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WIEN / Kammerspiele: DIE AFFÄRE RUE DE LOURCINE

Suff- und Kater-gestört

11.01.2025 | KRITIKEN, Theater

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Fotos: Theater in der Josefstadt

WIEN / Kammerspiele der Josefstadt:
DIE AFFÄRE RUE DE LOURCINE von Eugène Labiche
Deutsch von Elfriede Jelinek
Premiere: 11, Jänner 2025.
besucht wurde die Generalprobe

Suff- und Kater-gestört

Die beiden Herren haben in der Nacht gewaltig gesoffen und wachen am nächsten Morgen mit einem ebenso gewaltigen Kater, kombiniert mit Gedächtnislücken, auf. Sie sind die Helden des unbegreiflicherweise oft gespielten Einakters „Die Affäre Rue de Lourcine“ von Eugene Labiche, der im Grunde wirkt, als sei sein Autor beim Verfassen selbst besoffen oder Kater-gestört gewesen. Dennoch – ein Bühnenbild, fünf Personen und (schon in der aufgeblähten Form, die die Fassung von Elfriede Jelinek dem Stück gibt) gerade eineinhalb Stunden. Ein billiges Unternehmen für ein Theater.

Gelingen könnte es nur, wenn man das Geblödel scheinbar ernst nähme, aber das will keiner. So ist schon vor zehn Jahren im Burgtheater die Aufführung von Barbara Frey, luxusbesetzt mit Ofczarek, Maertens, Happel, Matic, Meyer, nach allen Regeln der Kunst gescheitert. Die Josefstadt schickt mit Michael Dangl und Marcus Bluhm immerhin zwei ihrer Protagonisten aus der ersten Reihe in die Kammerspiele. Nützt nichts. Es geht wieder schief.

Regisseurin Alexandra Liedtke fällt in einem stimmungslosen Bühnenbild (Philip Rubner, alberne Gegenwarts- Kostüme: Su Bühler) auch nichts anderes ein, als das Geblödel noch einmal slapstickartig zu überziehen und im übrigen immer wieder mit albernen Musikszenen zu einem Mini-Musical zu machen.

Man weiß nicht, was diese Geschichte einfach soll, in der Labiche wieder einmal (das taten er und seine Komödien-Zeitgenossen im Paris der Belle Epoche gerne) die Bürger von anno dazumal schreckte. Haben die beiden Kerle im Suff tatsächlich eine Frau umgebracht? Allein, dass sie es für möglich halten, spricht Bände – wird aber in der allgemeinen inszenatorischen Dummheit nie zum Thema. Hörte man nach der Vorstellung die Zuschauer-Kommentare beim Anstellen an den verbauten Garderoben, so haben tatsächlich viele nicht das Geringste mit dem Stück anfangen können.

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Michael Dangl als Lenglumé stehen die Haare spektakulär zu Berge, und der starre Blick der Ratlosigkeit verrät immer wieder, dass da vielleicht ein Mensch versteckt ist. Marcus Bluhm muss entschieden mehr überziehen und treibt damit dem Mistingue das eventuell mögliche Menschliche aus. Im Grunde sind sie nur auf- und zuklappbare Puppen. Und  Robert Joseph Bartl darf nicht einmal annähernd verraten, welche Funktion seine Rolle als Verwandter hat.

Besonders schwach die Damen: Kimberly Rydell als Lenglumés Gattin zickt sich ohne besondere Eigenschaften durch ihre Rolle, und Melanie Hackl, als weibliche Version des im Original männlichen Dieners des Hauses, fiele gar nicht auf, hätte man ihr nicht eine Frisur verpasst, die an einen wilden Staubwedel erinnert.

Wenn es einmal darum geht, bei der Kultur zu sparen – auf solche Aufführungen könnte man leicht verzichten.

Renate Wagner

 

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