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WIEN/ Konzerthaus: SIMON BOCCANEGRA – konzertant

14.04.2013 | KRITIKEN, Oper

WIEN/ Konzerthaus: SIMON BOCCANEGRA – konzertant, im Rahmen des Zyklus „Great Voices“

 Die Spitzenveranstaltung dieses Zyklus war zweifellos die, der Great Voice von Thomas Hampson gewidmete, konzertante Aufführung Verdis Simon Boccanegra. Nach Jolanta mit Anna Netrebko und dem Soloabend von Joseph Calleja kamen wir diesmal in den Genuss der komplettesten Darbietung der Serie.

Die Wiener Symphoniker bewiesen, dass auch sie ein hervorragendes Opernorchester sind; die aus den sinfonischen Konzerten bekannten Stärken – besonders hervorzuheben ist das exzellente „Blech“ dieses Klangkörpers – bereiteten, gemeinsam mit dem sowohl mächtigen als auch feinfühlig klingenden Chor der Wiener Singakademie eine solide Basis. Ein großes Kompliment gebührt Maestro Massimo Zanetti am Pult. Er sorgte mit großer Geste für temperamentvolles Musizieren, schaffte es aber souverän, dass die Gesangssolisten niemals zugedeckt und deshalb zum Forcieren verleitet wurden. So war die Voraussetzung für einen Abend der Great Voices mit gepflegter Pianokultur geschaffen.

 Thomas Hampson in der momentanen stimmlichen Verfassung ist als Simon Boccanegra eine Traumbesetzung. Lustvoll lässt er seinen balsamischen Kavalierbariton strömen und zeigt uns zarte Piani – und das bis in tenorale Höhen. Einzig die dramatischen Ausbrüche sind nicht die stärkste Seite dieses Weltklassesängers, der nun, nach längerer Abwesenheit zum Glück wieder in Wien zu erleben ist.

 Ebenso beeindruckt hat die bisher von uns noch nicht live gehörte Kristine Opolais als Amelia Grimaldi. Die junge, aufstrebende lettische Sopranistin singt mit klarer, unmanirierter Stimmführung wunderschön in allen Lagen. Wir freuen uns schon auf ein baldiges Wiederhören – ab 19.4. als Mimi in der Staatsoper!

 Der italienische Bass Carlo Colombara war als Jacopo Fiesco sowohl in der Rolle als auch vom Stimmtyp her der Gegenspieler zu Thomas Hampson. Die raueren Töne gelangen eindrucksvoll – der Stimmumfang war beeindruckend; auf die gefühlvollen Passagen „a la Furlanetto“ wartet man allerdings vergeblich..

 Gabriele Adorno, der tragische Held ist bei Joseph Calleja gut aufgehoben. Der maltesische Tenor hinterließ diesmal einen authentischeren Eindruck als bei seinem Soloabend, der von uns mit dem Motto „Nessun dorma – be my love – Ein Tribut für Mario Lanza“ etwas den Eindruck einer Mogelpackung erweckte. Er sang die gesamte Partie sicher und ohne Probleme – dass uns seine Stimmfärbung mit dem flackernden Timbre nicht begeistert ist sicher Geschmackssache.

 Die kleineren Rollen waren sehr gut und ohne Schwachpunkte besetzt: Luca Pisaroni (Paolo Albiani), Igor Bakan (Pietro), Andrew Owens (Capitan) und Gaia Petrone (Magd) standen natürlich im Schatten der „Great Voices“, lieferten aber wichtige Momente für diese ambitionierte konzertante Aufführung, bei der durch viele gut gestaltete Miniatur-Szenen niemals Langweile aufkam. Ein intellektueller Regisseur, der die Geschichte zur Eigentherapierung nützt, hat überhaupt nicht gefehlt.

 Auf dem Heimweg haben wir ganz beglückt festgestellt, dass wir in dieser Saison in fünf verschiedenen Wiener Spielstätten berührende Opernabende erlebt haben. Wenn jetzt noch der heutige Rigoletto unsere Hoffnungen erfüllt, kann man nach Eugen Onegin, Simon Boccanegra und Rigoletto von einem denkwürdigen Opernwochenende sprechen – es ist schön, in Wien Opernfreund zu sein.

 Maria und Johann Jahnas

 

 

 

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