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WIEN/ MuTh im Augarten: THE ARMED MAN – A MassforPeace (Karl Jenkins)

18.11., MuTh: „THE ARMED MAN – A MassforPeace“ (Karl Jenkins)

Wieder eine der großartigen Aufführungen mit singenden und musizierenden Gymnasiasten. Diesmal der Chorus Juventus des Oberstufenrealgymasiums der Wiener Sängerknaben zusammen mit dem Oberstufenchor des Salzburger Musischen Gymnasiums und dem Salzburger Landesjugendorchester.Das hört sich so einfach an. Aber es handelt sich um Schülerinnen und Schüler, die am Morgen in Salzburg in einen Autobus verfrachtet wurden, nach Ankunft mit den Wiener Kollegen zusammen den ganzen Tag probten, eine hochdisziplinierte Abendleistung hinlegten und danach sofort wieder den Bus zu besteigen hatten, weil sie am Morgen ja wieder zur Schule gehen mussten. Respekt!

Was diese Schulen allein an Repertoirebreite ihren Zöglingen bieten, ist bemerkenswert. In diesem Fall eine ganz exquisite Messe, entstanden 1999 zum Gedenken an die Opfer des Kossovo-Krieges, geschrieben von einem 1944 geborenen Komponisten aus Wales. Unorthodox wie dieser ganze keltische Volksstamm nun einmal ist, hat sich Karl Jenkins keineswegs auf geradem Wege der Klassik verschrieben, sondern ist als Keyboard-Spieler und Gründer mehrerer Bands im Rock-Jazz-Bereich, insbesondere mit dem Ensemble „Adiemus“bekannt geworden, hat Film- und Werbemusiken produziert, bis er mit „The Armen Man“ (UA in der London Albert Hall 2000), einem Requiem (2005) und einem Stabat Mater (2008) in klassische Gefilde vorstieß.

Von einem mitwirkenden Schüler vorinformiert, dass die Musik ganz wunderbar sei und von allen Beteiligten mit Begeisterung gespielt und gesungen werde, war die Überraschung, in welchem Ausmaß das dem Komponisten gelungen ist, immer noch groß genug.

Vom „Land of Song“ könnte ich aus eigener Erfahrung „Lieder singen“ – Opernstars wie Gwyneth Jones, Geraint Evans, Stuart Burrows oder BrynTerfel haben diese „Lieder“ in alle Welt getragen. Umso erfreulicher, dass die Produktivität anhält und in jüngster Zeit ein Meisterwerk wie „The Armed Man“ entstehen konnte. Dass es sich nicht nur für professionelle Chöre, sondern auch für studierende Jugendliche als sehr sangbar erweist, ist schon Verdienst genug; dass es eine Vielfalt an Chornummern – vomentsetzten Aufschrei bis zum himmlischen Frieden, und orchestral für alle Instrumentalgruppen unheimlich schöne und berührende Musik bietet, vergrößert das Hörvergnügen.

Auf der Grundlage des aus dem 15.Jh. stammenden französischen Liedes „L’HommeArmé“ beinhaltet das Gesamtwerk religiöse und weltliche Texte (u.a. aus dem Koran und dem Alt-indischen Mahàbharàta sowie der englischen Dichter Rudyard Kipling oder John Dryden) als Kontrapunkte zu Teilen einer großen christlichen Messe (mit dem lateinischen Text). Abschnitte wie „Save mefromBloodyMen“, „Hymnbefore Action“ oder der gewaltige „Angriff“, in dessen Text von lautem Trompetengeschmetter, schrillen Zornesnoten, Todesalarm und donnernden Trommeln der Feind angekündigt wird, gehen ebenso unter die Haut wie die „AngryFlames“ nach dem Abwurf der Atombombe über Hiroshima 1945 und die Schilderung der lebenden Fackeln („Torches“), nämlich brennende Menschen und Tiere. Ein wunderbares Cello-Solo symbolisiert dann den wieder eingekehrten Frieden und nicht genugtun kann sich der Komponist im letzten, 13. Abschnitt „BetterisPeace“ in chorischen Wiederholungen dieses erstrebenswerten Dauerziels: „Godshallwipeaway all tears… Andthereshallbenomoredeath, Neithersorrownorcrying, Neithershalltherebeanymorepain. Praisethe Lord„. So wie höchst effektvoll der Frieden eingetrommelt und zu einer überwältigenden Vision gesteigert wurde, so überirdisch ruhig klingt das Werk aus.

Der Dirigent Norbert Brandauerließ dem letzten Ton einige Schweigeminuten folgen, ehe sich die allgemeine Begeisterung über Werk und Wiedergabe lautstark Bahn brechen durfte und mit einer Draufgabe ähnlichen Inhalts, Felix Mendelssohn Bartholdys„Verleih uns Frieden“ und einer Wiederholung des „AgnusDei“ von Karl Jenkins belohnt wurde.

Den Chorleitern Norbert Brandauer, Benedikt Blaschek und Thomas Huber ist zu ihrer erfolgreichen Arbeit ebenso zu gratulieren wie dem Direktor des Sängerknabengymnasiums, Prof. Mag. Markus Blauensteiner für seine Initiative, derartig aufwändige Veranstaltungen, die für die jungen Leute ein ungeheures Erlebnis sind, möglich zu machen! Und der Jugend zum Privileg, solche Schulen besuchen zu dürfen.

Sieglinde Pfabigan.

 

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