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WIEN / Metropol: WIRD SCHON SCHIEFGEHEN

14.02.2019 | KRITIKEN, Theater

WIEN / Metropol:
WIRD SCHON SCHIEFGEHEN von Jonathan Sayer, Henry Shields und Henry Lewis
Premiere: 14. Februar 2019

Früher hatte Wien eine richtig schöne Boulevard-Tradition. In den Kammerspielen glänzten Josefstädter Besetzungen, und dort, wo die Staatsoper heute Kinderoper spielt, gab es eine „Kleine Komödie“, die das Beste an neuen Lustspielen von überall in den denkbar besten Besetzungen (Manfred Schmid! Hellmuth Hron!) zeigte. Tempi passati. Heute muss man tief in die Vorstadt, um gelegentlich noch etwas zum Lachen zu finden…

Ein Stück wie „The play that goes wrong“ (einen Olivier-Award für die Beste Komödie bekommt man nicht so ohne weiteres!) hätte früher wohl die Josefstadt in den Kammerspielen gezeigt. Diesmal hat Peter Hofbauer sich im Metropol entschlossen, seine selbst gestrickten Musicals einmal durch diese importierte Komödie des Trios Jonathan Sayer, Henry Shields und Henry Lewis zu ersetzen, die in London schon das fünfte Jahr läuft. Überall in deutschen Landen unter dem Titel „Mord auf Schloss Haversham“ oder „Chaos auf Schloss Haversham“ gespielt, ist der Wiener Titel „Wird schon schiefgehen“ noch treffender. Denn genau darum geht es, wenn eine Laiengruppe einen Krimi aufführt…

Die Machart ist natürlich nicht neu, Theater auf dem Theater und was dabei alles schiefgeht: ein klassischer Lachschlager, Pointen und Slapstick. In diesem Fall ist das Stück, was Slapstick betrifft, nicht nur hohe, sondern höchste Schule, die Schauspieler von ungeheurer Beweglichkeit verlangt, die auch auf einer einbrechenden Balkonkonstruktion noch so herumturnen können, dass man (wie im Zirkus) blaß wird bei der Idee, was da alles schiefgehen kann… abstürzen, Knochen brechen, was immer. Darüber hinaus müssen die „Laiendarsteller“ des Stücks, weil eben bei einer Theateraufführung alles schief geht, gnadenlos improvisieren – und das ist streckenweise einfach brüllend komisch.

Alles Lady Agatha Christie, oder was, wenn auf Schloß Haversham erst eine Leiche herumkollert, aber, wie man es erwarten kann – ganz so tot ist Charles Haversham (Bernhard Viktorin) vielleicht doch nicht? Jedenfalls mimt seine Braut Florence (ungeheuer beweglich und selbstironisch: Leila Strahl) mit großen Gesten und Tanzschritten riesige Trauer, bis sich herausstellt, dass sie ohnedies ein Verhältnis mit dem Bruder des Verstorbenen (Michael Duregger) hatte. Des Mordes verdächtig ist auch Thomas, der Bruder von Florence (Paul König).

Unverzichtbar im Personal eines solchen Stücks: ein Butler (Martin Gesslbauer, der auch das durchaus kunstvolle, sich während der Vorstellung dauernd zerlegende Bühnenbild baute), natürlich ein Gärtner (nochmals Michael Duregger) und ein Inspektor, der auch der Intendant der unglückseligen Laiengruppe ist – Alexander Jagsch wirft einfach hinreißend immer wieder seine Nerven weg. Dass ein Schauspieler vom Kaliber des Ronald Kuste nur eine bedeutungslose Nebenrolle bekommt, ist ein Jammer.

Und eine besondere Pointe des Ganzen ist Anni, die Inspizientin der Theatergruppe, in Gestalt der entschlossenen kleinen Claudia Rohnefeld: Als die Darstellerin der Florence nämlich kurzfristig ausfällt, übernimmt sie deren Rolle, findet ungeheuer Geschmack daran und versucht, als die Rivalin wiederkehrt, entschlossen ihren Platz zu behaupten… Zwei unbegabte Damen, die teilweise im Chor ihren Text sprechen, ist die Folge.

Um den Krimi geht es übrigens gar nicht, aber Butler und Gärtner sind ja als potentielle Täter da („Der Mörder ist immer der Gärtner“), wenn man sich auch erinnert, dass Lady Agatha diesbezüglich schon zu viel übleren Tricks gegriffen hat… Die drei Autoren haben übrigens noch eine Menge Zitate aus englischen Stücken und Filmen eingeführt (Endlos-Schleife, Geschichte mit der Uhr usw.).

Das ganze Stück ist Machart, beruht erstens darauf, dass man schon ein sehr guter Schauspieler sein muss, um einen Laienschauspieler spielen zu können…. Und im übrigen hatte Marcus Strahl als Regisseur die Aufgabe, das Tohuwabohu auf das präziseste zu lenken und jeder der Irrsinns-Pointen so viel Raum zu geben, dass das Publikum auch zum Lachen kommt. Daran fehlte es am Premierenabend im Metropol nicht.

Man entnimmt übrigens der Verlagsinformation, dass das Stück von den Autoren für Amateurtheater nicht freigegeben ist. Wäre ja noch schöner, wenn Laien sich daran versuchten, hilflos über die Bühne stolpernde Laien zu spielen. Das ist nämlich sauschwer und erfordert hohe Professionalität.
Renate Wagner

 

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