WIEN. 4. Juni 2013 – Gesellschaft für Musiktheater Liederabend Yasushi Hirano
Das besonders Schöne an der Musikstadt Wien ist es, dass es neben all den Publikumsmagneten wie Staatsoper, Volksoper, Theater an der Wien, Musikverein, Konzerthaus und und und auch viele kleine Veranstaltungen gibt, bei denen im intimen Rahmen bereits arrivierte Künstler oder auch Musiker, die sich gerade am Weg zur großen Karriere befinden, auftreten. Dazu gehört etwa der Merker-Kunstsalon von Elena Habermann im 19. Bezirk oder die Stadtinitiative von Clemens Horvat im Ehrbarsaal, aber auch die vielen anderen Gesellschaften, die über richtige Kleinode als Veranstaltungsräume verfügen. Fast kann man den Überblick verlieren in dieser Vereinslandschaft, so gibt es etwa die Österreichische Gesellschaft für Musik in der Hanuschgasse, die Österreichische Gesellschaft für Musikwissenschaft im Campus des Alten AKH sowie die Österreichische Gesellschaft für Musiktheater in der Türkenstraße im 9. Bezirk. Dort fand ein bemerkenswerter Liederabend des Baßbaritons Yasushi Hirano statt. Der gebürtige Japaner ist ja seit einigen Jahren Ensemblemitglied an der Wiener Volksoper und sang dort unlängst die Titelrolle in Mozarts „Hochzeit des Figaro“.
Im kleinen Rahmen bewies er nun, dass er mit Akribie und Ausdauer an der deutschen Sprache gearbeitet hatte und wählte ein entsprechend anspruchsvolles Liedrepertoire aus. Von seiner Gattin Sayuri Hirano am Klavier begleitet begann er mit Beethoven- Liedern, die er mit wuchtiger Kraft interpretierte, gewöhnungsbedürftig im kleinen Saal, aber auch mit Witz und Humor gestaltet wie etwa im Flohlied. Es folgten fünf Lieder von Robert Schumann aus dem Opus 25 „Myrthen“, bevor Hirano mit vier Werken von Hans Pfitzner (!) den ersten Teil abschloss. Fernab von aller Diskussion um den politisch umstrittenen Pfitzner erklangen diese nicht so häufig gehörten Kompositionen in perfekter Wiedergabe. Hirano vertraute dabei besonders auf seine profunde Tiefe, deren eigener Schmelz genau zu diesem Genre passt.
Interessant die Komponistenauswahl nach der Pause: Dem Antisemiten Pfitzner folgten vier Vertonungen des im KZ umgekommenen Viktor Ullmann und des Juden Gustav Mahler. Es waren dies vier Ullmann-Lieder aus dem 1940 uraufgeführten Opus 30 (Liederbuch nach Hans Bethge „Nachdichtungen der Lieder und Gesänge des Hafis“). Bei Mahlers Rückert-Liedern muss sich Hirano natürlich Vergleiche mit den ganz großen Interpreten gefallen lassen, wobei die lyrischen und typisch wienerischen Phrasen natürlich nicht ganz so perfekt gerieten, aber mit einem dröhnenden und packenden „Um Mitternacht“ zeigte der Sänger, dass er auf gutem Weg ins deutsche Opernfach ist. Ein Gurnemanz wird da in mittlerer Zukunft schon hörbar. Jubel im Saal, auch für die feinfühlige Begleiterin am Piano.
Ernst Kopica