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WIEN / Hofmobiliendepot: DAS SCHICKSAL DES HABSBURGISCHEN ERBES

18.12.2018 | Ausstellungen, KRITIKEN

WIEN / Hofmobiliendepot Möbel Museum Wien;
BRUCH UND KONTINUITÄT:
DAS SCHICKSAL DES HABSBURGISCHEN ERBES NACH 1918
Vom 5. Dezember 2018 bis zum 30. Juni 2019

Von der Vertreibung
bis zur Vermarktung

1918 endete nicht nur der Erste Weltkrieg, sondern auch die Habsburger-Monarchie. Es war ein Umbruch ohnegleichen, es gab entsetzlich viel „wegzuräumen“, möglichst eine ganze „Welt von gestern“ zu entsorgen. Vor allem jene Familie, die das Land 600 Jahre regiert hatte, sollte aus dem neuen Kleinstaat Österreich (der Staat, den keiner wollte) verschwinden. Man hat sich dieser Aufgabe penibel unterzogen. Dass man die Habsburger dennoch nicht ganz und vor allem nicht auf die Dauer auslöschen konnte, zeigt eine höchst anregende Ausstellung im Hofmobiliendepot.

Von Heiner Wesemann

Der menschliche Faktor zuerst Die junge Republik hatte unendliche Probleme, aber auch Vorteile: Sie konnte sich die Gesetze, nach denen sie mit der Familie Habsburg umgehen wollte, selbst machen. Was das Kaiserpaar und seine Kinder betraf, kam man jedenfalls zu einer humaneren Lösung als die Russen: Nach der Verzichtserklärung durften die Habsburger ins Exil gehen. Vielmehr sie mussten es tun. Alle von ihnen (und sie waren viele), es sei denn, sie verzichteten auf alle Rechte und Ansprüche und vor allem Besitzungen (!), die sie je gehabt hatten. Das 1919 erlassende Habsburger-Gesetz (das in Modifikationen noch immer existiert) sorgte vor allem dafür, dass das Vermögen der Familie als Staatseigentum betrachtet wurde. Mit Restitutionen hatten die Familienmitglieder wenig Glück, Einreiseverbote wurden in der Zweiten Republik nach und nach gelockert. Dennoch kehrte „Kaiserin Zita“ erst nach ihrem Tod in die Kapuzinergruft „heim“.

„Die Republik Österreich ist Eigentümerin“ Und mit dieser Formel bezog man sich auf das gesamte „bewegliche und unbewegliche“ Vermögen des Hauses. Man machte, wie gesagt, seine neuen Gesetze selbst. Und da Karl und seine Familie ja keine Schlösser und Einrichtungsgegenstände, keine Güter, Jagden und sonstige Besitztümer mitnehmen konnten, ist es fast verständlich, dass man ihm vor der Abreise einen Besuch in der Schatzkammer nachsagt, denn Juwelen konnte man „einstecken“. Jedenfalls wird der weltberühmte „Florentiner“ seit damals vermisst… Der Ausstellung geht es aber nicht darum, die Habsburger als Räuber, auch nicht als Opfer darzustellen. Ihre Rolle war ausgespielt wie die der Hohenzollern in Deutschland oder der Romanows in Russland (obwohl man dort nicht zu den Verlierern des Krieges zählte).

Verstaatlichung und Umwidmung Es blieben natürlich „Kaisertreue“ (und das bis weit in die Zweite Republik hinein), doch die Gefühle gegen Habsburg waren in einer neuen, nun „endlich“ Roten Welt (wie es viele empfanden) vorwiegend negativ. Man musste verstaatlichen und Eigentum behaupten – auch im Vergleich mit den Nachfolgestaaten der Monarchie. Interessant ist der Fall von Miramare, wo die Österreicher schon einiges an Mobiliar weggeschafft hatten, später aber manches an Italien „restituieren“ mussten. Heute ist das Schloß von Erzherzog Ferdinand Maximilian bei Triest eine ähnliche Touristen-Attraktion wie die Habsburger-Relikte in Österreich… Die Ausstellung widmet sich lange der Umgestaltung des Habsburger-Staates, der ja auf einer fest gefügten Verwaltung basiert hatte, deren Beamte man nun ebenso umwidmen musste wie Gebäude. Noch viel schlimmer war die emotionale Unsicherheit: „Der Kaiser“ – das hatte Bedeutung gehabt, hatte eine (wenn auch vielleicht trügerische) Sicherheit beinhaltet. Was vor ihnen lag, wussten die deutschsprachigen Rest-Österreicher nicht. Sie wussten nur, dass sie nach dem Krieg sehr hungrig und sehr ratlos waren.

Ja, die Zeit ändert viel Und da waren, verstreut über ganz Österreich, Habsburgische Wohnstätten. Mit der Hofburg in Wien tat sich die neue Republik nicht leicht, lange hat man sie vor allem als Verwaltungsstandort benützt. Obwohl man früh das Interesse der Bevölkerung, „Kaiser schauen“ zu gehen, durch die Öffnung von einigen Privaträumen befriedigte. Man konnte nun das schlichte Bett betrachten, in dem der spartanische Franz Joseph geschlafen hatte… Schloß Schönbrunn, das man allerlei Zwecken zuführen wollte (von Gastronomie bis Sport, was alles scheiterte), ist heute mit weit mehr als drei Millionen Besuchern jährlich Wiens Hauptanziehungspunkt für Touristen. Die nostalgisch-opulente Habsburg-Vermarktung setzte nach dem Schock des Dritten Reichs ein, als die Zweite Republik ihre Identität nicht in der Ersten Republilk, sondern in zurück liegenden Zeiten suchte. Habsburg erwies sich bald als „Verkaufsschlager“. Und auch das Hofmobiliendepot, das diese Ausstellung sehr klug ausrichtet (Kuratoren: Ilsebill Barta und Martin Mutschlechner), stieg von der „Möbel-Kontrollstelle“, als die es von Maria Theresia gegründet wurde, zum wichtigen Museum auf…

Hofmobiliendepot ∙ Möbel Museum Wien:
Bruch und Kontinuität: Das Schicksal des habsburgischen Erbes nach 1918
Bis 30. Juni 2019 Geöffnet Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr.
Zusätzlich geöffnet am Montag, 24.12.2018, 31.12.2018, 22.4.2019,10.6.2019

 

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