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WIEN / Kammeroper: L’OCCASIONE FA IL LADRO

Riesenspaß mit Rossini

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Fotos: Marcel Urlaub

WIEN / Kammeroper des Theaters an der Wien:
L’OCCASIONE FA IL LADRO von
Gioachino Rossini
Premiere: 23. September 2025 

Riesenspaß mit Rossini

Schatzgräberei im Riesenbestand der Opernwelt lohnt sich zwar nicht immer, aber gelegentlich doch. Da lernt  man ein Frühwerk von Gioachino Rossini kennen (er war 20 Jahre alt, als er es komponierte) – und staunt nur so. Erstens ist der Einakter „L’occasione fa il ladro“, womit das Theater an der Wien seine Saison in der Kammeroper eröffnet,  wirklich komisch, auch wenn es „nur“ um die bekannte Verwechslungsgeschichte geht.: Kaum glaublich, wie viele „Purzelbäume“ die turbulente Handlung in nur eineinhalb pausenlosen Stunden macht. Und zweitens erkennt man, dass das Genie Rossini offenbar von Anfang an „fertig“ war.

Denn in dem Werk, das auch schon eine seiner Gewitter-Musiken bietet, ist sozusagen „alles drin“: Die herrliche Melodik, der Humor, der aus der Musik sprüht, die Fähigkeit, den Sängern alles abzuverlangen, von der Kantilene über die Koloratur bis zum Prestissimo-Geschnatter. Ein reines Vergnügen, wer Rossini liebt, hätte das Ganze ggerne gleich noch einmal gehört…

Dass der Abend so ein Riesenspaß geworden ist, dankt man der Inszenierung von Marcos Darbyshire. Er hat Rossini aus der üblichen Ästhetik, in der seine Buffo-Opern noch immer oft gespielt werden (wenn auch nicht mehr in Pesaro…) herausgeholt und eine wilde, fröhliche, zeitgemäße Geschichte daraus gemacht, in der viel Frauen-Power und Männer-Ratlosigkeit herrscht und durchaus auch die Identitäten-Frage, wenn schließlich zwei Bräutigame vor einer potentiellen Braut stehen, aber auch diese eigentlich eine Doppelgängerin hat …

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Marcos Darbyshire begeht nie den Fehler, die Geschichte auch nur eine Sekunde ernst oder seriös zu nehmen, alles ist von Ironie durchtränkt und als diszipliniertes Slapstick-Geblödel auf die Bühne gebracht. Dabei hilft die Ausstattung von Agnes Hasun, der schon für Gewitter und Regen herrliche optische Turbulenz eingefallen sind und die in der Folge dem Regisseur mit einer Anzahl von Drehtüren jede Gelegenheit zu szenischen Pointen gibt. Es ist ein entfesselter Heckmeck, der handwerklich bestens gemacht ist, kombiniert mit einer ins Detail ausgefeilten Personenführung, die allen Darstellern ihr eigenes Profil gibt.

Inna Demenkova ist jene Berenice, die sich ihren zugeteilten Bräutigam erst einmal anschauen will und deshalb mit ihrer Dienerin / Freundin die Rollen tauscht. Dass sie eine selbstbewusste Herrin ist, kann und will sie auch nicht verleugnen, wenn sie das Dienstmädchen-Gewand trägt. Man glaubt ihr sogar, dass sie imstande wäre, einen unliebsamen Herren der Schöpfung zu fesseln…

Petra Radulovic  verkörpert ihre vom Libretto her weniger gut bedachte Freundin, lässt sich aber, wo sie kann, die Show nicht stehlen. Das einzige, was man zu den beiden Damen einschränkend bemerken könnte, ist die Schärfe der Stimmen, die etwas harmonischer klingen könnten.

Durch einen vertauschen Koffer (es wäre zu kompliziert, die Geschichte nachzuerzählen) stehen zwei Bräutigame bereit: Alberto Robert ist der echte mit einem klassischen „weißen“ Rossini-Tenor und amüsantem Herumgedruckse, während sein Rivale Roberto Lorenzi in der Rolle des Don Parmenione nicht nur gewaltiges Buffa-Talent, sondern auch einen klassischen Bass hören lässt,

Zwei Nebenrollen können nicht übersehen werden: Ilyà Dovnar, kein Zoll der übliche Komiker-Onkel, sondern ein herrlich lächerlicher Preziöser mit Hund (der nicht echt ist), aber nicht viel singen darf, während der Diener Martino in einer Arie hören lassen kann, über welch schöne dunkle Stimme sein Interpret Lazar Parežanin verfügt.

Sie alle und das Wiener KammerOrchester werden von dem Dirigenten Pedro Beriso in Trab gehalten, perlender Rossini stürmt durch den Abend. Ein so vergnügtes Publikum hat man lange nicht erlebt, selten auch wurde ein Regieteam dermaßen von ganzem Herzen gefeiert.

Renate Wagner

 

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