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WIEN/ Konzerthaus / "Resonanzen": SONNENAUFGANG IN NEAPEL

WIEN/ Konzerthaus/ Großer Saal:  „Sonnenaufgang in Neapel“ am 25.1.2015

Als Folge des spanischen Erbfolgekrieges wurde Neapel 1713 wieder den Habsburgern zugesprochen. Karl VI, der zu diesem Zeitpunkt keinen männlichen Erben hatte, traf mit der Pragmatischen Sanktion Vorsorge, dass auch Töchter in den Erblanden erbberechtigt sind. 1716 gelangt nun die Kunde von der Geburt eines Sohnes nach Neapel und zusätzlich zu den von den Habsburgern angeordneten Festlichkeiten gab es als Ergebenheitsadresse des alten neapolitanischen Adels spanischer Provenienz eine Serenata a 5 „La gloria di primavera“ von Alessandro Scarlatti. In dieser Serenata streiten sich die vier Jahreszeiten, wer von ihnen den größten Anteil an dem neuen Thronfolger habe. Der zur Schlichtung dieser Diskussionen aufgerufenen Jupiter gibt schließlich dem Frühling den Vorzug, anerkennt aber auch den Anteil der übrigen Jahreszeiten. Gemeinsam freuen sie sich auf der herannahende goldene Zeitalter, in dem Milch und Honig fließen werden. (Der hochgepriesene Knabe Leopold verstarb leider ein halbes Jahr später, es kam zum Erbfolgekrieg, aber Österreich kam zu seiner „Kaiserin“ Maria-Theresia und wer würde an der Ringstraße auf die Museen aufpassen, wäre der Thronfolger nicht gestorben ?)

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Lucia Napoli-Primavera

Für einen Veranstalter ist es sicher nicht angenehm, wenn bei einem selten gespielten Werk gleich zwei Sänger relativ kurzfristig absagen. Sowohl Marianna Pizzolato (die ihrerseits Gerhild Romberger ersetzen sollte), als auch Maria Keohane mussten die Partien Frühling und Sommer krankheitsbedingt zurücklegen und schließlich sang Lucia Napoli mit klarem Mezzo den Frühling und die 24-jährige Sopranistin Francesca Aspromonte legte als Sommer eine beachtliche Talentprobe ab. Der Herbst wurde von der englischen Altistin Hilary Summers mit sehr kontrollierter Stimme stilsicher gesungen. (Ihre Robe war auch rollengerecht in Herbstfarben gehalten.) Der Winter wird bei Scarlatti interessanterweise nicht einem Bass, sondern einem sehr flexiblen Tenor anvertraut. Dieser stand mit Luca Cervoni auch zur Verfügung. Der arme Jupiter muss fast bis zur Pause auf der Reservebank verharren, ehe er seinen ersten Einsatz hat. Salvo Vitale hat die für diese Partie ideale flexible Stimme mit einer eindrucksvollen Tiefe.

Das Concerto Romano mit seinem Konzertmeister Paolo Perrone, der zu einer Jupiter-Arie eine schöne Solobegleitung beiträgt unter Alessandro Quarta war ein farbenfrohes, transparent klingendes Ensemble. Beim Dirigenten merkt man, dass er selbst ursprünglich Sänger war, so liebevoll kümmerte er sich um die Solisten.

Wer war eigentlich verantwortlich für die Angabe der Aufführungsdauer im Programmheft ? Es ist wohl klar, dass diese nicht auf 5 Minuten stimmen kann, aber eineinhalb Stunden für ein Werk anzugeben, das fast dreieinhalb Stunden dauert, ist doch arg verschätzt und hat die Planung einiger Besucher gewaltig durcheinander geworfen.

Wolfgang Habermann

 

 

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