WIEN / Kunsthistorisches Museum -Münzkabinett:
IN 80 MÜNZEN UM DIE WELT
Vom 26. April 2022 bis zum 23. April 2023
Aus den imaginären Geldbörsen von …
Archäologen und Historiker können den Aussagewert von Münzen nur in höchsten Tönen preisen. Tatsächlich aber waren sie Alltagsgegenstände, die notwendigerweise so gut wie jedermann mit sich herumtrug. Zumal Reisende – und wenn sie sich von Land zu Land begaben, füllten sich die Börsen mit unterschiedlichen Münzen, die dann auch (von Wechslern, die keinen guten Ruf hatten) immer wieder in neue Währungen getauscht wurden. Unter diesem Gesichtspunkt stellt das Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums die Geschichte unter dem Titel „In 80 Münzen um die Welt“ auf breite Basis. 16 mehr oder minder bekannte Persönlichkeiten wurden als „Reisende“ ausgewählt, der zeitliche Bogen reicht von der Ära von Alexander dem Großen bis zu den Beatles. Ort: die ganze Welt. Womit wurde jeweils gezahlt?
Von Renate Wagner
Das Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums Es sind „nur“ drei Räume im zweiten Stock des Hauses, die den Münzen zur Verfügung stehen, davon der letzte für Sonderausstellungen. Das bedeutet, dass man nur einen minimalen Bruchteil der Besitztümer (rund 600.000 Objekte zum Thema Geld, wobei in der Gegenwart immer weiter gesammelt wird) gezeigt werden können. Auch sind Münzen, weil klein und mit Vorder-und Rückseite bedacht, wobei man im allgemeinen nur die Vorderseite zeigen kann, keine „dankbaren“ Ausstellungsgegenstände. Der neue Direktor der Abteilung, Klaus Vondrovec, hat auf der Suche nach einem „populären“ Zugang nun (in Anlehnung an einen berühmten Buch- und Filmtitel) unter „In 80 Münzen um die Welt“ 16 Reisende mit je fünf Münzen versehen, mit denen sie im Zuge ihrer Fahrten konfrontiert waren.
Bunt gemischt: die Reisenden Der Mix der gewählten Akteure ist originell – selbstverständlich kommen jene Persönlichkeiten vor, die als „Reisende“ schlechthin in die Geschichte eingingen, also etwa Marco Polo (der in China mit gelochten Billig-Münzen konfrontiert war) oder die österreichische Reisende Ida Pfeiffer, deren Nachruhm glücklicherweise nachhaltig ist. Die 20-Dollar-Goldmünze, die sie aus dem im Goldrausch befindlichen Kalifornien mitbrachte, war ein Vermögen wert. Neben anderen großen Namen hat man auch „originell“ gewählt – welches Geld brauchten die Begleiter jenes Elefanten „Soliman“, der von Ceylon, wie es damals hieß, zu Kaiser Maximilian II. gebracht wurde? Diversität auch auf anderen Gebieten – Xuanazang, ein chinesischer Bettelmönch im 7. Jahrhundert n. Chr,, zwischen China und Indien pendelnd; oder Benjamin von Tudela, der bedeutendste jüdische Reisende des Mittelalters, der 13 Jahre unterwegs war, vor allem, um jüdische Gemeinden aufzusuchen; oder Bischof Wolfger von Erla, der als Patriarch von Aquileia auch mit Münzen zahlen konnte, die sein Bild trugen – denn er konnte Geld prägen lassen. Ebenso wie Zar Peter der Große (dessen Europa-Reise ja nicht zuletzt aus der Oper „Zar und Zimmermann“ bekannt ist…)
Die Fürstinnen der Antike Das älteste Beispiel einer Reisenden liefert Olympias, die Mutter von Alexander dem Großen, die zwar nicht so weit herumkam wie ihr Sohn, die Klaus Vondrovec aber interessanter erschien, weil man weniger über sie weiß. Ihr Sohn verbreitete in seinem Weltreich jene Münzen, die zwar das Antlitz des Herkules zeigten, aber eigentlich ihn selbst meinten…. Kleopatra hingegen, Ägyptens Königin, ließ ihr eigenes Konterfei auf Münzen prägen, die ja vielfach die Diskussion über ihre berühmte „Schönheit“ entzündeten, da die Bilder nicht unserem Schönheitsideal entsprechen… Boudicca war eine keltische Königin im Bereich des heutigen England, berühmt und verehrt für den harten Widerstand, den sie (allerdings vergeblich) den Römern entgegensetzte. Ihr Volk, die Iceni, prägte seine eigenen Münzen. Und da ist schließlich noch die römische Kaiserin Julia Domina, Gattin des Septimius Severus, die auf einer Münze selbst zwischen ihren beiden Söhnen dargestellt ist.
Künstler und Wissenschaftler unterwegs Im Zeichen der Vielfalt zeigt die Ausstellung noch Paracelsus, der im 16. Jahrhundert viel herumkam und sich seine Heilkunst teuer bezahlen ließ. Den Maler El Greco, der gleichfalls auf der Suche nach „Kunden“ viel reiste. Den Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry, den seine Leidenschaft fürs Fliegen bis Guatemala brachte, bevor er mit seinem Flugzeug südlich von Marseille ins Meer stürzte. Und schließlich die Musiker – man weiß, dass schon der kleine Mozart in seiner „Wunderkind“-Zeit durch halb Europa geschleppt wurde. Die Beatles – wohl als Zugpferd für junge Leute in die Ausstellung genommen – machten hingegen ihre Welttournee von 1964 (mit 130 Konzerten in einem Jahr) freiwillig. Da sie sich nur im Gebiet des Commonwealth aufhielten, begegnete ihnen von Kanada bis Australien und Hongkong auf den Münzen überall das Bild von Queen Elizabeth II.
Leider kein Katalog Aus finanziellen Gründen (es geht immer ums Geld), wie Klaus Vondrovec bedauert, gibt es für diese Ausstellung keinen Katalog. Was besonders schade ist, da ja jede der fünf Münzen, die für jeden der 16 „Reisenden“ ausgewählt wurde, eine eigene Geschichte erzählt, die man in der Ausstellung gar nicht ausreichend behandeln kann. Immerhin sind die Münzen mit Bildern und Landkarten über Reiserouten gefällig flankiert, dazu gibt es Videomaterial und Touchscreen. Dennoch hätte man gerne mehr gewusst.
Kunsthistorisches Museum / Münzkabinett
In 80 Münzen um die Welt
Vom 26. April 2022 bis zum 23. April 2023
Di bis So, 10 bis 18 Uhr, Donnerstag, 10 bis 21 Uhr
Montag geschlossen