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WIEN / Leopold Museum: MAX OPPENHEIMER

05.10.2023 | Ausstellungen, KRITIKEN

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WIEN / Leopold Museum:
MAX OPPENHEIMER
Expressionist der ersten Stunde
Vom 06.Oktober 2023 bis zum 25.Februar  2024

Gesichter und Musik…

Einst stand er auf Augenhöhe neben Egon Schiele und Oskar Kokoschka, heute kennt man von Max Oppenheimer im allgemeinen nicht viel mehr als das Monumentalgemälde, auf dem Gustav Mahler die Wiener Philharmoniker dirigiert.  Also fand es Hans-Peter Wipplinger, der Direktor des Leopold Museums, hoch an der Zeit, diesen Künstler ausführlich zu würdigen. Die Großausstellung mit rund 170 Werken (dabei einiges von den Zeitgenossen), mit vielen Leihgaben und einer chronologisch-thematischen Gliederung führt nun in die Welt dieses „Expressionist der ersten Stunde“ ein, der seinen eigenen Stil gefunden und, allen Einflüssen zum Trotz, immer beibehalten hat.

Von Renate Wagner

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Max Oppenheimer – Leben   Er wurde am 1. Juli 1885 in Wien in eine gewissermaßen kulturgetränkte assimilierte jüdische Familie hinein geboren und starb noch nicht siebzigjährig am 19. Mai 1954 im Exil in New York, einsam und verarmt, wie es heißt. Dazwischen lag ein Künstlerleben, das von großen Erfolgen, aber auch großen Problemen geprägt war. Unruhevoll schien er es nirgends lange auszuhalten, pendelte zwischen Wien und Prag, der Schweiz (wohin er sich im Ersten Weltkrieg zurück zog), immer wieder Berlin und wieder Wien, Zürich und Genf, bis ihm am Ende als „entarteter“ jüdischer Künstler nur die Emigration in die USA übrig blieb. Die Hoffnung, nach Wien zurück zu kehren, vereitelte der Tod. Max Oppenheimer galt als Dandy, der keinen Skandal scheute  – in einer Zeit, die „Skandal-Marketing“ nicht scheute (wie heute übrigens), soll er hoch zu Roß vor einem Kaffeehaus vorgeritten sein und gefragt haben, wo er sein Pferd abstellen könnte… Dies erzählte zumindest Hans-Peter Wipplinger bei der Presseführung. Zu seiner unsteten Lebensführung mag auch seine Homosexualität beigetragen haben, die ihm nie die Möglichkeit gab, eine Familie zu gründen und sich irgendwo auf die Dauer nieder zu lassen.

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Max Oppenheimer – die Ausstellung   Hans-Peter Wipplinger hat absichtsvoll aus der Übersichts-Schau, die das Leopold Museum zu Max Oppenheimer bietet, die Landschafts-Frühwerke ausgespart, weil sie ihm  zu konventionell dünkten. So steigt die Ausstellung gleich in jene Welt ein, die Oppenheimer im Wien seiner Zeit berühmt machte – seine Porträts. Dann geht es biographisch durch die Wiener Jahre, die Fehde mit Kokoschka, die Freundschaft mit  Schiele und wohl auch die gegenseitigen Einflüsse. Nun hat Oppenheimer in seinem Leben viel gesehen und viel auch verarbeitet, aber selbst wenn er in einer religiös-mythologischen Phase à la El Greco malte, blieb er doch er selbst – und sein Stil der Kleinteiligkeit, die sich zum großen Ganzen fügt, vollendete sich in seinen Musikbildern. Die finanziell schwierigen Jahre, wo man Kunst nicht mehr so leicht verkaufen konnte, versuchte er durch Anpassung an den Alltag zu begegnen, durch kleinere Werke, Stillleben, Szenen aus dem Alltag, auch das, was Berlin bewegte, das Sechstagerennen etwa oder die Eisrevue. Ungemein typisch für ihn sind die Schach-Bilder. Einen Neuanfang in den USA schaffte er nicht, da war seine Kraft versiegt.
Das Leopold Museum hat Leihgaben von so gut wie allen Wiener Institutionen erhalten, weiters aus Linz und Salzburg, München, Berlin, der Schweiz und Prag. Das ermöglicht diese großzügige Übersicht über sein Werk.

