WIEN / Heidi Horten Collection:
EXPERIMENT EXPRESSIONISMUS
SCHIELE MEETS NOSFERATU
Vom 11. April 2015 bis zum 31. August 2025
Was auch Hände erzählen…
Alle Ausstellungen der Heidi Horten Collection basieren, wie Direktorin Agnes Husslein darlegt, auf den eigenen Beständen der Sammlung. Um nun die bemerkenswerten Expressionismus-Werke des Hauses auszustellen, hat man sich einen faszinierenden Kontext ausgedacht. Denn parallel gab es in den Zwanziger Jahren, die die hohe Zeit dieser Kunstform waren, auch ein weitgehend neues Medium – den Film. Die Gemälde einerseits, die Filmbilder andererseits zu konfrontieren und faszinierende Gemeinsamkeiten zu finden, war das (in hohem Grade erreichte) Ziel der Ausstellung „Experiment Expressionismus – Schiele meets Nosferatu“.
Von Renate Wagner
Egon Schiele und Fritz Lang Der 1914 verstorbene Egon Schiele war Österreichs frühester Exponent einer expressionistischen Kunstprägung, sieht man von Oskar Kokoschka ab, der noch vier Jahre älter war als dieser (und ihn über Jahrzehnte überlebte). Aber seine hohe Zeit erreichte dieser Stil nach dem Ersten Weltkrieg, geprägt von dessen Erfahrungen, geprägt auch vom Zusammenbruch der feudalen Welten, die zu Ende gingen und Künstlern neue Ausdrucksmöglichkeiten eröffneten. Dass die Ausstellung Schiele und Lang (vor allem mit dessen legendären „Metropolis“-Film) in Zusammenhang bringt, hat auch damit zu tun, dass beide unmittelbare Zeitgenossen waren, beide geboren im Jahr 1890, beide bildende Künstler. Denn Lang betrieb zuerst ein Kunststudium, kam aber von der Malerei zum Film, wobei seine großen Erfolge mit der Schauspielerin, Drehbuchautorin und selbst Regisseurin Thea von Harbou zusammen hingen, mit der er von 1922 bis 1933 verheiratet war.
Symphonien des Grauens Die Filme, denen man in der von Roland Fischer-Briand und Rolf H. Johannsen kuratierten Ausstellung begegnet, teils in Fotos ,teils in Filmstills, teils mit bewegten Beispielen, offenbaren Welten des Schreckens, die unsichere Zeiten reflektierten. „Das Kabinett des Dr. Caligari“ von 1920, Regie: Robert Wiene, mit Werner Krauss und Conrad Veidt, war als erster „expressionistischer“ Film ein Horrorstreifen reinsten Wassers, „Nosferatu“ von 1922, Regie Friedrich Wilhelm Murnau, ist der Vater aller Dracula-Filme, „Orlacs Hände“ von 1924, wieder mit Conrad Veidt, das weitere expressionistische Meisterwerk von Robert Wiene (über einen Pianisten, dem die Hände eines toten Mörders auf-implantiert werden), und schließlich 1927 „Metropolis“ von Fritz Lang, ein Monumentalfilm und politisches Gleichnis der Epoche. Der künstlerische Anspruch dieser Filme war formal enorm, und dass sie ohne Ton laufen mussten, weil man erst spät am Ende der zwanziger Jahre die technischen Möglichkeiten für den Tonfilm entwickelte, gab ihnen eine noch überwältigendere Optik. Szenenfotos wirken wie expressionistische Gemälde, und tatsächlich wurden nicht nur Ausstattungen, sondern auch viel mediales Material (vor allem berühmt gewordene Plakate) von bildenden Künstlern der Zeit beigesteuert.
Und die Hände… Schauspieler, denen die Sprache fehlt, müssen mehr mit ihrem Körper arbeiten, müssen nicht nur auf die Mimik, sondern auch auf die Sprache ihrer Hände setzen. Hier schließt sich der Kreis zu den Gemälden der Ausstellung der Horten Collection. Wusste man stets, welch exzessive Rolle die Hände in vielen Schiele-Werken spielten, so entdeckt man nun deren Ausdruckskraft auch in anderen Bildern, wo sie geradezu betont werden.
Die Parade der großen Namen Film und Malerei greifen faszinierend gleichwertig in einander, in rund 170 Werken verschränken sich die Künste der Epoche. Da stehen die deutschen Expressionisten – Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Emil Nolde, Karl Schmidt-Rottluff und Max Pechstein – neben den Österreichern, Herbert Boeckl, Oskar Kokoschka, Max Oppenheimer, Egon Schiele, Richard Gerstl. Und auch den Damen – Helene Funke, Helene von Taussig, Sylvia Kovacek, Broncia Koller-Pinell, Marianne von Werefkin oder Lilly Steiner. Hier sind viele große Namen aufgeboten, um zu zeigen, wie schonungslos der Expressionismus das Welt- und Menschenbild der Zeit künstlerisch umsetzte. Ausdruck vor Glätte, vielfach Rücksichtslosigkeit des Blicks anstelle früher vorgegebener Formen. Und das Kino tat es ihnen gleich.
Heidi Horten Collection:
EXPERIMENT EXPRESSIONISMUS
SCHIELE MEETS NOSFERATU
Vom 11. April 2015 bis zum 31. August 2025
Öffnungszeiten: außer Dienstag täglich von 11 bis 19 Uhr und Donnerstag bis 21 Uhr.
An ausgewählten Abenden werden im Atrium der Heidi Horten Collection erstmals Stummfilme in Langfassung mit Musikbegleitung gezeigt