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WIEN / KHM: RAFFAEL. GOLD & SEIDE

25.09.2023 | Ausstellungen, KRITIKEN

WIEN / Kunsthistorisches Museun:
RAFFAEL. GOLD & SEIDE
Vom 26. September 2023 bis zum 14. Jänner 2024  

Das Schönste vom Schönen

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Raffael, Gold und Seide, das ist ein Dreiklang, der die Phantasie anregt und zweifellos viele Besucher in die große Herbstausstellung des Kunsthistorischen Museums holen wird. Gemeint sind die Gold- und Seidenfäden, die, zusammen mit Wolle und anderen Edelmetallfäden, die Grundlage dafür bildeten, dass wahre Meister des Handwerks aus Raffaels Entwürfen Tapisserien schufen, deren Leuchtkraft und kunstvolle Detailfreudigkeit bis heute verblüffen und begeistern. Das KHM, das aus den Habsburgischen Beständen nach Spanien die zweitgrößte Tapisserien-Sammlung der Welt besitzt, zeigt nicht weniger als  17 der riesenformatigen Werke, 16 aus eigenem Besitz und eine Leihgabe aus dem Vatikan.

Von Renate Wagner

Tapisserien – einst ein repräsentativer Gebrauchsgegenstand    Allein im Gedanken an die unendliche Mühe der Herstellung und das außerordentliche Können, das gerade dieses Kunsthandwerk erfordert, erscheinen Tapisserien als der ultimative Luxus. Kaiser, die noch  wenige feste Residenzen hatten und stets unterwegs waren (wie Maximilian I. und auch sein Enkel Karl V., die auf die Arbeit der großen flämischen Manufakturen zurück greifen konnten). benötigten sie allerdings für ihren Alltag

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Wo immer man ankam, mochte das Quartier auch zweitrangig sein – hatte man die Räume mit Wandteppichen geschmückt, war das imperiale Ambiente gegeben (abgesehen davon, dass die Wandteppiche die Kälte abhielten und die Akustik verbesserten). Und natürlich bestellte man sich seine Luxusgegenstände mit den gewünschten Themen – Karl V. ließ etwa seinen Tunis-Feldzug in Tapisserien gestalten.

Die Raffael-Entwürfe, die den Schwerpunkt der Wiener Ausstellung setzen, wurden von Papst Leo X. bei Raffael bestellt (Vorgänger Julius II, hatte sich schon in die Kunstgeschichte eingeschrieben, indem er Michelangelo die Sixtina ausmalen ließ). Sie sollten die freien Flächen im unteren Teil der Kapelle bedecken.

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Die Wundertaten der Apostel Petrus und Paulus   Natürlich war das inhaltliche „Repertoire“ der Tapisserien so breit wie das der Malerei, Mythologisches, Antikes, Historisches. Und für den Papst natürlich Biblisches. Das berühmteste Motiv aus der Geschichte von Petrus und Paulus, das man Raffael stellte, ist jenes vom „Wunderbaren Fischzug“, das auch das Plakat der Ausstellung ziert (die Albertina lieh dazu ein Entwurfs-Blatt). Aber besonderes Augenmerk findet gleich im ersten Raum „Der Tod des Ananias“, aus dem einfachen Grund, weil die Vatikanischen Museen das Werk entliehen haben. Im Ganzen zeigt die Ausstellung sechs Tapisserien  nach Raffaels Entwürfen. Er hat manches Neue eingebracht und gefordert und solcherart die flämischen Handwerker vor besondere Anforderungen gestellt, denen sie allerdings unbedingt gewachsen waren.

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Das Schönste vom Schönen   Nicht nur „das Beste vom Besten und das Teuerste vom Teuren“, wie KHM-Direktorin Sabine Haag die gewebten Schätze charakterisierte, sondern auch das Schönste vom Schönen ist hier zu sehen, wobei das Riesenformat der Wandteppiche (die meisten sechs Meter hoch und mehr als vier Meter breit) natürlich verhindert, alle Details zu erkennen (da wird man auf den meisterlichen Katalog zurück geworfen). Aber allein, wenn man sich die Bordüren ansieht, sind der künstlerischen Phantasie keine Grenzen gesetzt, nicht nur ein bisschen „Rand-Schmuck“, sondern Gustostücke für sich selbst. Im übrigen besteht das besondere Vergnügen darin, wenn man Entwurfszeichnungen mit den Tapisserien vergleicht – dass hier vieles nicht übereinstimmt, liegt auch daran, wie man hörte, dass die Mitarbeiter von Raffaels Werkstatt, die seine Entwürfe dann in die Riesen-Kartons überführen mussten, die dann als Vorlage für die Arbeit in der Manufaktur benötigt wurden, sehr viel Eigeninitiative zeigten… Wie sehr Raffael weit über seinen Tod hinaus in Tapisserien „übersetzt“ wurde, erlebt der Besucher, wenn er am Ende vor der riesigen „Schule von Athen“ steht – dieses vielleicht berühmteste Bildnis, das Raffael für die Stanzen des Vatikan (und keinesfalls als Teppich-Vorlage) geschaffen hat, wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Frankreich (dem anderen großen Tapisserie-Land) gewebt, fast acht Meter (!) breit und viereinhalb Meter hoch.

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Die Kunst der flämischen Meister    Neben den Raffael-Werken zeigt die Ausstellung auch etwas von den flämischen Beständen des Hauses (nicht alles wurde zu Lebzeiten der Renaissance-Kaiser gekauft, Kaiser Franz II / I erwarb Gobelins im 18. Jahrhundert aus Italien, als sie bereits etwas aus der Mode gekommen waren). In Brüssel arbeiteten Barend van Orley. Pieter Coecke van Aelst oder Michiel Coxcie, um nur die größten Meister zu nennen. Auch sie schufen Zyklen, es gibt sowohl Beispiele von den „Sieben Todsünden“ (van Aelst) wie auch  den „Sieben Tugenden“ (Michiel Coxcie).

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Als flankierende Maßnahme zeigt die Ausstellung im KHM (die auf ihre reichen verschiedenen Sammlungen zurückgreifen kann) ebenso antike Statuetten (es ist erwiesen, dass Raffael sich bei Figuren wie dem „sterbenden Gallier“ in „Der Tod des Ananias“ von antiken Vorbildern inspirieren ließ), Bücher (etwa Vasari mit seinem Lobgesang auf Raffael) und andere dekorative Objekte der Zeit. In einem der Kabinette gibt es, samt Video und Arbeitsmaterialien, einen zumindest kursorischen Einblick in das Entstehen von Tapisserien aus den Händen von Meisterwebern.

WIEN / Kunsthistorisches Museun:
RAFFAEL. GOLD & SEIDE
Vom 26. September 2023 bis zum 14. Jänner 2024,
täglich außer Montag von 10 bis 18 Uhr, Donnerstag bi 21 Uhr  

 

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