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WIEN / Kammerspiele: DIE LIEBE GELD

24.09.2020 | KRITIKEN, Theater


´Fotos: Theater in der Josefstadt

WIEN / Kammerspiele der Josefstadt:
DIE LIEBE GELD von Daniel Glattauer
Uraufführung
Premiere: 24. September 2020,
besucht wurde eine Voraufführung

Als Corona letzten März einschlug, sind viele geplante Premieren ausgefallen. So kommt es, dass die Josefstadt jetzt in den Kammerspielen beim Nachholen der Produktionen eine Art Uraufführungs-Stau erlebt – allerdings keinesfalls von Werken, die lange überleben werden. War schon das Alzheimer-Stück von Peter Turrini von bescheidener Qualität (auch wenn zahlreiche Kritiker geradezu in Begeisterung ausbrachen), so fiel Daniel Glattauers „Die Liebe Geld“ noch viel schwächer aus. Was vielleicht die Substanz für einen viertelstündigen, bescheidenen Kabarett-Sketch hätte, wird hier auf leere eineinhalb Stunden ausgewalzt – eine einzige, ärgerliche Dürftigkeit.

Dabei hatte Daniel Glattauer in den Kammerspielen schon viel Erfolg, vor allem mit den zwei „Computer-Chat“-Stücken („Gut gegen Nordwind“. 2009, und „Alle sieben Wellen“, 2010). Auch das Ehepaar beim Eheberater war noch ganz amüsant („Die Wunderübung“, 2015), während das vorletzte Stück („Vier Stern Stunden“. 2018) schon auf sehr wackligen Beinen stand.

Aber noch immer halbwegs besser als „Die Liebe Geld“ – das Stück heißt wirklich so, man möchte zu „Das liebe Geld“ verbessern, aber nein, Geld als die Liebe des Verbrauchers und des Bankers ist das Thema.

Jeder hat sich schon einmal darüber geärgert, dass die Kreditkarte es nicht erreichen konnte, dass der Bankomat auch wirklich Bargeld ausspuckt. Und jeder hat sich wohl gefragt, als die Finanzskandale immer näher rückten (letzte Station Burgenland, Commerzialbank Mattersburg), ob man selbst vielleicht einmal mit leeren Händen dastehen könnte, wenn die kollabierenden Institute dann nicht mehr auszahlen können, was sie dem Sparer schulden… Eigentlich ein unangenehmes Thema.

Glattauer wollte eine Satire daraus machen – geworden ist es, wie erwähnt, bestenfalls ein Kabarettsketch. Da ist der zunehmend wütende Durchschnittsmensch, der dringend Geld braucht und keines bekommt (Roman Schmelzer rotiert sehr drollig in seinem Zorn). Und da sind die Leute, die zwar viel Geld verdienen, aber bei ihren Mitmenschen gar kein Prestige genießen: die Banker (Martina Stilp, ganz blonde Künstlichkeit, Michael Dangl, geschniegelte Glätte mit öliger Jovialität).

Selten hat man ein Stück gesehen,, das dermaßen auf der Stelle tritt, weder gedanklich noch szenisch weiter kommt. Die meiste Zeit hindurch sagen die Banker immer dasselbe, nämlich dass Herr Henrich, ungeachtet seiner bei der Bank veranlagten Ersparnisse, kein Recht auf sein Geld hat. Der wundert sich – und diese statische Situation kann man gar nicht so oft drehen und wenden, wie Glattauer es hier einfallslos tut. Es kommt einfach nichts dabei heraus.

Dann taucht noch die bescheidene Ehefrau des bescheidenen Durchschnittsmannes auf (witzig: Silvia Meisterle), zum Geburtstag wird ein sehr schlechtes Gedicht aufgesagt, weil das kein Geld kostet, und ja, am Ende gibt es eine Pointe. Nebbich, ist man versucht zu sagen.

Bis dahin ist man total erschöpft angesichts der Banalitäten, die sich hier in der Regie von Folke Braband komisch geben wollen. Sie sind es nicht. Sie ermüden nur – und verärgern in ihrer Dümmlichkeit. Und dabei wäre das am Ende doch sogar ein echte Thema gewesen?

Man kommt nicht umhin, angesichts der beiden letzten Uraufführungen in den Kammerspielen an den ewig gültigen Satz von Wilhelm Busch zu denken:

Gedanken sind nicht stets parat,
man schreibt auch, wenn man keine hat.

Renate Wagner

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Kammerspiele der Josefstadt
Premiere 24.September 2020

Daniel Glattauer

Die Liebe Geld

Uraufführung

Regie Folke Braband
Bühnenbild und Kostüme Stephan Dietrich

Alfred Henrich Roman Schmelzer
Ulli Henrich Silvia Meisterle
Frau Mag. Drobesch Martina Stilp
Dr. Julius Cerny Michael Dangl

 

 

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