MET/Kino „Ein Maskenball“- 8.12.2012
Moderne Inszenierungen müssen nicht unbedingt werksschädigend ausfallen. Diese Erkenntnis lieferte die neue MET-Produktion, bei der Regisseur David Alden eine sehr passende Interpretation der Verdi-Oper auf die Bühne stellte. Die allenthalben vorherrschende düstere Farbarmut verstärkt das tragische Geschehen, die Wirkung von Paul Steinbergs Bühnenbild, an karger Schlichtheit kaum zu überbieten, ist eindrucksvoll. Mit der Personenführung kann man durchaus zufrieden sein, einige Gags, wie aufgespannte Regenschirme, wandernde Hände oder ein flügeltragender Oscar sind vielleicht nicht jedermanns Geschmack, Zigarettenwerbung auf der Bühne ist ebenso entbehrlich.
Ganz besonders muss man aber die musikalische Seite der Aufführung loben, beginnend beim Orchester, das unter Fabio Luisi – hier kam seine außerordentliche Routine als Kapellmeister im italienischen Fach zur Geltung – hervorragend spielte. Besonders auffällig der Qualitätsunterschied bei den Blechbläsern gegenüber den Kollegen aus Mailand, die tags zuvor mit „Lohengrin“ ihre liebe Not hatten. Marcelo Alvarez war als Riccardo in Bestform, seine kräftige Stimme klang in allen Lagen ausgeglichen und sicher. Vielleicht hätte er der Anweisung des Regisseurs, den König als dümmlichen Regenten eines Operettenstaates anlegen zu müssen, nicht zu hundert Prozent befolgen sollen. Sondra Radvanovsky brillierte als Amelia, sie sang auch in schwierigen (Körper-) Lagen auch die höchsten Töne makellos. Eine Klasse für sich war Dmitri Hvorostovsky als Renato. Sein kerniger Bariton ist derzeit wohl konkurrenzlos. Seine noble Erscheinung adelt jede Rolle, das Verdi-Fach beherrscht er perfekt. Ein Naturereignis ist die gewaltige Stimme von Stephanie Blythe, sie sang die Ulrica mit größtmöglicher Intensität. Kathleen Kim musste sich als Oscar ziemlich verunstalten lassen, mit einem merkwürdigem Bärtchen, den erwähnten Flügeln und einem unvorteilhaften Anzug versehen, sang sie ihre Rolle aber mit großer Bravour. Auch der gut einstudierte Chor trug wesentlich zum Gelingen dieses wunderbaren Abends bei.
Johannes Marksteiner