WIEN / Leopold Museum:
ZAUBER DER LANDSCHAFT
Von Waldmüller bis Boeckl
Bis 1. Mai 2017
Variationen des Naturverständnisses
Wer „Rudolf Leopold“ sagt, denkt an Schiele und Klimt, aber wie man längst weiß, war das Interesse des großen Sammlers viel breiter gestreut. Privat galt seine große Leidenschaft der Natur, und das schlug sich auch in seinen Bilderkäufen nieder. Sowohl im Leopold Museum wie in der Privatsammlung der Familie Leopold finden sich zahlreiche ausgesuchte Landschaftsbilder – genug, um ihnen im Parterre des Hauses eine Ausstellung zu widmen, die rund 50 hochrangige Ölgemälde und dazu eine Handvoll wertvoller Aquarelle in vier Räumen (und vier „Stationen“) aufbereitet.
Von Renate Wagner
Die Entdeckung der Landschaft Zuerst waren es die Holländer, dann die Italiener und die Briten, auch die Franzosen, die sich der Landschaft als Thema widmeten. In der österreichischen Kunst des 19. Jahrhunderts haben Künstler wie Waldmüller, Gauermann und Romako Menschen und Landschaften auf verschiedenste Art kombiniert. Ferdinand Georg Waldmüller malte selten „reine“ Landschaften wie den „Dachstein mit Gosausee“, sondern stellte oft Genreszenen in den Reiz der Landschaft, ob es der berühmte, in vielen Fassungen bekannte „Vorfrühling im Wienerwald“ ist oder „Die Versöhnung an der Brücke“, wo die Menschengruppe und der fließende Bach sich harmonisch zusammen fügen – bis zu jenem Bild der heimkehrenden Mutter, die gebückt über die Türschwelle tritt, umgeben von drei Kinder, wo die Landschaft dann nur noch den Hintergrund bedeutet. Lieber als die Menschen waren Kollegen Friedrich Gauermann die Tiere, die er auch gerne in gewittrig dramatische Landschaften stellte, wobei er zudem ein Meister der Bäume war. Aber das spannendste, geradezu atemberaubende Bild aus dieser Sektion stammt von Anton Romako und zeigt ein Kind, das auf zwei Baumstämmen balanciert, um einen Wildbach zu überqueren
Die Meister der Aquarelle Reich bestückt ist der Raum mit Landschaftsaquarellen, die allerersten Namen wie Rudolf von Alt, Emil Jakob Schindler, Thomas Ender führen dann bis zu Herbert Boeckl, wo die Landschaft auf ein paar Striche abstrahiert ist. Dazwischen steht ein herbstliches, ausschließlich der Natur verpflichtetes Stimmungsbild von Josef Dobrowsky neben einer Dinkelsbühl-Ansicht von Oskar Laske, wo jeweils die Architektur bereits gleichberechtigt neben die Natur tritt.
Die Landschaft, wie man sie um 1900 sah Eine Ausstellung kann ihr Thema so weit strecken, wie sie will, und Elisabeth Leopold und Mit-Kurator Franz Smola nahmen auch ein Egger-Lienz-Gemälde hinein, das nur die Erde und etwas Wasser zeigt und wo der Mensch, der sich über die Quelle beugt, den zentralen Blickpunkt darstellt. Kolo Moser malte einen einsamen Kastanienbaum in einem von Häusern umschlossenen Hof. Nur Carl Molls Prater-Motiv (ganz ohne die Anmut, die Tina Blau diesen Bäumen einst gab) ist noch Landschaft pur.
Nach dem Ersten Weltkrieg Landschaft als Ort der Schönheit und Ruhe war in der Welt des Expressionismus nicht mehr gefragt. Herbert Boeckls aggressive „Gruppe am Waldrand“ behandelt Natur kaum noch als Rahmen für die alles beherrschenden Menschen. Ob Anton Faistauer mit Dürnstein, Rudolf Wacker mit Bregenz, auch das sind Stadtszenen, ein wenig Natur am Rande. So wird die Ausstellung auch zu einem Spaziergang durch Entwicklungen der Kunstgeschichte.
Leopold Museum, bis 1. Mai 2017, täglich außer Dienstag 10 bis 18 Uhr, Donnerstag 21 Uhr