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WIEN / Leopold Museum: FRAUENBILDER

09.07.2017 | Ausstellungen, KRITIKEN

Frauenbilder  Titel~1

WIEN / Leopold Museum:
FRAUENBILDER
VOM BIEDERMEIER BIS ZUR FRÜHEN MODERNE
Vom 7. Juli 2017 bis zum 18. September 2017

Spielarten des Weiblichen

Das Leopold Museum zählt zu jenen „reichen“ Institutionen, die ihre eigenen Bestände mühelos auf Themenquerschnitte durchforsten und daraus Großausstellungen gestalten können. Das gelang kürzlich mit Landschaftsbildern und nun, in noch weit breiteren Rahmen, mit den „Frauenbildern“. Dass man sich – den Schwerpunkten der Sammlung gemäß – mehr oder minder auf das Jahrhundert zwischen 1830 und 1930 beschränkt, engt das Thema nicht wirklich ein. Vielmehr haben die Kuratoren Franz Smola und Birgit Piringer gut 150 hochrangige Gemälde und einige dazu passende Graphiken auch nach Fragestellungen geordnet, die im Zusammenhang dann erhellende Einblicke bieten.

Von Renate Wagner

Romako  Gesicht~1 Waldmüller Alte Frau~1 Funke Mädchenkopf~1

Frauen – die grenzenlose Möglichkeit Im ersten Saal sind sie in der ganzen Fülle ihrer Möglichkeiten versammelt: die Biedermeier-Schlichtheit (Waldmüller) und das Pathos (Feuerbach), die Lieblichkeit (Romako) und die Romantik (Makart), der rauere Zugriff (Boeckl). Frauenbilder aller Art. Mit einem Schwerpunkt auf die österreichische Kunst schreitet man dann das ewige und unerschöpfliche Thema „Frau“ aus, von der Realität bis zur Symbolik, von der Verherrlichung bis zur Kritik. Schwerpunkte der Ausstellung sind auch Schwerpunkte der Sammlung, darunter Egon Schieles „Trauernde Frau“, ein Lieblingsbild von Elisabeth Leopold. Mit ungeheurer Intensität sieht die Frau in Schwarz ins Leere, hinter ihr erhebt sich eine halbe Gesichtshälfte – zweifellos der Mann, um den sie trauert. Die Frau als Ausgangspunkt für eine Aussage, die weit über das Porträt hinaus geht. Ähnlich gnadenlos kommt vielleicht nur noch Käthe Kollwitz dem Betrachter entgegen.

Vom Porträt zum Sujet Die Auswahl der Kuratoren konterkariert manches Vorurteil. Nein, die Biedermeier-Maler haben Frauen nicht nur schön und lieblich, sondern auch streng und persönlichkeitsstark gemalt. Das Sexobjekt kam erst später. Die Mutterrolle, hier in einem Saal zusammen gestellt, ist keinesfalls nur verherrlichend gemeint (wie, auf der Kippe zum Kitsch, bei Feuerbach) – die junge Frau, von Waldmüller gemalt, die sich umgeben von vier Kindern bei der Tür herein quält… keine Idylle. Bei Schiele scheint das Sujet gar existenzielles Entsetzen zu vermitteln.

Lebenslauf und Beruf Ein natürliches Thema sind die Lebensalter, wobei gerade junge Mädchen und Frauen hier, alte Frauen dort immer wieder gemalt wurden, erstere als Blick voraus voll Hoffnung, letztere als Blick zurück auf ein schweres Leben. Das sich auch in den Berufswelten widerspiegelt, die hier – man muss schließlich mit der Sammlung gehen – entweder das bäuerliche Dasein zeigen oder die Frau als Tänzerin, Künstlerin, immer wieder auch als Modell. Wobei es nicht nur um die Aktbilder geht, sondern es auch mehrere Werke gibt, in denen der Maler bei der Arbeit am Modell gezeigt wird und man hier absolut Neues entdecken kann – beispielsweise ein geradezu ironisches Gemälde von Egger-Lienz, wo ein Bauernmädchen skeptisch auf den Amateurmaler blickt, der sich an der Staffelei mit ihrem Bild plagt, während zwei Alte neugierig dabei zusehen…

Egger Lienz~1

Die Künstlerin als Thema Wie man weiß, haben sich Frauen Ende des 19. Jahrhunderts in dem Beruf der „Malerin“ durchgesetzt, Tina Blau vor allem, Marie Egner, Olga Wiesinger-Florian oder Broncia Koller-Pinell. Interessant, dass sie – mit kaum Ausnahmen – hier auf Landschaften und Blumenbilder zurückgeworfen schienen, wenn sie es auch in der Naturbetrachtung zu außerordentlicher Meisterschaft gebracht haben. Bemerkenswert und dankenswert, wie viele kaum bekannte Namen auftauchen, wenn sich die Ausstellung der Ausbildung und den Möglichkeiten der Künstlerinnen zu Beginn des 20. Jahrhunderts zuwendet. Von den Männern vielfach verhöhnt, haben die Kunstgewerbe-Meisterinnen der Wiener Werkstätte („Wiener Weiber Kunstgewerbe“ nannte es Adolf Loos) nicht nur zu Lebzeiten, sondern auch in der Nachwelt Ruhm geerntet – man steht immer wieder so amüsiert wie fasziniert vor etwa dem Schöpfungen einer Wally Wieselthier. All das ist so aufschlussreich und interessant, dass man nur bedauert, dass es das Leopold Museum für diese Ausstellung mit einer kleinen Broschüre bewenden ließ – Thema und Inhalt hätten einen großen, ausführlichen Katalog verlangt.

In der Tiefe Die „Frauenbilder“ umfassen das erste Untergeschoß des Hauses und stehen wohl für die besonderen Vorlieben von Elisabeth Leopold. Im zweiten Untergeschoß darf sich der neue Direktor Hans-Peter Wipplinger austoben.

Wobei die Eröffnung des „Grafischen Kabinetts“ des Hauses durchaus als geglückt bezeichnet werden kann. Man besitzt hier eine der größten Kubin-Sammlungen der Welt, und dass der österreichische Autor mit polnischen Wurzeln, Radek Knapp, 41 Werke des Künstlers nahm und zu einer von ihm geschriebenen Geschichte mit dem Titel „Die Stunde der Geburt“ verband, gibt zumindest die Möglichkeit, die immer wieder faszinierenden Kubins wieder zu sehen.

Die Ausstellung „Jan Fabre. Stigmata – Actions & Performances 1976-2016“ schließlich gibt erstmals in Österreich einen äußerst bunten Überblick über das performative Schaffen des Künstlers, und wer mit dergleichen etwas anfangen kann, wird sicher bestens bedient.

Frauenbilder. Vom Biedermeier zur frühen Moderne
Bis 18. September 2017, den Sommer über täglich von 10 bis 18 Uhr, Donnerstag bis 21 Uhr. Ab September Dienstag geschlossen

Radek Knapp tritt Alfred Kubin. Bis 4. September 2017

Jan Fabre. Bis 27. August 2017

 

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