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WIEN / Leopold Museum: WOW! THE HEIDI HORTEN COLLECTION

21.02.2018 | Ausstellungen, KRITIKEN


Foto: Wesemann / Alle anderen Fotos: Leopold Museum

WIEN / Leopold Museum:
WOW!
THE HEIDI HORTEN COLLECTION
Vom 16. Februar 2018 bis zum 29. Juli 2018

Alles, was gut und teuer ist

Wie beschämend es war, Agnes Husslein aus dem Belvedere entfernt zu haben, ist noch in Erinnerung. Immerhin gibt es nun andere Nutznießer ihrer Fähigkeiten. Nun gehört sie zum Vorstand der Privatstiftung Leopold Museum und konnte hier ihre Beziehungen mitbringen (auch in der Kunstwelt sind Netzwerke alles): Schon als sie noch Österreich-Chefin des weltberühmten Auktionshauses Sotheby’s war, hat sie die Milliardärin Heidi Horten bei ihren Kunstkäufen beraten. Nun stellte sie aus deren enormer Privatsammlung eine Ausstellung zusammen, die im obersten Stock des Leopold Museums von den „Klassikern“ bis zu den allerneuesten Werken eine einzige Werbeschau für die so genannte „Moderne“ geworden ist – in Farbigkeit, Vielfalt, Originalität. Nicht umsonst hat man dieser Präsentation der „Heidi Horten Collection“ den sprechenden Titel „WOW!“ gegeben.

Von Heiner Wesemann

Heidi Horten Geboren als Heidi Jelinek am 13. Februar 1941 in Wien, Tochter eines Graveurs, war sie von Beruf Sekretärin, als sie den deutschen „Kaufhaus König“ Helmut Horten kennen lernte, der 32 Jahre älter war als sie. Zur Hochzeit im Jahre 1966 schenkte er ihr (wie in Wikipedia nachzulesen) den so genannten „Blauen Wittelsbacher“, einen Diamanten aus dem Schatz der bayerischen Kronjuwelen (den sie nach seinem Tod um 24 Millionen Dollar verkaufte). Horten starb 1987, die Gattin erbte sein Milliardenvermögen und heiratete noch zwei Mal, 1994 den Franzosen Jean-Marc Charmat und, nach der Scheidung, 2015 den Grafen Karl Anton Goëss. Heidi Goëss-Horten lebt am Wörthersee, gilt als „reichste Österreicherin“ und verhält sich auch, wie Milliardäre es tun, mit 100 Meter langer Super-Jacht und als Förderin von Sportvereinen und wohltätigen Organisationen. Vor allem aber ist sie Besitzerin einer der größten Kunst-Privatsammlungen.

Sammeln als Vergnügen Das Ehepaar Horten hatte mit deutschen Expressionisten eher konservativ gesammelt. Die verwitwete Heidi Horten erwarb, wie Agnes Husslein, die sie auf ihrem Weg als kompetente Beraterin begleitete, erzählt, einfach nach Lust und Laune. Und zu ihrem Glück die Modernen – hätte sie Lust auf Alte Meister gehabt, wären wohl im Laufe des letzten Vierteljahrhunderts nicht an die 700 hochwertigen Werke zusammen gekommen. Dabei bewahrte die Sammlerin das, was man „low profile“ nennt, trat als Person nicht hervor, wenn sie einmal – wie Agnes Husslein in einem Interview verriet – 34 Bilder auf einmal zum Preis von 22 Millionen Dollar ersteigerte. Und wenn die ganze Sammlung durchgehend das Niveau besitzt wie die 170 Werke, die Agnes Husslein als Kuratorin für die Ausstellung des Leopold Museums zusammen stellte, dann hat Heidi Horten für ihre „Collection“ fast ausschließlich berühmte Namen und wirklich spektakuläre Werke erworben. Chagalls küssendes Paar „Les Amoureux“ aus dem Jahr 1916, das die Wiener Ausstellung als Signet für Plakat und Prospekt nahm, ist – wie man erfuhr – Heidi Hortens persönliches Lieblingswerk.

