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WIEN / Kunstforum: FASZINATION JAPAN

10.10.2018 | Ausstellungen, KRITIKEN

WIEN / Bank Austria Kunstforum:
FASZINATION JAPAN
MONET VAN GOGH KLIMT
Vom 10. Oktober 2018 bis zum 20. Jänner 2019

Der Zauber des „Anderen“

Europas Begeisterung für das (kulturelle) Andere war immer groß. Das begann im 16. Jahrhundert, als die Schätze aus Amerika in die Welt Karls V. flossen. Im Barock entzückte man sich an China – jedem Schloß sein chinesisches Zimmer. Später äußerte sich die Lust am Exotischen im „Orientalismus“ (mit Haremsdamen), als Maler nach Nordafrika und den Nahen Osten reisten. Dann begeisterten sich deutsche Künstler für die Masken Afrikas und der Südsee. Und Japan – ja, Japan war eine Faszination, die sich erst spät entfaltete – und bis heute nichts von ihrem Zauber verloren hat. Eine Ausstellung im Kunstforum macht das mit rund 150 sowohl europäischen wie japanischen Objekten klar.

Von Heiner Wesemann

Sonderfall Ostasien Sowohl China wie Japan haben lange Zeit versucht, sich von der Mitwelt abzuschotten, Fremde nicht in die Nähe zu lassen. Beide Länder wurden von europäischen Handelsinteressen letztendlich zum „Kontakt“ gezwungen. 1854 erreichten die Amerikaner unter Druck im Vertrag von Kanagawa die Öffnung der japanischen Häfen, und in der Folge wurde Japan auch in Europa „modern“, zuerst in Frankreich, dann auch in Deutschland, Österreich und den Niederlanden. Am hingerissensten waren die Künstler von dem, was sie zu sehen bekamen – von der Ästhetik, der Ornamentik, der Eleganz und Schönheit der japanischen Kunst, ob Holzschnitte, ob Kunstgegenstände. „Japonismus“ wurde ein Zauberwort, Japanisches wurde zu Sammelobjekten. „Ukiyo-e“, die klassischen japanischen Malereien und Holzschnitte, wurden zu einer Inspiration, die sich bei vielen europäischen Künstlern nachvollziehen lässt. In Österreich waren es nicht nur Gustav Klimt und Josef Hoffmann, die sich hier im Zeichen des Ornaments und des Formalen begeisterten. Die Wiener Weltausstellung von 1873 hatte Japan hierzulande zum Thema gemacht.

In Paris begann’s Es waren die Pariser Weltausstellungen von1867 und 1878, wo sich das Land – wenn es denn sein musste – großartig präsentiert hatte. Das hatte Folgen. Wer heute das Haus von Claude Monet in Giverny besucht, wird in einem Raum seine nicht unbedeutende Sammlung japanischer Objekte bewundern können. Die Wiener Ausstellung bereichert tatsächlich mit ein paar exquisit schönen Gemälden die Kenntnisse der Monet-Schau in der Albertina. Allerdings kann man gerade in seinem Fall feststellen, dass Themen- Ausstellungen wie jene im Kunstforum möglicherweise zur Überinterpretation neigen. Es gibt zweifellos Zuschreibungen, die man in Frage stellen kann. Etwa, ob ein so typischer Monet wie „Waterloo Bridge“, wo ein Schimmer von starkem Rosa in anderen Pastellfarben verschwimmt, tatsächlich japanischen Einfluss zeigt. Dass die Plakatkunst des Toulouse-Lautrec, prominent vertreten, Verwandtschaften zum japanischen Holzschnitt aufweist, scheint hingegen fraglos. Manet, Degas, Bonnard, Vuillard und Vallotton sind auf französischer Seite vertreten, und auch Van Gogh ging am „Japonismus“ nicht vorüber. Und dann gibt es – um bei den großen Namen zu bleiben – bemerkenswerte Beispiele von Edvard Munch. Man war, von Künstler zu Künstler, von der Hochwertigkeit der japanischen Werke hingerissen und scheute die Inspiration nicht.

Japan als „Damenmode“ Die Ausstellung, die zwei exquisit schöne Kimonos unter den japanischen Objekten zu bieten hat, zeigt die Japonismus-Mode auf die augenfälligste Weise. Das Publikum wird im Zentrum der Eingangshalle von einem Gemälde begrüßt, das eine schöne, rothaarige Europäerin zeigt, die sich in einem hellblauen, kimonoartigen Gewand im Spiegel bewundert. Der Künstler ist Alfred Stevens, ein hierzulande nicht allzu bekannter Belgier, aber das Sujet ist signifikant. „Die Japanerin“ als solche wurde zum Thema, auch für Hans Makart, und Frauen, die sich in kimonoartigen Gewändern räkeln, sind zahlreich vorhanden. Es waren letztendlich auch die Ornamente, die faszinierten – Beispiele dafür stellen später mühelos den Zusammenhang zur Wiener Werkstätte her. Emil Orlik zählte zu den Künstlern, die Japan nicht aus zweiter, sondern aus erster Hand als Reisende erlebten und der dort selbst Holzschnitte zu japanischen Sujets (in einer Art Mischstil) herstellte.

Der Zauber der Originale Es wäre zu wenig, wenn die Ausstellung nur europäische Kunstwerke böte. Man hat auch japanische Objekte wie Vasen, Teegeschirr, Schalen, Kämme, Fächer, Stoffe ausgestellt. Aus dem Privatbesitz von Gustav Klimt finden sich in der Ausstellung Lackkästchen und winzige Schnitzfiguren – weniges ist von seiner großen Sammlung auf die Nachwelt gekommen. Blickfang sind aber vor allem die japanischen Bilder und Holzschnitte mit ihren herrischen Gesichtern, dramatischen Kampfszenen, aber auch Alltagsbildern, den großartigen Tierdarstellungen, den Frauenbildnissen und nicht zuletzt der Erotik. Hier kann man bis heute dem „Japonismus“ verfallen, der Reiz ist ungebrochen.

„Interventionen“ österreichischer Künstlerinnen Man hat unter der Vorgabe des Themas „Teehaus“ drei Werke von heutigen Künstlerinnen eingefordert. Am elegantesten hat Eva Schlegel aus Spiegeln und hängenden Ketten ein Objekt in den zentralen Ausstellungstraum gesetzt. Politischer sind die beiden anderen – Margot Pilz, für die das Teehaus eine Erinnerung an eigene Gefangenschaft unter den Japanern war, und Stephanie Pflaum, die im letzten Raum (wo das Thema „Geister“ spukt) eine Art beängstigender Hütte, von innen beleuchtet und mit Objekten behängt, geschaffen hat… Dazu kommen als zeitgenössischer Kommentar noch Videofriese von Max Parovsky – Bilder von Japan einst und heute ziehen unter der Decke an den statischen Kunstwerken darunter vorbei.

Bank Austria Kunstforum Wien
FASZINATION JAPAN
MONET VAN GOGH KLIMT
Vom 10. Oktober 2018 bis zum 20. Jänner 2019
Täglich von 10 bis 19 Uhr, Freitag bis 221 Uhr

 

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