseums der Österreichischen Nationalbibliothek brachte, gut vorstellen, womit man es zu tun hat. Mit den ältesten erhaltenen Dokumenten der Geschichte. Ihnen hat man nun neu ausstaffierte Museumsräume in der Hofburg (Eingang Heldenplatz, Nationalbibliothek) gegeben.
Von Renate Wagner
Die Habsburger waren es Wenigstens braucht man diesmal keine Provenienzsorgen zu haben. Die Habsburger haben bekanntlich alles gesammelt, von Gemälden (sehr viele von ihnen) bis zu Naturalien (die Kaiser Franz aus Brasilien kommen ließ, wo seine Tochter Leopoldine Kaiserin war). All das schmückt heute noch die Museen der Republik. Im Fall der Papyri war es Erzherzog Rainer (ein Onkel zweiten Grades von Kaiser Franz Joseph), ein Mann mit wissenschaftlichen Kenntnissen und Ambitionen, der den Grundstein für die sensationelle Wiener Sammlung legte, als er die damals in der Oase von Fayum gefundenen Objekte kaufte (und später dem Kaiser schenkte).
Ägyptens wechselvolle Geschichte Heute umfasst die Sammlung an die 180.000 Objekte aus Papyrus, Pergament und Papier, auch Holz und Ton und gilt als die weltweit bedeutendste ihrer Art. Sie wurde 2001 in ihrer Gesamtheit in das „Memory of the World“-Register der UNESCO eingetragen. Ägypten war ein Land, das nach den Pharaonen viele Besatzer sah – Alexander der Große ließ sich zum Pharao ernennen, gründete Alexandria und machte Griechisch zur zweiten Sprache des Landes. Die Römer machten Ägypten zu ihrer Provinz und Kornkammer des Reichs, und koptische Christen prägten Ägypten ebenso wie die Byzantiner, bis die Araber das Land eroberten. Entsprechend vielgestaltig ist das Angebot an Dokumenten – gleicherweise in Sprachen wie Inhalten.
Literatur, der Tod und das Leben Im Grunde handelt es sich bei den gezeigten Objekten nur um – Schrift. Die Erläuterungen allerdings machen die Vergangenheit lebendig. Die alten Dokumente sind von großer Vielfalt – sehr viel Literatur der Antike findet sich auf Papyrus-Rollen. Dennoch spielt vor allem der Totenkult eine große Rolle. Wie man weiß, waren die Ägypter davon besessen, im Jenseits „weiter zu leben“ (daher auch die Mumifizierung, um den Körper zu erhalten, die möglichst üppigen Grabbeigaben, damit man sie „drüben“ auch vorfände). Dazu kommt die Religion, die Götter, die Beschwörungen, die Totenbücher, die (falls man sich doch fürchtet vor dem, was da Unbekanntes kommt) ein herrliches Jenseits voraus sagen, befreit von der Erdenschwere – das erwähnte, sechs Meter lange (!) Totenbuch des Seostris ist das älteste Stück, das Österreichs Museen besitzen und spektakulärer Blickfang. Und dann gibt es noch die Dokumente des täglichen Lebens, Briefe, Verträge, Aufzeichnungen über Geschäfte: Da hat sich im menschlichen Leben gar nicht so viel geändert. Und in der neuen Gestaltung gewinnen Schriftzeichen, zu denen man mehr denn je erfährt, Leben.
Es lebe die Nachhaltigkeit Johanna Rachinger, die Generaldirektorin der Nationalbibliothek, die den Lockdown nutzte, um die Neugestaltung des Museums voran zu treiben und bis zur nunmehrigen Neueröffnung zu bringen, betonte, dass in ihrem Haus die „Nachhaltigkeit“ sehr bewusst gepflegt würde. Darum war sie auch sehr froh, dass Architekt Johann Moser von Architekturbüro BWM Architekten die alten Schaukästen, die man im in der vorigen Ausstattung 1999 einsetzte, durchaus noch brauchbar fand und wieder verwendete („Man muss nichts wegwerfen, was man noch brauchen kann.“) Der Ausstellungsraum wurde vergrößert, viele der nun gezeigten 400 Objekte sind erstmals zu sehen, da die wissenschaftliche Arbeit immer neue Erkenntnisse bringt, und die Digitalisierung zur Erläuterung wurde voll eingebracht.
Geöffnet ab 4. Mai, täglich außer Montag 10 bis 18 Uhr, Tickets auch online zu buchen.
Schon vor der Eröffnung des Museums gibt es am Samstag, 1. Mai und Sonntag, 2. Mai kostenlose Online-Führungen mit Dr. Bernhard Palme, dem Direktor des Papyrusmuseums, sowie Dr. Angelika Zdiarsky, der Kuratorin der Dauerausstellung.