WIEN / Leopold Museum:
FRANZ HAGENAUER
Vom 20. Mai 2022 bis zum 12. September 2022
Vom Reiz des Metalls
Wer „Bildhauer“ sagt, denkt an Stein, denkt eventuell noch an Holz – aber selten an Metall. Was damit zwischen dem Reiz hochkarätigen Kunsthandwerks und künstlerischem Anspruch zu erreichen ist, zeigt das Werk von Franz Hagenauer (1906-1986), Das Leopold Museum, das selbst bedeutende Objekte von Hagenauer besitzt, widmet dem Künstler, der einerseits für sich selbst steht, andererseits aber auch eine Familienfirma mit verkörpert, die fast hundert Jahre bestand, nun eine 170 Stücke umfassende Ausstellung von eigenem Reiz.
Von Renate Wagner
Die Firma Hagenauer Als „Künstler“ wollte Franz Hagenauer nie bezeichnet werden. Er mochte das Wort nicht, vielleicht, weil er zu viele „Künstler“ mit ihren Allüren erlebt hatte. Das Selbstverständnis seines Schaffens lag auf dem „Handwerk“, und das wurde ihm als Familientradition gewissermaßen in die Wiege gelegt.
Er war das letzte von fünf Kindern von Carl Hagenauer, der als Gürtler und Ziseleur begonnen hatte und 1898 eine eigene Werkstätte gründete, die sich auf Kunstgewerbe und Kleinplastiken in Metall spezialisierte. Drei der Kinder haben die Firma nach seinem Tod (1928) weiter geführt, die Tochter Grete war für die Finanzen zuständig, Karl, der den Vater als Leiter der Firma nachfolgte, und Franz bestimmten die künstlerische Linie. Franz übernahm die Firmenleitung nach Karls Tod (1956) und führte sie in den nächsten 30 Jahren bis zu seinem eigenen Tod. Ein Jahr danach, 1987, wurde die Werkstatt Hagenauer geschlossen.
Franz Hagenauer Talent wurde erkannt und von Anfang an gefördert, schon als Zwölfjähriger besuchte Franz Hagenauer einen Jugendkurs an der Kunstgewerbeschule in Wien. Bildhauerei studierte er später bei keinem Geringeren als Anton Hanak, und ein anderer seiner Lehrer, Josef Hoffmann, lobte sein Können, seine Begabung und seinen Erfindungsreichtum. Franz Hagenauer trat als Zwanzigjähriger in den väterlichen Betrieb ein und befasste sich mit dem kunstgewerblichen Angebot. Darüber hinaus betrieb er die Bildhauerei in Metall, schuf seine stilisierten Büsten und Figuren, wurde Mitglied der Secession, nahm an internationalen Ausstellungen und Kunstmessen teil (darunter 1925 Paris, 1930 Mailand und 1934 an der Biennale in Venedig). Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte er eine Zeit lang in Salzburg, kehrte aber nach Wien zurück und leitete ab 1962 die Meisterklasse für freies Gestalten in Metall an der Hochschule für angewandte Kunst. Nicht erst nach seinem Tod ist Hagenauer ein international anerkannter und vielfach gesammelter Künstler.
Schalen, Lampen, Figuren oder Was Metall alles kann Die Ausstellung im Leopold Museum widmet sich auch der „angewandten Kunst“ Hagenauers, so wie er sie aus Kupfer, Messing oder anderen Metallen gestaltete. Kurator Ivan Ristić hat Werke aller Genres und aus allen Schaffensperioden zusammen getragen. Ob Tierfiguren, ob Schalen und Gefäße, die Werke zeichnen sich durch meisterliche Leichtigkeit und einen geradezu humorvollen Schwung aus. Zwei Beispiele für jüdische siebenarmige Leuchter zeigen die Variationsbereitschaft: In den dreißiger Jahren führte Hagenauer sie zwar „modern“ und leicht, aber noch nach klassischen Vorbildern mit geschwungenen Armen aus, während er in den achtziger Jahren sieben gerade, schmale Metallsäulen, in der Größe von der Seite zur Mitte aufsteigend, schuf. Originelle lebensgroße Musikerfiguren zeigen das Eingehen auf den „Markt“ – für die Ausstellung wurden zu einem Tableau zusammen gefügt. Schier unglaublich die handwerkliche Meisterschaft, die in diesen Werken steckt.
Die rätselhaften Köpfe Franz Hagenauer, der im Lauf der Jahre stilistische Einflüsse von den allgemeinen künstlerischen Entwicklungen seiner Zeit empfing, hatte dennoch eine unverkennbare Eigenheit: seine Metallköpfe, die immer stilisierter, dünner, fremder, gesichtsloser, seltsamer wurden, aber stets unverkennbar. Kaum der Secession, weit eher dem Art Deco zuzuordnen. Das Oval in allen nur möglichen Ausprägungen kann als sein Markenzeichen gelten – daneben zeugen spindeldürre, sich vielfach verrenkende Menschenfiguren von seinem eigentümlichen Humor. Hier hat ein Mann seinen Stil gefunden und in unendlicher Vielfalt variiert.
Mehr Hagenauer folgt Das Interesse ist nachhaltig geweckt. Wenn das MAK im Oktober der „Werkstätte Hagenauer“ und damit der Wiener Metallkunst eine Ausstellung widmen wird, möchte man unbedingt dabei sein.
WIEN / Leopold Museum:
FRANZ HAGENAUER
Bis zum 12. September 2022,
täglich außer Dienstag von 10 bis 18 Uhr