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WIEN / Nationalbibliothek: DES KAISERS SCHÖNSTE TIERE

24.03.2022 | Ausstellungen, KRITIKEN

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WIEN / Österreichische Nationalbibliothek –Prunksaal:
DES KAISERS SCHÖNSTE TIERE
BILDER AUS DEN HABSBURGISCHEN SAMMLUNGEN
Vom 24. März 2022 bis zum 26. Juni 2022

Eine Ausstellung für alle

Mit „Des Kaisers schönste Tiere“ hat die Österreichische Nationalbibliothek für ihre jüngste Ausstellung im Prunksaal einen Haupttreffer gezogen. Das Thema funktioniert auf zahlreichen Ebenen. Sehr viele Menschen interessieren sich von Kindheit an für Tiere. Die gezeigten Bestände stammen ausschließlich aus eigenem Besitz, und manches davon ist noch nie ausgestellt worden. Die meisten Werke sind von hohem ästhetischem Reiz, aber gleicherweise wissenschaftlich höchstwertig. Ein Hauch von „Exotismus“ schwebt auch noch über dem ganzen Unternehmen. Und außerdem würdigt man jene „Sammler“ unter den Habsburgern, die vergleichsweise zu jenen Mitgliedern der Familie, die Kunst nach Österreich brachten, vernachlässigt werden. Aber zumindest Kaiser Franz I. Stephan, sein Enkel Kaiser Franz II. / I. und dessen Sohn Kaiser Ferdinand I. waren ambitionierte Naturwissenschaftler und haben unendliches Material an die Nachwelt hinterlassen – ganz zu schweigen von dem Schönbrunner Zoo, den Franz Stephan begründete und der heute der älteste noch existierende der Welt ist.

Von Renate Wagner

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Auf Weltreisen     Tiere, darunter auch lebendige, Pflanzen und so viele wissenschaftliche Erkenntnisse wie möglich sollten die vom Kaiserhaus mehrfach ausgeschickten Expeditionen mitbringen. Schon im 18. Jahrhundert, zur Zeit Maria Theresias, hatte man Schiffe und Wissenschaftler in Richtung Amerika und Afrika geschickt. Als Kaiser Franz I, seine Tochter, Erzherzogin Leopoldine, in das Haus Braganza verheiratete und sie von Portugal aus aufbrach, um Kaiserin von Brasilien zu werden, schickte ihr Vater 1817 mit ihr eine große, wissenschaftlich ausgerichtete Expedition mit 14 Zoologen, Botaniker, Mineralogen, Präparatoren und Malern auf die Reise. Zwei Fregatten der Kriegsmarine fuhren von Triest nach Rio de Janeiro und kamen Jahre später reich beladen zurück. Man konnte wahre Schätze in das damalige Kaiserlich-Königliche Naturalienkabinett bringen, das sich im Augustinertrakt der Hofburg befand (dort, wo heute die Nationalbibliothek, der Ausstellungsort, zu finden ist). Das Gebäude brannte während der Revolution von 1848, später brachte man die Schätze im Naturhstorischen Museum auf der Ringstraße unter.

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Tiere zur Repräsentation, zum Liebhaben – und zum Quälen    Schon in der Antike wusste man, dass man mit Tieren repräsentieren konnte, zumal mit so mächtigen wie Elefanten oder Löwen. Wiens erster Elefant kam schon im 16. Jahrhundert nach  Wien, ein Geschenk von König Philipp II. von Spanien an seinen Schwager, Kaiser Ferdinand II., der für das Tier, das die Wiener Bevölkerung in Aufregung und Begeisterung versetzte, gleich 1552  in Schloß Kaiserebersdorf die erste Menagerie errichten ließ. Eine weitere folgte in Schloß Neugebäude, bis dann Franz I. Stephan neben Schloß Schönbrunn 1752 den Tiergarten einrichtete, von dem manches noch originalgetreu erhalten ist (etwa der Pavillon im Zentrum). Die Ausstellungsgestalter Monika Kiegler-Griensteidl und Patrick Poch haben auch aus den alten Beständen des Zoos noch Beschilderungen aufgetrieben.

