WIEN / Kunsthistorisches Museum:
REMBRANDT – HOOGSTRATEN
Vom 8. Oktober 2024 bis zum 12. Jänner 2025
Endlich Rembrandt!
Endlich Hoogstraten!
Auch Generaldirektorin Sabine Haag mag nicht zu erklären, warum das Kunsthistorische Museum (dessen Leitung sie Ende des Jahres abgeben wird) bisher so gut wie alle „Alten Meister“ in Großausstellungen gewürdigt hat – und Rembrandt noch nie, obwohl das Haus selbst sechs bemerkenswerte Werke von ihm besitzt. Nun schenkt sie sich, dem Publikum und den Künstlern ihre großartige „Abschiedsvorstellung“, wobei Kuratorin Sabine Pénot einen besonders interessanten Aspekt gefunden hat: Sie ergänzt den Großmeister um die Werke eines seiner bemerkenswertesten, nicht ausreichend bekannten Schülers, Samuel von Hoogstraten. Da ist technisch und inhaltlich vieles zu entdecken.
Von Renate Wagner
Rembrandt (1606-1669) Er ist einer der Spitzenkünstler nicht nur der niederländischen Malerei und des 17. Jahrhunderts, sondern der Weltkunst überhaupt. Künstler wie er prägen „Goldene“ Zeitalter. Der Meister von „Hell Dunkel“ war umfassend in der Thematik seiner Gemälde und unermüdlich im Erforschen der technischen Möglichkeiten der Malkunst, was diese an Tiefenwirkung und Lichtspielen erreichen kann. Dass ihm heute nur noch gut 350 Gemälde gesichert zugeschrieben werden können, etwa dieselbe Zahl unter „Rembrandt-Schule“ figuriert, hat mit der Bedeutung seiner „Werkstatt“ zu tun, die junge Maler ausbildete und oft zu Nachahmern des Meisters machten. Viele aber gingen auch ihren eigenen Weg.
Rembrandt selbst Das Kunsthistorische Museum hat weltweit geborgt, um zu seinen eigenen sechs verbürgten Rembrandts noch 20 weitere aus aller Welt zusammen zu holen. Das ungemein suggestive und so gut wie nicht bekannte „Mädchen in einem Bilderrahmen“, das man auch als Plakatsujet verwendet hat, kam aus Warschau. Man sieht vor allem Porträts, wobei Wien mit der „Prophetin Hanna“, oft auch als Rembrandts Mutter gedeutet, ein herausragendes Alt-Frauen-Bild besitzt und mit dem „Titus“ ein wunderschönes Bild seines Sohnes. Dazu kommt etwa eine fast rubenshaft üppige Juno (aus Los Angeles). weiters gibt es zahlreiche religiöse Darstellungen – die „Predigt Johannes des Täufers“ kam aus Berlin oder „Die Heilige Familie mit dem Vorhang“ aus Kassel
In neuem Licht: das „Kleine Selbstporträts“ Rembrandt hat sich selbst im Lauf seines Lebens immer wieder gemalt. Das faszinierende „Selbstporträt mit Palette und Malstock“ mit der unverkennbaren Stoffmütze kam aus London, aber Wien besitzt selbst zwei seiner wichtigsten Selbstporträts, wobei Ausstellungsgestalterin Sabine Pénot (Kuratorin für altniederländische und holländische Malerei an der Gemäldegalerie des KHM) nicht zu viel versprach, als sie meinte, man würde das „Kleine Selbstbildnis“ des etwa Fünfzigjährigen „nicht wiedererkennen“. Tatsächlich hat man im Haus intensive Restaurierungsarbeit geleistet, und das Bild leuchte in Farben, die man gar nicht mit Rembrandt in Zusammenhang bringen würde, dessen Bilder ja auch aus dem „Gedeckten“ der Farbgebung einen großen Teil seiner Wirkung beziehen.
