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WIEN/ Musikwerkstatt in der Kammeroper: MISS DONNITHORNE’S MAGGOT (Maxwell-Davies)/ SUCKTION (LeBaron)

12.05.2012 | KRITIKEN, Oper

ZÜNDENDE OPERNNOVITÄTEN  VON PETER MAXWELL DAVIES UND ANNE LEBARON

Wiens Opernszene ist wirklich erstaunlich. Immer wieder gelingt es der „Off-Szene“, in einer Stadt der Tradition wichtige Impulse zu setzen. Die diesmal in der Wiener Kammeroper agierende „Musikwerkstatt Wien“ unter der Leitung ihres rührigen Dirigenten Huw Rhys James punktet mit zwei Einaktern, die am Ende enthusiastisch gefeiert werden  wie ansonsten  Neuinszenierungen   von Janacek oder Britten. Die beiden Stücke „Miss Donnitthorne’s Maggot“  des Briten  Peter Maxwell Davies und „Sucktion“ der US-Komponistin  Anne LeBaron stammen von zwei unterschiedlichen Generationen und können auch vom Inhalt und Stil her  kaum unähnlicher sein. Der Monolog einer am Hochzeitstag sitzen gelassenen Kapitäns‘ Braut – ihr Name ist der Operntitel – wurde  bereits  im Jahr 1974 beim Adelaide-Festival in England  uraufgeführt. Und die trashige TV-Soap-Parodie „Sucktion“  – hier verliebt sich eine TV-süchtige „Putze“ in ihren Staubsauger – kam vor 7 Jahren in Los Angeles heraus. Formal sind sich die beiden Stücke gar nicht unähnlich  – Frauenmonologe kommen  offenbar schon seit Schönbergs Erwartung  wegen der geringen Grundkosten bei  den Intendanten gut an (+ kammermusikalisch besetztes Orchester) . Aber während die Kapitäns-Braut in ihrem Haus in völlige Isolation geraten ist, zeigt die TV-wütige „Putze“ wirkliche originelle Gefühlsäußerungen – zumindest gegenüber dem neuen Stabsauger, den der  sonst offenbar frustrierte Ehemann schickt, weil er wieder einmal dienstlich zum vereinbarten Date nicht kommen kann! Während der Einakter von Peter Maxwell Davies auf einer konkreten Geschichte  in Indien aus dem Jahr 1856 zurückgeht, macht sich die Oper „Sucktion“ von Anne LeBaron über die heutigen Mediengewohnheiten von Soap-Fans lustig, die es offenbar ja mehr als genug gibt.Der erste Einakter ist ein „Wahnmonolog“ einer verrückt gewordenen „alten Jungfer“, die im Brautkleid vergeblich auf ihren Verlobten – einen alten „Seebären“ wartet. In der Titelrolle überzeugt in der Regie des Franzosen  Benjamin Prins (Bühnenbild Thomas Kurt Mörschbacher, Kostüme Dritan Kosovrasti) die österreichische Mezzosopranistin Annette Schönmüller. Leider versteht man den Text sehr schlecht – Singen hat eben nichts mit Wortdeutlichkeit zu tun. Und auch die Ausstattung ist karg – im Zentrum eine riesige Plastik-Stola .Gesamteindruck: interessant aber zu konventionell.   Auch der zweite Einakter lebt vom „inneren Monolog“ einer Putzkraft – „Ich putze Dreck und schaue im Fernsehen ebenfalls Dreck…“Die Österreicherin Anna Maria Birnbauer ist diesmal die ausdrucksstarke Solistin! Sie singt mit etwas scharfer Höhe – aber  sie erzielt Wirkung! Zunächst dominiert das zwanghafte Wiederholen  der TV-Sucht (samt Zitaten aus TV-Serien) – doch dann wird es umwerfend komisch und unerwartet surreal. Die „Putze“ Irona bekommt einen leibhaftigen Staubsauger in Gestalt  eines TV-Schönlings à  la Reich und Schön – köstlich in der „stummen Rolle“ Christian Ariel Heredia. Und fast kommt es zur körperlichen  Vereinigung.. Wie gesagt – am Ende großer Jubel, spontane Begeisterung und ehrlicher Jubel. Die Musik-Werkstatt Wien und Huw Rhys James haben einmal mehr einen echten Clou gelandet!

Peter Dusek

 

 

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