WIEN / Kammerspiele der Josefstadt:
SCHON WIEDER SONNTAG von Bob Larbey
Premiere: 26. März 2015,
besucht wurde die Vorstellung am 22. April 2015
Wer alt genug ist, erinnert sich, dieses Stück vor 20 Jahren bereits im Theater in der Josefstadt gesehen zu haben: „Schon wieder Sonntag“ von Bob Larbey, damals in der Regie von Helmut Griem mit Helmuth Lohner in der Hauptrolle gespielt. Das Altersheimstück, das nur bedingt lustig ist und punktgenau auf tragische Problematik hinzielt.
Ausgerechnet dieses Stück hat man hervorgeholt, um Otto Schenk – der Josefstadt als einstiger Direktor, oftmaliger Regisseur und Schauspieler aufs engste verbunden – ein Geschenk zu seinem 85. Geburtstag zu machen (der sich am 12. Juni jähren wird). Das Publikum füllt die Kammerspiele auch noch einen Monat nach der Premiere bis auf den letzten Platz, erwartet sich aber von „Otti“ wohl anderes als diese schwere Kost, die ihm da geboten wird…
Denn es gibt nur ein Thema hier: Altsein. Schenk spielt Cooper, den greisen Mann im Altersheim, dort, wo man nur hoffen kann, möglichst lange „oben licht und unten dicht“ zu bleiben, bis es dann so weit ist, dass beides sich verabschiedet. Die Gespräche drehen sich dann auch vor allem darum, wann man zum „Zombie“ wird (dass der Verstand leise Servus sagt) und wann es die Probleme, die tiefer angesetzt sind, geben wird und die Windelhose angesagt ist… Das mag nicht immer appetitlich sein, wahr ist es auf jeden Fall.
Und was den Titel betrifft – auch da ist Larbey gnadenlos. Jeden ersten Sonntag im Monat fahren Tochter und Schwiegersohn von Cooper die weite Strecke zum Altersheim, um den gesellschaftlichen Erwartungen zu entsprechen, dass man den „alten Mann besucht“, ohne ihm etwas zu sagen zu haben – und nur möglichst schnell wieder weg will. Pflicht erledigt. Das wird schroff aufgezeigt, und nur gegen Ende gibt es (amerikanische Stücke neigen nun einmal zur Sentimentalität) einen leisen Schimmer möglichen Verständnisses…
Helmuth Lohner, vor 20 Jahren der Cooper an der Josefstadt, inszeniert jetzt mit Freund Schenk und Harald Serafin als dessen Altersheim-Genossen, die beiden alten Männer im Zentrum des Geschehens. Er sorgt in der höchst passenden Ausstattung von Amra Bergman-Buchbinder dafür, dass die Pointen sitzen, aber im Grunde genommen zerreißt einem die tragische Wahrhaftigkeit dessen, was man da sieht, das Herz.
Wobei Otto Schenk noch der Aktive sein darf (und das Publikum immer wieder lachen macht, etwa mit seinen erotischen Anzüglichkeiten allen Frauen gegenüber), während Harald Serafin nach und nach tragisch im Vergessen versinkt… die Meisterleistung eines Schauspielers, der sich vielleicht zu Unrecht darauf konzentriert hat, immer nur als Komiker wahrgenommen zu werden. Na, noch ist es nicht zu spät.
Wunderschöner Kontrapunkt zu den alten Männern ist die zutiefst liebenswerte und herzliche Krankenschwester der Hilde Dalik, während Susanna Wiegand für drastischen Humor sorgt und Tochter und Schwiegersohn (Alexandra Krismer und Oliver Huether) in teilweise harschem Ton die Familienprobleme aufzeigen.
Das Publikum von Josefstadt und Kammerspielen ist traditionsgemäß nicht das jüngste. Mancher mag gekommen sein, um über Otto Schenk zu lachen und sah sich gnadenlos auf die Probleme der eigenen Endlichkeit zurückgeworfen.
Renate Wagner