Samuel van Hoogstraten (1627–1678) Zwei Jahrzehnte, also eine knappe Generation jünger als Rembrandt, trat der in Dortrecht Geborene ab 1641, also als 14jähriger, in Rembrandts Werkstatt ein und verbrachte dort mehrere Jahre. Im Gegensatz zu seinem Meister, der sich nicht aus den Niederlanden fortbewegte, war Hoogstraten die meiste Zeit seines nur 51jährigen Lebens unterwegs und vielfach erfolgreich, ob in Den Haag, London, Rom oder – Wien. Dass Hoogstraten, von dem das KHM eine beeindruckende Fülle von Bildern zusammen getragen hat, dennoch nicht sonderlich populär geworden ist, versucht man auch mit seinen vielfältigen Talenten zu erklären: So hat er beispielsweise eine grundlegende Abhandlung über die Malkunst geschrieben, „Inleyding tot de hooge schoole der schilderkonst, anders de zichtbaere wereld“ („Einführung in die Hohe Schule der Malkunst; oder Die sichtbare Welt“), die in der Wissenschaft sehr bekannt ist und aus der Kunsthistoriker viel über die Arbeit Rembrandts, die Hoogstraten genau beobachtet hat, erfahren konnten.
Abstecher in Wien 1751 kam Hoogstraten nach Wien, wo schon sein Bruder erfolgreich tätig war, und fand am Hof des überaus kunstsinnigen Kaisers Ferdinand III. Arbeit.
Er malte eine Ansicht der Hofburg, und zwar jenen Blick auf die Amalienburg, den der Kaiser von seinen Gemächern aus hatte, und sein Meistergemälde „Alter Mann am Fenster“ ist nicht mehr im Stile, wohl aber annähernd in der Qualität Rembrandts einzuordnen. Eine neue Art von Stillleben entstand durch Hoogstratens raffinierte „Steckbretter“ – ein Brett und zwei quer gespannte Lederriemen, in die überaus kunstvoll verschiedene Dinge hinein geschoben wurden. (Die Wiener Ausstellung bietet den Besuchern am Ende an, selbst per Computer individuelle Steckbretter zu erstellen…)
Nebeneinander – alt und neu Die besonders schön gestalteten Räume im KHM bieten immer wieder einen Paarlauf zwischen Lehrer und Schüler, man hängt tSelbstporträts, ähnliche Heiligensujets, Stillleben oder Frauenbildnisse neben einander, um erfolgreich zu beweisen, wie viel Hoogstraten übernommen und gelernt hat – und wo er sich abnabelte. So werden für ihn Sujets interessant, die Rembrandt vermutlich nicht in den Sinn gekommen wären. Bilder des Alltags, wie jenes „Die Pantoffel“ genannte (aus dem Louvre nach Wien gekommen), das den Blick durch eine Türe in ein Zimmer gewährt – und man die titelgebenden Pantoffel am Boden regelrecht suchen muss. Das zeigt nicht zuletzt Humor. Auch macht Hoogstraten die Theorie, um die es in Rembrandts Werkstatt immer ging, zum Thema, wenn er etwa eine „Perspektivische Ansicht mit einem lesenden jungen Mann in einem Renaissancepalast“ malt, ein Beispiel für überaus komplizierte Strukturen.
Wer es genau wissen will In den Kabinetten neben den Ausstellungssälen wird Theoretisches für Interessierte geboten, ob es um die Fragen von Optik, Perspektive und Ähnlichem ging, mit dem man sich damals beschäftigte, Man bekommt auch eine Ahnung von den aufwendigen Restaurierungsarbeiten. So hat man im KHM das Thema dieser beiden Maler, ihrer Beziehung, ihrer Entwicklung, so komplex wie möglich dargestellt.
Kunsthistorisches Museum
Rembrandt – Hoogstraten
Farbe und Illusion
Vom 8.Oktober 2024 bis 12. Jänner 2025
Täglich geöffnet, 10-18 Uhr, Do und Sa bis 21 Uhr