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WIEN / HEIDIHORTENCOLLECTION: LOOK

22.10.2022 | Ausstellungen, KRITIKEN

WIEN / HEIDIHORTENCOLLECTION: 
LOOK
Vom 21. Oktober 2022 bis zum 16. April 202

Come and have a look!

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„Look“ kann so manches bedeuten, etwa den „Look“, den sich eine Persönlichkeit gibt. Im Fall von Heidi Horten trifft dies zweifellos zu – die zweite Ausstellung, die in ihrem erst heuer im Frühsommer eröffneten Museum gezeigt wird, stellt zweifellos sie selbst in den Mittelpunkt: die bekannte Persönlichkeit und ihre Kleider, die ambitionierte Kunstsammlerin und ihre Bilder. Und das ist so spektakulär, dass „Look“ auch die Aufforderung „Seht her!“ bedeuten kann. Come and have a look, es lohnt sich.

Von Renate Wagner

Heidi Horten    Sie war Wienerin, geboren 1941, und der Name ihres ersten Gatten „Horten“ passte zu ihrem Vornamen Heidi weit besser als der Geburtsname Jelinek. Als Gattin des Kaufhauskönigs, mit dem sie von 1966 bis zu seinem Tod 1987 verheiratet war, bewies sie der Welt, dass man gleichzeitig eine Society-Schönheit wie auch eine kluge, selbständige, geschmacksichere Frau sein konnte.

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Die Milliarden des Gatten (die sie später vollinhaltlich erbte) wurden zwar auch für den erlesenen Kleiderluxus der großen französischen Couturiers ausgegeben, aber gleichzeitig wuchs Heidi Horten zu einer Kunstsammlerin heran, deren Schätze das von ihr begründete Museum noch lange mit Ausstellungen bestücken werden. Als Heidi Horten am 12. Juni 2022 starb, war dieses Museum in einem Palais im Wiener Hanuschhof gerade erst eröffnet worden. Ein tragisches, aber doch auch glückliches Zusammentreffen – immerhin hat sie erlebt, dass es „ihr“ Museum als Heimstätte für ihre persönlichen Schätze gibt und dass es in den verlässlichen Händen ihrer Freundin und Direktorin des Hauses, Agnes Husslein, ruht. Die Erinnerung an die junge, schöne Frau, die einst Dauergast in den Hochglanzillustrierten war, erwecken in der Ausstellung  (vor allem schwarzweiße!) Fotoserien von Heidi Horten, vom natürlichen jungen Mädchen zur Gesellschaftsikone, deren Auftreten allerdings nie peinlich war (wie das mancher Berühmtheit).

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Von Kleid zu Kleid     Nicht Heidi Horten, sondern Marilyn Monroe als der Inbegriff des „Glamour“ ziert das Plakat der „Look“-Ausstellung, aber gleich im ersten großen Raum stehen Kleider. Diese beiden Glanzstücke von Yves Saint Laurent und Christian Dior sagen bereits alles aus, was man über Heidi Horten und die Mode wissen muss – sie sind von  so untadeligem Geschmack, dass Besucher mit einem Blick für Mode nur neidisch werden könnten (als Frau müsste man dazu allerdings auch die Figur haben, die Heidi Horten in ihrer großen Zeit besaß). Diese Kleider, im Ganzen 23 Haute-Couture-Modelle ,von denen fast alle „Roben“ sind,  ein Rausch an oft pastelligen Farben und höchstwertiger Verarbeitung, oft mit Stickereien, stehen am Laufsteg, sie hängen auch in der Luft, und sie zeigen, dass man auch danach aussieht, wenn man sich von Christian Dior, Hubert de Givenchy, Yves Saint Laurent, Jean Patou und Jean-Louis Scherrer einkleiden lässt… Kuratorin Christine Kuhlmann hat für den Mode-Teil der Ausstellung den Modeberater und Designer Arthur Arbesser herangezogen. Kreationen wie diese haben damals wohl schon, meint er, an die 100.000 Euro gekostet (das möchte man gar nicht in die einstige Schilling-Währung umrechnen).

