WIEN / Kunsthistorisches Museum ( Kunstkammer
WACHS IN SEINEN HÄNDEN
DANIEL NEUBERGERS KUNST DER TÄUSCHUNG
Vom 11. Februar 2025 bis zum 9. Juni 2025
Das schillernde Barock
Jonathan Fine, der neue Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums, stellt sich in seinem Amt nicht mit einer spektakulären Großausstellung ein. Was hier in eineinhalb Räumen am Rande der Kunstkammer geboten wird, kann man vor allem als – in jeder Hinsicht – „klein, aber fein“ bezeichnen. Und der Titel der Präsentation ist nicht metaphorisch gemeint: Bei „Wachs in seinen Händen“ geht es tatsächlich um – Wachs. Und wenn der Name Daniel Neuberger, dessen „Kunst der Täuschung“ in einigen Klein-Objekten hier präsentiert wird, es auch nicht in die Gegenwart geschafft hat – nun kennt man ihn.
Von Renate Wagner
Daniel Neuberger (1621–1680) Sein Geburtsdatum, den 17. Februar 1621, konnte man aus einem Dokument über seinen Tod, der mit dem 15. Juli 1680 als Begräbnistag angegeben wird, zurück rechnen. Geboren in eine Künstlerfamilie in Augsburg, lag der eigene Lebensweg klar vor Daniel Neuberger. Schon der Vater, auch er „Daniel“ genannt, gab seine Profession als „Wachsbossierer“ an. Der jüngere Neuberger – in vielen Künsten erfahren, aber vor allem der Großmeister des Wachses – war knapp 30, als er 1650 an den Wiener Kaiserhof kam, wo damals Kaiser Ferdinand III. herrschte. Während seiner 13 Jahre in Wien wechselten die Herrscher, Ferdinands ältester Sohn Ferdinand IV. (mit Königstiteln bedacht) starb noch vor dem Vater, und der zweite Sohn, Leopold I., rückte nach und folgte ihm 1658 in der Kaiserwürde.
Für sie alle schuf Neuberger in Wachs bemerkenswerte oft kleinformatige Werke, von denen allerdings nur wenige erhalten sind. Neuberger war „Hofkünstler“ mit fixem Gehalt, was für die Schätzung spricht, die man ihm entgegen brachte. Bei hohem Besuchen am Kaiserhof prunkte man mit ihm, indem man die Gäste durch seine Werkstatt führte. Dass Neuberger trotz seiner eminenten Erfolge 1663 Wien verließ, wird in dem biographischen Beitrag im Katalog damit erklärt, dass der Osmanen-Ansturm immer näher kam, und es ihm wohl sicherer schien, sich mit Gattin und sechs Kindern nach Westen zu begeben. Allerdings folgten nun unstete Wanderjahre, in denen er andere fürstliche Auftraggeber suchte (u.a. für Steinschneider-Werke) und sich auch im Kunsthandel betätigte, bis er 59jährig in Regensburg starb. So, wie er evangelisch getauft worden war, wurde er am evangelischen Friedhof begraben – seine Religion war für die katholischen Habsburger offenbar kein Problem gewesen.
Welt der Illusionen und Kuriositäten Neuberger lebte in einer schillernden barocken Welt, in der jene Kunstkammerobjekte blühten, für die das Wiener Kunsthistorische Museum berühmt ist, weil die Habsburgischen Herrscher so viel dafür übrig hatten. „Trompe-l’œil“, die Täuschung des Auges, hatte gleicherweise einen spielerischen wie philosophischen Aspekt. Und im übrigen ging es um Kunstfertigkeit. Wenn Neuberger unter Hinzufügen verschiedener Elemente Wachs erscheinen lassen konnte wie geschliffener Stein, wie Elfenbein, wie Holz oder wie Stoff, erregte das die höchste Bewunderung (bis heute übrigens). Es heißt, dass er – wohl in der Größe späterer Zinnsoldaten – in Wachs ganze Schlachten nachgestellt hat. Aber er schuf auch – so klein, dass man Details eher in der Abbildung als im Original erkennen kann – 60 Szenen aus den Metamorphosen des Ovid.
Die Kaiser selbst als Thema Das Hauptwerk der Ausstellung ist „Der Tod Kaiser Ferdinands III. als Sinnbild der Vergänglichkeit“, ein klassisches barockes „Memento mori“-Sujet mit kleinen wie „tanzenden“ Skeletten in einem Glaskasten, von denen man schwören würde, dass sie aus Elfenbein sind.
Erhalten hat sich auch eine Büste von Kaiser Leopold I., die noch Rätsel aufgibt, denn man weiß von einem „Kaiser-Automaten“, der in der Täuschungswelt der Zeit ruht und vermutlich wirklich eine mechanische Figur war, die man bewegen konnte. Möglicherweise handelt es sich bei diesem Werk um den einst dazu gehörten Kopf…
Es ist von der Menge her nicht übermäßig viel, was man in dieser Ausstellung zu sehen bekommt, aber als tiefere Einblick in die Kunstkammer-Welten des Barocks mit ihren außergewöhnlichen Ideen bietet diese Ausstellung – ein wenig Spezialinteresse voraus gesetzt – so viel Originelles wie Interessantes.
Kunsthistorisches Museum, Raum XXI
Wachs in seinen Händen
Daniel Neubergers Kunst der Täuschung
Vom 11. Februar 2025 bis zum 9. Juni 2025
Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr
Donnerstag, 10 bis 21 Uhr Montag geschlossen