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Konkurrenz und Freundschaft   Natürlich sind „Wiener Geschichten“ für eine Wiener Ausstellung von besonderem Interesse, zumal, wenn es sich um so prominente Mitspieler handelt. Um 1910 trafen Oskar Kokoschka (Jahrgang 1886), Oppenheimer, ein Jahr jünger, und Egon Schiele (*1890), fünf Jahre jünger, zusammen, drei außergewöhnliche Talente, anfangs scheinbar in Freundschaft verbunden. Dann allerdings zeigt sich bald Kokoschkas beherrschendes Wesen, das keine Konkurrenz neben sich duldete. Das Leopold Museum kann sein Plakat für den „Sturm“ und Oppenheimers Plakat für seine eigene Ausstellung nebeneinander stellen, das Kokoschka zum Vorwand nahm, den anderen des Plagiats zu beschuldigen – im Grunde aus der Luft gegriffen. Aber es führte zu einer langen, von Kokoschka heftig geführten Fehde (für die er Karl Kraus und Adolf Loos mobilisierte).

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Viel besser war das Verhältnis zu Egon Schiele, sie malten gemeinsam in einem Atelier, einer porträtierte den anderen, und mit einem Foto des verlorenen Oppenheimer-Bildes „Kreuzabnahme“ ist die formale Ähnlichkeit zu Schieles Aktporträts eines jungen Mannes nicht zu übersehen. Allerdings währte diese Gemeinsamkeit nur kurz, da Oppenheimer 1911 für längere Zeit nach Deutschland übersiedelte. Als er wiederkehrte, war Schiele tot.

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Schwerpunkt: Porträts     Die Porträts, die Max Oppenheimer malte und vielfach auch zeichnete (es gibt einen eigenen Raum für seine Graphiken), durchziehen die Ausstellung und bilden gleich zu Beginn den Schwerpunkt. In einer Welt, wo Gustav Klimt mit seinen überteuren Porträts die schöne Damenwelt monopolisierte, war Oppenheimer ein angenehmer und dabei keinesfalls glatt-konventioneller Porträtist. Im Gegensatz zu Kokoschka, wo sich die Betroffenen oft hässlich oder entstellt empfanden, bestand diese Gefahr bei Oppenheimer nicht. Vor allem die Männerwelt der Kunst und Kultur saß ihm zum Porträt – in der Frühzeit Sigmund Freud, die Brüder Mann (Thomas Mann hilft ihm später, in die USA emigrieren zu können), Schönberg und Webern (seine lebenslange Beziehung zur Musik), und auch Theatermenschen wie Max Reinhardt, Ernst Deutsch, Emil Jannings. In Berlin war er einer der hochkarätigen Maler, den der Galerist Paul Cassirer  (bei dem er ausstellte) verpflichtet, seine Gattin, die berühmte Schauspielerin Tilla Durieux, zu malen. Oppenheimers Porträts sind eindrucksvoll, in den Farben eher gedämpft, keineswegs spektakulär. Man konnte sich sensibel erkennen, ohne das Gefühl zu haben, gewaltsam ausgestellt zu werden.

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Schwerpunkt: Musik – ein Maler geigt auf   Max Oppenheimer, der nicht nur selbst ein begabter Musiker (er hatte von Kind auf das Violine-Spielen erlernt) war und auch theoretisch viel von dem Thema verstand, fand hier „seine“ ihm ureigene Welt (für diese gibt es in der Kunstgeschichte keinen Vergleich),. Er „malte“ Musik, so, dass man glaubte, sie zu hören.

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Er zeigt Musiker (mit korrekten Griffen an den Instrumenten, wie Fachleute betätigen), Noten, das Kollektiv der Musiker, ob es das Rosé Quartett war oder die Wiener Philharmoniker. Nun ist es zutiefst bedauerlich, dass sein Hauptwerk, das Gustav Mahler quasi als Herr der Heerscharen aus einer Masse von Musikern auftauchend  zeigt (über viereinhalb Meter breit, drei Meter hoch), nicht in der Ausstellung zu sehen ist. So weit (ein paar Kilometer?) wäre der Weg vom Belvedere ins Museumsquartier ja nicht gewesen. Aber offenbar sprachen konservatorische Gründe dagegen. Zweifellos sind die zahlreichen Musikbilder das Zentrum der Ausstellung, die ihrerseits Oppenheimer vom Rand der Beachtung ins Zentrum rücken will.

Leopold Museum / Erstes Untergeschoß
MAX OPPENHEIMER
Expressionist der ersten Stunde
Vom 06.Oktober 2023 bis zum 25.Februar  2024
täglich außer Dienstag von 10-18 Uhr,
auch an Feiertagen geöffnet

 

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