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Da versteht es sich auch, dass man in einem Kabinett ausführlich die Zeichnungen (samt Stoffmustern) ausstellen kann, die die Modehäuser an die große Kundin geliefert haben, die durchaus auch ihre Wünsche äußern durfte – und es getan hat, wie Arthur Arbesser erzählt. Als ein Entwurf von Christian Lacroix (der damals für Saint Laurent) arbeitete), Heidi Horten nicht gefiel, hat sich dem Vernehmen nach der große Meister, Yves Saint Laurent, selbst darüber gesetzt, um ihn den Wünschen der so wichtigen Kundin anzupassen… Dass aus der „Zusammenarbeit“ dann auch Legendäres entstehen konnte, beweist gleich im Eingangsraum das besagte Modell „Matisse“ von Yves Saint Laurent, dessen Farbmuster an Egon Schieles Bild von Wally erinnert, eines der schönsten Stücke „Kunst“ in der Ausstellung. Wo es übrigens auch viel zum Thema „Schuhe“ zu sehen gibt (vor allem in Warhol-Zeichnungen) – wie man (nicht nur aus „Sex and the City“) weiß, wird dieses Kleidungsstück ja leicht zum Fetisch…

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Warhol, Picasso und die anderen     Heidi Horten hat ganz zweifelsfrei Kunst nach Qualität gesammelt, sie hatte aber auch ihre Vorlieben – etwa die Werke von Andy Warhol. So gibt es gleich im ersten Raum „Ikonisches“ von ihm – Marilyn Monroe, Liz Taylor oder Farah Diba. Noch schöner aber ist es, dem Warhol der Anfänge zu begegnen, wo er ganz zart und pastellig schlechtweg „Modezeichnungen“ schuf wie das „Female Head with Stamps“ in Rosa, ganz weg vom Stil, der ihn berühmt gemacht hat, und offensichtlich von Heidi Horten besonders geliebt…

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Es fällt auch auf, dass sie neben den „typischen“ Picasso-Porträts auch ein so „leichtes“ zartes Bild wie die „Femme a la Couronne de Fleurs“ erworben hat. Und so, wie ihre Schiele „Wally“ ein ganz besonderes Bild ist, ist es auch Friedrich von Amerlings Mädchenkopf „Der Brief“. Das bedeutet aber  nicht, dass der Schwerpunkt ihres Sammelns auf der Ästhetik des „schönen Bildes“ festgemacht war. Die  Ausstellung zeigt Frauenporträts (um die es thematisch in erster Linie geht) in der ganzen Fülle, bis hinauf zu Francis Bacon und seinem alles andere als „schönen“ Studie für ein Porträt von Henrietta. Moderne Klassiker wie Jean Dubuffet, Lyonel Feininger, August Macke, Henri Matisse oder Roy Lichtenstein zeigen ihren Blick auf Frauen, Die Auswahl wiederum bestätigt den Blick für Qualität, der sich hier offenbart, und die Milliarden der Geschäftsfrau wurden gut und kenntnisreich angelegt.

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Frauen im Fokus     Die Ästhetik der Ausstellung in ihrem Dialog von Mode und Kunst ist ansprechend und witzig, wenn da die „Nana pomme de terre“ von Niki de Saint Phalle bunt und rundlich erscheint, wenn Alexander Calders  „Critter with Peaked Head“ aus schwarzem Metall, auf drei Beinen mit spitzen Brüsten im Raum steht, wenn auch eine Handtasche von Sylvie Fleury als Kunst betrachtet wird. Vor allem in ihrer letzten Zeit hat Heidi Horten, wie man erfährt, besonders gern und viel Kunst von Frauen gekauft, vor allem jene, die etwas von der Selbstermächtigung des weiblichen Geschlechts aussagen – so besteht die eindrucksvolle „Aschenbrödel“-Version von Birgit Jürgenssen in einem Schuh, der offenbar allein eine Holztreppe hoch gegangen ist (und keinen Mann und keinen Zauberer als Hilfe braucht).

Have a look    Es gibt unendlich viel und auch ganz Divergierendes zu sehen in dieser Ausstellung, die von dem einigenden Band der Sammlerin-Persönlichkeit zusammen gehalten wird. Wer es sich leisten kann, sollte sich den Katalog zulegen – er ist ein dreifaches Vergnügen in Gestaltung, Textbeiträgen und vor allem den Bildern. Auch hier lohnt es sich, viele Blicke zu riskieren.

HEIDI HORTEN COLLECTION
(1010 Wien, Hanuschhof, zwischen Staatoper, Albertina und Burggarten)
LOOK
Bis 16. April 2022
Täglich außer Dienstag 11 bis 19 Uhr,
freier Eintritt jeden Donnerstag von 18 bis 21 Uhr mit einem online gebuchten Ticket

 

 

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