Wien, Kammeroper: „ORLANDO“ Premiere 13. 5.2013
Rupert Enticknap in der Titelrolle. Foto: Barbara Zeininger
Bedenken, wie eine große Barockoper im kleinen Raum der Kammeroper gelingen könne, bestätigten sich nicht. Das liegt sicher auch am klugen Konzept des Dirigenten und an der geschickten Regie.
Händels Komposition ist überraschend abwechslungsreich, es kommt zu keiner Langeweile, so gibt es eine Nachtigallen-Arie; der Wahn des Orlando ist sehr eindrucksvoll in Musik umgesetzt, es gibt keine endlosen Secco-Rezitative. Händels Musik klingt keineswegs „schematisch“. Der „rasende Ritter Roland“ war ja lange Zeiten auch ein beliebtes Roman-Thema. Zum Inhalt: Orlando liebt die Königin Angelica, diese jedoch zieht es zum Feldherrn Medoro, der jedoch auch von Dorinda begehrt wird. Der Magier Zoroastro führt alles zu einem guten Ende: Orlando entsagt der Liebe um sich seiner Aufgabe als edler Ritter zu widmen, Angelica und Medoro werden ein Paar.
Dem Dirigenten Rubén Dubrovsky gelang mit dem Bach Consort Wien eine packende, spannende Interpretation und ein sehr schönes Klangbild. Dynamik und Lautstärke waren dem Raum gut angepasst. Alle verdienten sich ein großes Bravo.
Die Regie von Stefania Panighini setzte die Handlung geschickt in Szene und erreichte den vollen darstellerischen Einsatz der Solisten. Federica Parolini entwarf die Ausstattung. Die Bühne ist so eine Art Glashaus mit Pflanzen und Blumen, die phantasievollen, bunten Kostüme schauen sehr gut aus und sind keiner Zeit direkt zuzuordnen.
Die durchwegs jungen Solisten zeigten eine ausgezeichnete technische Ausbildung, was in den mühelosen Koloraturen und in der exakten Intonation zu merken war. Alle Stimmen hörten sich gut an. Wenn man solche Sänger hört, zweifelt man nicht an der nachkommenden Sängergeneration.
Ein ganz besonderes Bravo verdiente sich der Counter Rupert Enticknap in der Titelrolle des Orlando. Er überzeugte durch eine besonders schöne Stimme mit einem weichen, fast samtenen Timbre, das dennoch männlich wirkt. Die vielen Koloraturen perlen mühelos und leicht. Dass er sehr gut ankam, zeigte sich auch beim Schlussbeifall. Den Namen des Sängers sollte man sich merken.
Die von ihm vergeblich geliebte Königin Angelica war mit der Sopranistin Cigdem Soyarslan besetzt. Als Königin zeigt sie eine hoheitsvolle Haltung, im Singen entsprach sie voll den großen Anforderungen. Nur, wenn sie in dem kleinen Raum, viel an Stimme gab, hörte man leichte Schärfen.
Gaia Petrone, ein Mezzo, sang den Medoro. Ihre Stimme hat einen runden, satten, samtigen Klang. Die Dorinda sang Anna Maria Sarra recht gut. Wie die Angelica, neigte sie gelegentlich zu leicht geschärften Tönen. Den Zauberer Zoroastro, eigentlich ein gewitzter Drahtzieher, sang der Bassbariton Igor Bakan. Auch von ihm hörte man gutes Stimmmaterial. Man wünscht allen diesen jungen Sängern eine gute Zukunft auf der Bühne.
Der Schlussbeifall war sehr stark, durchmischt mit Bravos. Das hatten sich die Künstler sich wirklich verdient. Es gibt noch neun Folgevorstellungen. Martin Robert BOTZ