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WIEN / MusikTheater an der Wien: AMAHL UND DIE NÄCHTLICHEN BESUCHER

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WIEN / MusikTheater an der Wien im MuseumsQuatier:
AMAHL UND DIE NÄCHTLICHEN BESUCHER
von Gian Carlo Menotti
Libretto vom Komponisten
Premiere: 15. Dezember 2022  

Heutzutage darf ein Weihnachtsmärchen ja nicht mehr im Heiligen Land spielen, wo Gian Carlo Menotti seine Kurzoper (Spielzeit eine knappe Stunde) von „Amahl“ und den nächtlichen Besuchern ursprünglich angesiedelt hat – einst als Fernsehoper 1951 in New York uraufgeführt.

Musiktheater an der Wien-Intendant Stefan Herheim, der das Stück als Kinder- und Weihnachtsmärchen angesetzt hat, verlegt es als Regisseur ins Heute – und in ein Krankenhaus, was natürlich ziemlich trostlos ist. Und wenn zu dem biblischen Amahl ja wohl auch die echten Heiligen Drei Könige kommen können – jetzt sind sie nur noch Phantasieprodukte eines kranken Kindes, das am Ende, wenn man es richtig versteht, auch noch stirbt…

Dass das Stück trotz des Sterbe-Ambientes funktioniert, hat wieder einmal mit Herheims Geschick zu tun. Das Krankenzimmer (Ausstattung: Sebastian Ellrich) öffnet sich in die Breite und in die Höhe, der Stern von Bethlehem beherrscht dann das Bild, und die drei Könige tanzen und singen sich als Komikerfiguren ins Geschehen hinein. Der Tenor Paul Schweinester als Kaspar, der  Bariton Nikolay Borchev als Melchior und  der Baß Wilhelm Schwinghammer als Balthasar (in der postkolonialen Interpretation sieht er wie ein schwarz gekleideter Pope aus, neben einem  Turban-Träger in Islam-Grün und einer Art Mönch in Weiß) – die drei .junge Männer, alt gemacht, ziehen eine amüsante Riesenshow ab.

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Fotos: Monika und Karl Forster 

Tatsächlich wird mit Chor (dem wie immer vorzüglichen Arnold Schoenberg Chor (Leitung: Erwin Ortner) und Ballett (Choreografie; Beate Vollack) eine richtig hübsche Show aus dem Ganzen. Herheim hat um das Orchester (die Wiener Symphoniker musizieren launig unter Magnus Loddgard( noch einen Steg bauen lassen, der die lebhaften Spielmöglichkeiten des Ganzen erweitert.

Wenn dann viele (kranke???) Kinder (aus der Musikschule Liesing) als Englein verkleidet erst mit ihren Eltern tanzen, dann die Treppe zum Stern hoch steigen, ist dieser – wie man es nehmen kann – kitschige Effekt in der Kinderoper erlaubt, zumal Herheim, wenn Amahl mit den Königen zieht, doch stark den Eindruck erweckt, der Junge würde nun sterben und in ein besseres Jenseits einziehen…

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Es ist ein ungenannter Sängerknabe, der diese Rolle interpretiert, für die Pressepremiere war es ein zarter, schmächtiger, asiatischer Junge mit Piepsstimmchen, der aber viel Temperament entwickelte, wenn er aus dem Krankenbett steigen durfte, um mit den drei Königen  zu konferieren. Die Mutter (Dshamilja Kaiser hat ihre Stimme meist, aber nicht immer unter Kontrolle)  ist als sorgende, zweifelnde Frau von heute mit einer Märchenwelt konfrontiert, so ganz überzeugend wird ihr Handlungsstrang nicht. Aber darüber singt und tanzt der Abend hinweg.

Für die Premiere saßen fast nur Erwachsene im MuseumsQuartier, die aber an der modernen Version der musikalisch angenehm plätschernden Bibel-Geschichte offensichtlich viel Gefallen fanden. Das MusikTheater an der Wien dürfte seinen Weihnachtshit sicher haben.

Renate Wagner

 

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