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WIEN / Kammerspiele: ACHT FRAUEN

08.11.2018 | KRITIKEN, Theater


Alle Fotos: Barbara Zeininger

WIEN / Kammerspiele der Josefstadt:
ACHT FRAUEN
Eine Kriminalkomödie von Robert Thomas
Mit Bühnenmusik von Franz Wittenbrink
Premiere: 8. November 2018

Jetzt hat man sie schon ziemlich oft gesehen, die „Acht Frauen“ von Routine-Autor Robert Thomas, der die titelgebenden Damen in Agatha-Christie-Manier bei Schneesturm in ein einsames Luxushaus einsperrt – mit einer Leiche im ersten Stock. Eine unter ihnen muss die Mörderin sein – oder? Das ist schön, schlicht, altmodisch, aber auch ein Haus wie die Josefstadt, das sich seiner brillanten Auslastung rühmt, muss immer wieder „Zuckerln“ bieten.

Und acht Frauen – das sind schließlich acht Bombenrollen. Man erinnert sich, dass im Kino (wer hat den Film von 2002 nicht gesehen?) die hinreißende Catherine Deneuve im Pelzmantel und die auch im Alter glorios souveräne Danielle Darrieux, die verschrobene Isabelle Huppert und die Intriganz sprühende Fanny Ardent und das herrliche Früchtchen Emmanuelle Béart aufmarschiert sind, um nur die Berühmtesten in der Besetzung zu nennen.

Die Josefstadt hat, auch in den Kammerspielen, das Stück schon im Jahr 2004 gespielt. Damals war – und das ist Ensemble-Kontinuität – Marianne Nentwich die Gaby, die Dame im Zentrum. Jetzt ist sie zur Oma geworden, genannt „Mamy“ (Betonung auf dem i), und ringt um ihre Pointen.

In der zentralen „Deneuve“-Rolle hätte man sich eigentlich die First Lady des Hauses, Sandra Cervik, erwartet, aber die wollte lieber die Huppert sein, nämlich die hypochondrische, lästige, quengelnde Schwester – sicher keine schlechte Entscheidung, solche Rollen geben nicht zuletzt deshalb etwas her, weil man diese Typen auch aus dem Leben kennt…

Und mit Susa Meyer hat man ja eine sehr elegante, sehr damenhafte Hausfrau, die es mit erstaunlicher Würde trägt, plötzlich zur Witwe geworden zu sein. Es ist schließlich ihr Gatte, der da oben in seinem Blut liegt…

Natürlich lügt jede der Damen, dass sich die Balken biegen. Doch nach und nach erfährt man die nicht unkomplizierten Beziehungen des finanziell gar nicht mehr so gut gepolsterten, sondern eher maroden Hausherrn, der (angeblich) oben in seinem Zimmer ein Messer im Rücken hat. Mit dem Stubenmädchen hatte er, darf man es verraten, ein Verhältnis: Silvia Meisterle weiß, dass jeder es weiß, und ist entsprechend frech. Was ihn mit seiner geheimnisvollen Schwester verband… Pauline Knof, mondän von Kopf bis Fuß, hat jedenfalls eine Ardant-würdige Silhouette.

Immer eher am Rande bleiben die Töchter, die ältere (Swintha Gersthofer) und die jüngere (Anna Laimanee), wenn man die Damen mit ihren Geheimnissen auch nicht unterschätzen sollte. Ja, und dass die Köchin (Isabella Gregor, äußerlich grundsolide, aber mysteriös genug) nicht mit dem Hausherrn, sondern mit… nein, nicht sagen, mit wem, ein Verhältnis hatte, ist eigentlich auch egal.

So richtig frisch und überraschend und lustig wirkt an dem Stück gar nichts mehr, so sehr sich die Damen in einem noblen, aber nicht sehr praktischen Bühnenbild (Ece Anisoglu) auch ins Zeug legen – den Flügel hätte man nicht gebraucht, aber vielleicht ein Tischchen für Oma, wenn sie frühstücken möchte? Egal. Birgit Hutter sorgt für etwas gestrige Eleganz, die fünfziger Jahre vielleicht? Und warum Chef Herbert Föttinger bei dieser Nichtigkeit selbst Regie-Hand anlegen musste, weiß man auch nicht: Eine sonderliche Herausforderung war es wohl nicht – und ob es viel besser hätte werden können, möchte man angesichts der Vorlage auch bezweifeln.

Ja, und man weiß schon, auch im Film haben die Damen alle gesungen, und es hat die Sache nicht besser gemacht. Sie singen auch hier, kein Geringerer als Franz Wittenbrink, früher Burgtheater, jetzt an der Josefstadt untergeschlüpft, sorgte für Texte und Musik, damit jede der Acht ein Liedchen hat, das absolut keiner braucht.

So bleibt nur zu hoffen, dass der Abend wenigstens an den Kassen der Josefstadt seine Berechtigung findet.

Renate Wagner

 

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