Die Farbe Rot? Da man in den Räumen des Leopold Museums der Opulenz der Moderne und ihren größten Namen begegnet, fragt man sich, nach welchen Gesichtspunkten Heidi Horten wohl gekauft haben mag. Wenn man an einem der Werke mit Signalwirkung stehen bleibt, Egon Schieles „Damenbildnis“ von 1912, das seine Freundin Wally zeigt und alle Augen auf sich ziehen muss, dann ist es wohl die rote Farbe, die zuerst die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Und diese findet sich dann in vielen Werken – für die Studie der Henrietta Morales hat Francis Bacon auch einen roten Hintergrund gewählt (das Werk weist übrigens eine gewisse innere Ähnlichkeit mit Wally auf); Rot ist bei Lucio Fontana fast monochrom vorhanden (wobei Fontana auch andere Farben schockartig verwendete); Rot beherrscht die „Composition“ von Mark Rothko und die „Roten Akte“ von Ernst Ludwig Kirchner wie auch die „Roten Rehe“ von Franz Marc – und auch in Emil Noldes „Anna Wieds Garten“ leuchten die roten Blumen besonders intensiv. Rot herrscht auch in Basquiats „Garten“ und in Keith Harings „Untitled“… keine Frage, Rot dürfte für die Sammlerin eine besondere Rolle spielen.

Alles, was gut und teuer ist Im übrigen mag Heidi Horten, der man auch eine besondere Vorliebe für Warhol nachsagt (es gibt auch viel Rot bei dessen „Four Foot Flowers“), die einmal von ihm Jackie Kennedy da hängen hat und vielfach den blauen Negativ-Siebdruck der Monroe, durchaus auch nach Namen gekauft haben: einen besonders schönen Klimt („Kirche in Unterach am Attersee“), viele Picassos, Klassiker wie Klee, Matisse, Magritte, Miro, Leger, bis zu allen Modernen, die mittlerweile große Namen haben, Yves Klein, Damien Hirst oder Cy Twombly. Allerdings ließ sie sich auch zu manchem überreden, was Andy Warhol gemeint hat, wenn er sagte: „Art is what you can get away with“… Man stellt sich als Betrachter angesichts dieser gebotenen Vielfalt die Frage, welchen eigenen Malstil Frau Horten auf ihrer Staffelei in ihren mehrjährigen privaten Malereien entwickelt hat, beziehungsweise welche wohl ihre persönlichen Vorbilder sind?

Schlag nach bei Heidi Eine Besonderheit ist auch der umfangreiche Katalog zur Ausstellung, von Agnes Husslein und ihren getreu gebliebenen ehemaligen Belvedere-Mitarbeitern vorbildlich gestaltet. Das ist eindeutig ein Werk der Liebe zur Kunst und den Künstlern. Da werden (das Alphabet ist immer eine unanfechtbare Lösung) die Ausgestellten von A bis Z in ausführlichen Artikeln (die in Bildern oft auch auf die klassischen Vorbilder verweisen) behandelt. Was auffällt – es gibt nur vier Österreicher unter ihnen, Klimt und Schiele, Kubin und Wurm. Und gar nur zwei Frauen, Paula Modersohn-Becker und Niki de Saint Phalle, deren „Nana Pommes de Terre“ bauchig-bunt im Raum steht und zu jenen Skuloturen gehört, die Agnes Husslein pointiert zu den Gemälden aufgestellt hat.

Leopold Museum Wien:
„Wow! The Heidi Horten Collection“,
Bis 29. Juli 2018, täglich außer Dienstag 10.00 bis 18.00 Uhr, Donnerstag 10.00 bis 21.00 Uhr

Der freie Eintritt Donnerstag ab 18.00 Uhr ist ein Geschenk von Frau Horten an das Publikum und wird hoffentlich reichlich angenommen

 

 

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