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Kaiser Franz I., Franz Stephans Enkel, liebte Pflanzen und Tiere, ließ sich auf der Burgterrasse einen privaten Garten einrichten, wo auch Affen herumturnten, und gab seinen Lieblingstieren Kosenamen. Auch Prinz Eugen (dessen Bibliothek sich direkt im Ausstellungsraum, dem Prunksaal, befindet) liebte Tiere, richtete sich seinen Privatzoo im Schloß Belvedere ein, beobachtete das Verhalten der Insassen, und es heißt, dass er sich gelegentlich die Freude machte, die Tiere selbst zu füttern. Man kann also bei den Fürsten und Herrschern – neben dem zweifellos vorhandenen Repräsentationsbedürfnis – durchaus echte Neigung zur Natur feststellen. Weniger freundlich war das „Volk“, das lebende exotische Tiere damals nur bei so genannten „Wander-Menagerien“ zu sehen bekam  – oder man ging in die „Hetztheater“, von denen es einige in der Stadt gab und wo, nach römischem Vorbild (allerdings ohne beteiligte Menschen) Tiere in die Arena geschickt und gegen einander gehetzt wurden. Ende des 18, Jahrhunderts ließ Tierliebhaber Kaiser Franz II. (der er damals noch war) diese blutigen Spektakel verbieten.

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Die Hofmaler von Kaiser Ferdinand    Galten den Expeditionsreisen und den Zoos die beiden ersten Schwerpunkte der Ausstellung, so widmet sich der dritte Teil dem fälschlich gering geschätzten (und oft als schwachsinnig verleumdeten) Sohn von Kaiser Franz, nämlich Kaiser Ferdinand I. Schon angesichts des Naturkundeunterrichts des Knaben (die besten Lehrer, die besten dafür angefertigten bildlichen Darstellungen) wurde die Leidenschaft für die Natur erweckt, die er mit seinem Vater teilte. Er stellte als Kaiser herausragende Maler ein, die nur damit befasst waren, Tierdarstellungen auf höchstem Niveau herzustellen. Die Ausstellung widmet jedem von ihnen einen eigenen Schaukasten – Eduard Gurk, Joseph Zehner, Bernhard von Schrötter, Leopold Brunner der Ältere, Leopold Brunner der Jüngere, Josef Mann, Michael Sandler und Leopold Stoll.

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Von jedem gibt es herausragende Beispiele, wobei die Kuratoren aus gut 10.000 Blättern (!) auswählen konnten und mussten. Ferdinand hat sich bekanntlich 1848, als er den Thron an seinen Neffen Franz Joseph übergab, mit seiner Sammlung nach Prag zurück gezogen. Glücklicherweise hat der neue Kaiser nach Ferdinands Tod die Schätze nach Wien zurück bringen lassen. So konnte die Nationalbibliothek aus dem, was die „naturwissenschaftlichen“ Kaiser an Bildern, Büchern, Karten, Dokumenten aller Art hinterließen, aus dem Vollen schöpfen. In exzellent beschrifteten Vitrinen kann man sich das Hintergrundwissen zu den Objekten holen – aber auch der Besucher, der „nur Tiere schauen“ möchte, kommt auf seine Rechnung. Es ist wirklich eine Ausstellung für jedermann.

WIEN / Österreichische Nationalbibliothek –
Prunksaa am Josefsplatz
DES KAISERS SCHÖNSTE TIERE
BILDER AUS DEN HABSBURGISCHEN SAMMLUNGEN
Vom 24. März 2022 bis zum 26. Juni 2022
Täglich außer Montag 10 bis 18 Uhr, Donnerstag bis 22 Uhr

 

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