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WIEN / KHM: MICHAELINA WAUTIER

Dank an einen Erzherzog

30.09.2025 | Ausstellungen, KRITIKEN

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WIEN / Kunsthistorisches Museum::
MICHAELINA WAUTIER. MALERIN
Vom 30. September 2025 bis zum  22. Februar 2026

Dank an einen Erzherzog

Wenn von Malerinnen früher Epochen die Rede war, kannte man für das 16. Und 17. Jahrhundert Sofonisba Anguissola und Artemisia Gentileschi. Künftig wird man den bedeutenden Barockmalerinnen der Epoche einen weiteren Namen hinzufügen müssen, jenen von Michaelina Wautier (ca. 1614–1689), deren Wiederentdeckung in den letzten Jahrzehnten nun mit einer Ausstellung des Kunsthistorischen Museums gekrönt wird. Die Bestände dieser Künstlerin gehen auf den berühmten Habsburgischen Sammler Erzherzog Leopold Wilhelm zurück, der seine Aufgabe als Statthalter der Spanischen Niederlande nicht nur politisch verstand, sondern auch seinen künstlerischen Neigungen nachging. Seiner Sammlung verdankt das Kunsthistorische Museum einen großen Teil seiner „alten Meister“, und er hat auch die Qualität dieser Michaelina Wautier erkannt und zahlreiche ihrer Werke nach Wien gebracht, die nun in der großen Herbstausstellung des Hauses zu sehen sind.

Von Renate Wagner

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Michaelina Wautier    Sie wurde um 1614 in der belgischen Stadt Mons als Mitglied einer zahlreichen und wohlhabenden Familie geboren. Michaelina muss (wohl auf Betreiben der Mutter, der Vater war früh gestorben) eine umfassende Bildung erfahren haben, die Kunsthistoriker heute aus ihren Werken herauslesen können. Ihre Karriere als Malerin wurde ihr zweifellos erleichtert, da auch ihr älterer Bruder Charles Maler war und sie nicht nur von ihm lernen, sondern auch an seiner Werkstatt in Brüssel partizipieren konnte. Ihr überragendes Talent war offenkundig, sonst hätte sie in einer Welt, wo ein Rubens arbeitete, nicht so viel Erfolg gehabt. Erzherzog Leopold Wilhelm förderte sie und erwarb ihre Werke, (Allerdings befindet sich auf dem berühmten Werk „Erzherzog Leopold Wilhelm in seiner Galerie in Brüssel von David Teniers  aus dem Jahr1650 kein Werk von Michaelina). Männerporträts von ihrer Hand beweisen, dass sie bekannte Auftraggeber hatte. Selbstbewusst signierte die schöne Frau (wie man aus ihrem Selbstporträt schließen kann) ihre Werke mit „invenit et fecit“ – selbst erfunden und selbst gemacht. Obwohl Michaelina nach ihrem Tod 1689 bald in Vergessenheit geriet, haben diese Signaturen später zu ihrer Wiederentdeckung beigetragen.

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Wie es begann      Viele Maler sind im Strudel der Zeiten in Vergessenheit geraten. Wie kam es dazu, eine Künstlerin aus der Distanz von mehr als dreihundert Jahren wieder zu entdecken? Die belgische Kunsthistorikerin Katlijne Van der Stighelen kann für sich beanspruchen, dies vollbracht zu haben. Zuerst durch einen Zufall. Als sie während eines Symposions über niederländische Malerei Ende des vorigen Jahrtausends in Wien weilte, bat sie im Kunsthistorischen Museum darum, ein bestimmtes Gemälde zu sehen. Man führte den geschätzten Gast selbstverständlich ins Depot – und da hing es vor ihr, ein großformatiges Werk, offenbar eine Bacchus-Szene zeigend, in der Zuschreibung nicht ganz sicher – rein von der Thematik her kam man nicht auf die Idee, dass eine Frau dieses Bild gemalt haben könnte. Dass es kein Rubens war, erkannte Katlijne Van der Stighelen sofort – sich dann auf die Spuren der Künstlerin zu setzen, die das außerordentliche Werk geschaffen und sich selbst darin verewigte hatte (wohl als Ariadne), war eine Arbeit von Jahrzehnten und voll von Stolpersteinen. Denn die schriftliche Dokumentation über Michaelina Wautier war gering, es kostet viel Mühe, ihre Lebensgeschichte zu rekonstruieren und vor allem ihre Werke aufzufinden. Für die erste Ausstellung 2018 in Antwerpen war noch lange nicht so viel Material vorhanden, wie man nun in Wien zeigen kann. Aber, wie sowohl Katlijne Van der Stighelen wie auch KHM-Direktor Jonathan Fine und Gerlinde Gruberals Wiener Kuratorin versichern: Die Arbeit geht weiter.

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In vielen Genres zuhause     Der großformatige „Triumph des Bacchus“ ist Blickfang im Hauptraum, großartig in der Komposition eines thematisch so reich strukturierten Werks, wo der trunkene Bacchus in der Mitte von zahlreichen nackten (aber die Geschlechtsorgane geschickt verborgenen) Männer umgeben ist, während die schöne Frau rechts oben (Michaelina selbst) belästigt wird und zu ihren Füßen kleine Kinder mit einem Ziegenbock spielen. Ihre Fähigkeit als Malerin von Kindergesichtern ist noch vielfach zu bewundern. Aber sie malte auch virtuos auch alte Männer, faszinierende Heilige, und viel „Frommes“, das von echten Menschen inspiriert ist (die heilige Agnes und die heilige Dorothea wirken wie ganz normale Mädchen).. Bestrickend sind ihre Blumenbilder, auch dann besonderee Werke, wenn man weiß, wie hoch der Standard der Malerei damals war. Da man in der Ausstellung auch Werke von Zeitgenossen zeigt, hängt Michaelinas Selbstporträt neben einem von Rubens (wobei man nicht weiß, ob sie ihn persönlich gekannt hat), es gibt auch Werke von Anthony van Dyck. von ihrem Bruder Charles (ein exzellenter Maler, aber konventioneller als die Schwester), ein großes Porträt von Erzherzog Leopold Wilhelm, gemalt von dessen Hofmaler David Teniers.

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Ein Hauptwerk besonderer Art    Die Wiener Ausstellung kann auch wichtige Leihgaben präsentieren, vor allem die Serie über die „Fünf Sinne“, die aus Boston kam. Normalerweise wurden solche Allegorien mit gewisser Bedeutungsschwere dargestellt – bei Michaelina sind es fünf verschiedene Jungen. Einer hält sich einen Kneifer vor die Augen, ein anderer spielt mit durchaus verzücktem Gesichtsausdruck Flöte, einer hält ein offenbar fauliges Ei an der Hand und führt die andere zur Nase, einer fährt sich zweifelnd durch die Haare. einer beißt mit fragender Miene in ein Stück Brot. Alltagsszenen für Sehen, Hören, Riechen,  Fühlen. Schmecken, Es ist ein großer Gewinn, die Künstlerin Michaelina Wautier kennen zu lernen.

WIEN / Kunsthistorisches Museum::
MICHAELINA WAUTIER. MALERIN
Vom 30. September 2025 bis zum 22. Februar 2026
Täglich 10 bis 18 Uhr, Donnerstag und Samstag bis 21 Uhr

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