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WIEN / Freie Bühne Wieden: VAN GOGH

20.01.2015 | KRITIKEN, Theater

Van Gogh Plakat Van Gogh Hauser mit HutCredit: Rolf Bock

WIEN / Freie Bühne Wieden:
VAN GOGH von Jean O´Cottrell
Deutschsprachige Erstaufführung
Premiere: 20. Jänner 2015

Soloabende mit dem Schauspieler Reinhard Hauser haben schon große Eindrücke hinterlassen, vor allem seine Verkörperung von Ludwig Wittgenstein wird man wohl nicht vergessen. Nun tritt er am bewährten Ort der Freien Bühne Wieden als der Maler Vincent van Gogh vor das Publikum. Und ungeachtet der weltweiten Berühmtheit dieses Malers, ungeachtet dessen tragischen Schicksals, ist dieser Abend von der Textvorlage nicht so gelungen wie das, was man sich sonst von Hausautor Wilhelm Pellert schreiben ließ. Der Autor und Schauspieler Jean O´Cottrell collagierte Texte über und Texte und Briefe von van Gogh, ohne dass wirklich dramatische, biographisch einsichtige eineinhalb Stunden daraus würden.

War van Gogh, der Mann, der sich ein Ohr abschnitt und in der Nervenheilanstalt von Saint-Remy (wo man seine Räume heute noch besichtigen kann – ein ergreifendes Erlebnis) Selbstmord beging, verrückt? Wenn Reinhard Hauser, mit rotem Haar, rotem Bart und drängender Intensität den Raum betritt, leugnet er das heftig – nur um nach und nach das Bild eines Mannes zu verdichten, der dennoch nicht „von dieser Welt“ war.

Doch was hat der Autor O´Cottrell hier zusammen getragen? Van Goghs Begeisterung über die Landschaft der Provence, sein Schwärmen von den Farben, seine Leidenschaft des Schaffensprozesses. Daneben seine Anfälle von Trübsinn, seine Sehnsucht nach menschlichen Beziehungen, zumal Frauen, wobei gerade die essentielle Szene, dass er sich für die Prostituierte Rachel das Ohr abschnitt, um es ihr zu „schenken“, wie unbegründet vorbeigeht. An Beziehungen gibt es nur die schwankende zu Bruder Theo und die bloß unzureichend angedeutete mit Gauguin, der eine Zeitlang bei van Gogh lebte und arbeitete, ohne dass das Zerwürfnis der beiden ausreichend thematisiert wurde.

Van Gogh Hauser mit Gemälde Credit: Rolf Bock

Es wird eher beiläufig über van Goghs Leben hinweggewischt, wobei der Text stellenweise wie prätentiös aufgeblasen wirkt und es auch wichtigtuerisch erscheint, dass Hauser immer wieder ins Französische verfällt, dessen Kenntnis er doch nur bei einem Teil des Publikums voraussetzen kann. Wenn der Interpret (als sein eigener Regisseur, unterstützt von Direktorin Michaela Ehrenstein) über weite Strecken natürlich fesselnd wirkt, so hängt der Abend nichtsdestoweniger immer wieder durch.

Dennoch gab es viel Beifall und viele Bravo-Rufe für Hauser, der an dem Unternehmen zweifellos gerettet hat, was nur zu retten war.

Renate Wagner

 

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