WIEN / Leopold Museum:
JOSEF PILLHOFER
IM DIALOG MIT CÉZANNE, GIACOMETTI, PICASSO, RODIN …
Vom 18. Juni 2021 bis zum 10. Oktober 2021
Eine große Skulpturen-Schau
Bildhauer haben es schwerer als Maler. Ob sie mit Stein, Holz oder Metall arbeiten, ihr Material ist sperriger, erfordert mehr Zeit, Aufwand, Kraft und erhebliches handwerkliches Können. Und der Ruhm stellt sich – Ausnahmen ausgenommen, Michaelangelo natürlich, Rodin oder Giacometti – nicht so ohne weiteres ein. Ein Schicksal, das auch einen österreichischen Künstler traf, ungeachtet seiner allseits anerkannten Bedeutung: Anlässlich seines 100. Geburtstags erinnert das Leopold Museum nun an den in Wien geborenen und vor erst elf Jahren hier verstorbenen Josef Pillhofer, der Zeit seines Lebens auch in der Steiermark verankert war. Um ihn selbst würdig in großen Zusammenhang zu stellen, wohl aber auch, um das Publikum mit bedeutenden Namen zu locken, hat man auch die Werke berühmter Zeitgenossen ausgestellt, was die Präsentation zu einer großen Skulpturen-Schau macht.
Von Renate Wagner
Josef Pillhofer Geboren 1921 in Wien, aus musischem Elternhaus stammend, aufgewachsen in Mürzzuschlag, wollte Josef Pillhofer zuerst Zimmermann werden, absolvierte die Grazer Kunstgewerbeschule und trat nach dem Zweiten Weltkrieg mit eigenen Werken hervor, vor allem Skulpturen, aber auch Graphiken, beeinflusst anfangs von seinem Lehrer Fritz Wotruba, auch von den Künstlern, denen er während seines Paris-Aufenthalts begegnete. Ausstellungen, Preise, Empfehlungen ebnete ihm mit seinen Werken den Weg auch zur Biennale in Venedig, internationale Ausstellungen (bis in die USA) und Ankäufe durch Museen folgten. Pillhofer gestaltete auch Kirchenfassaden oder Büsten berühmter Persönlichkeiten (von Kaiser Maximilian I. bis Johannes Brahms und Sir Karl Popper). Lange Zeit lehrte er an der Wiener Akademie. Noch fast 80ährig schuf er in Ägypten eine noch dort befindliche Monutmentalskulptur. Ein altes Sägewerk in Neuberg an der Mürz wurde 2005 zu einer Skulpturenhalle umgebaut, in dem Pillhofers Werke als Permanenz-Ausstellung zu sehen sind. Der Künstler starb 89jährig 2010 in Wien. Im ersten Raum der Ausstellung begegnet er dem Besucher auf großformatigen Schwarzweißfotos, die ihn bei der Arbeit zeigen und quasi zu ihm, in sein Atelier, einzuladen scheinen.
Im Wechselbad der Stile Von den rund 180 Werken, die sich hoch elegant im ersten Untergeschoß des Leopold Museums versammeln, flankiert von Graphiken an den Wänden, sind nicht alle, aber die meisten von Josef Pillhofer. Und dieser war ein Künstler von schier ununterbrochener Experimentierfreude – ob es die verschiedenen Materialen waren, ob er menschliche Körper zu Formen zurück stilisierte oder dann doch noch figurativ „erkennbar“ blieb. Von ähnlicher Vielfalt ist der Zugang in der Größe – von geradezu monumentalen Werken (nicht einfach, dergleichen in ein Museum zu schaffen) bis zu klein geformten Arbeiten hat ihn auch alles dazwischen interessiert. Auch inhaltlich gibt es keine Grenzen – ob Antike (ein nachgeformter „Römerkopf“), ob Kubismus, man spürt, wie er Einflüsse verarbeitete.
Sein Interesse an der Bewegung, das aus so vielen Werken spricht, findet einen Höhepunkt in einem sechsteiligen Wandrelief zum Thema Tanz, wo dann schon einmal ein Arm, ein Bein sich vorwitzig aus der Reihe hervorstreckt… Die Ausstellung umfasst Werke aus sechs Jahrzehnten und ist solcherart repräsentativ umfassend für ein Ereignis wie den „Hunderter“ eines Geburtstags. So kann Hans Peter Wipplinger als Kurator, wie er sagt, auch wirklich ausführlich Pillhofers „variables und spannungsreiches Formenvokabular“ vermitteln.
Im Netzwerk der Künstler Man weiß, was Picasso ihm bedeutete – eines von dessen kubistischen Bildern („Dora Maar“ mit „zweigeteiltem Gesicht“ zeigend) neben eine ähnlich konzeptionierte Kopf-Skulptur Pillhofers zu stellen, lässt Zusammenhänge klar werden. 50 Werke von Künstlern, die mehr oder minder Zeitgenossen waren, bereichern die Ausstellung.. Ein optischer und inhaltlicher Höhepunkt ergibt sich, wenn Kurator Wipplinger in einem Raum auf acht Sockeln nebeneinander Skulpturen der unterschiedlichsten Künstler darstellt – für den Besucher, wenn er kein ausgesprochener Fachmann zu dem Thema ist, ein interessantes Ratespiel. Dass Pillhofer mit Wilhelm Lehmbruck innerlich verwandt ist (der wiederum zu den Lieblingen von Leopold-Museums Direktor Hans-Peter Wipplinger zählt, der ihm schon eine eigene Ausstellung gewidmet hat), zeigt sich im Vergleich, und wenn andere ganz, ganz anders denken und arbeiten wie etwa Alberto Giacometti mit seinen extrem dünnen Figuren. Das schärft die Augen des Betrachters für die grenzenlosen Möglichkeiten, Skulpturen zu gestalten.
Leopold Museum:
JOSEF PILLHOFER. IM DIALOG MIT CEZANNE, GIACOMETTI, PICASSO, RODIN…
Bis 10. Oktober 2021, Mittwoch bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr,
an Feiertagen geöffnet