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WIEN/ Cineplexx-Kino: LA TRAVIATA aus der Metropolitan-Opera

15.04.2012 | KRITIKEN, Oper

MET IM KINO: „LA TRAVIATA“ (Cineplex Wien Landstraße 14.4.)

Die „Traviata“- Aufführung vom 14. 4. in der Metropolitan Opera, übertragen in die Cineplex- Kinos, ermöglicht uns eine Wiederbegegnung mit Willy Deckers Inszenierung der Oper bei den Salzburger Festspielen 2005, der mittlerweile ein Kultstatus zugesprochen werden kann.

Die moderne Fassung mit ihren klaren Linien im Bühnenbild, mit der Konzentration auf die Hauptfiguren, die die gesamte Zeit auf der Bühne präsent sind, beeindruckt nach wie vor. Die riesige Uhr im Hintergrund, die erbarmungslos das Ablaufen der Lebenszeit Violettas anzeigt, obwohl diese verzweifelt versucht, die Zeiger aufzuhalten, die nur in der kurzen Zeit des Glücks im 2. Akt von der Blumenmusterdecke verhängt wird, hält die Spannung ebenso aufrecht wie der geheimnisvolle Alte, der neben ihr sitzt: Ist es Verdi, der Tod oder doch nur Dr. Grenvil im 3. Akt? Er überreicht Violetta auch zweimal die weiße Kamelie, ein symbolträchtiger Akt. Die gesichtslose Masse des Chors, symbolisierend die Grausamkeit der Gesellschaft, die sie verfolgt, jagt, benützt und dann durch ein jüngeres Objekt ersetzt, zählt ebenso zu den großen Momenten dieser Inszenierung. In der kargen Ausstattung fällt das Gewicht stark auf die Hauptdarsteller.

 Natalie Dessay verkörpert eine unendlich berührende, mitreißende Violetta, in ihrem Lebenshunger, in ihrer Sehnsucht nach Liebe. Ihre zarte, fast zerbrechliche Gestalt im roten Kleid, wie geschaffen für diese Rolle, wird lange in Erinnerung bleiben. Leider wirkt ihre Stimme oft ebenso angegriffen wie die von ihr dargestellte Figur. Es gibt natürlich auch berührend schöne Momente, die Verletzlichkeit von Person und Stimme verschmilzt in eine vollkommene Einheit. Erschütternd ihr Ausbruch „E tardi“ voll schmerzlicher Bitterkeit, die sich ins „Addio del passato“ fortsetzt. Trotz aller stimmlichen Einschränkungen eine eindrucksvolle Leistung, die in der Großaufnahme noch deutlicher wurde.

Matthew Polenzani beeindruckt durch eine schöne lyrische Tenorstimme, in der Weite des Bühnenraumes wirkt er nur manchmal etwas verloren und kann an die dramatische Intensität etwa eines Rolando Villazon nicht heranreichen.

Dmitri Hvorostovsky bietet mit seiner kraftvollen, kultiviert geführten Baritonstimme eine sängerisch sehr eindrucksvolle Leistung. Darstellerisch wirkt er kälter als gewohnt, manchmal fast brutal, doch ist auch dieser Aspekt des Georgio Germont nachvollziehbar.

Luigi Roni als geheimnisvoller Zuschauer und Dr. Grenvil und Maria Zifchak erfüllen ihre Aufgaben mit Anstand.

 Fabio Luisi leitet die Vorstellung mit Umsicht und lässt Verdis wunderbare Melodien aufblühen. Er ermöglicht den Sängern, ihre Stimmen optimal zur Geltung zu bringen. Vor allem stützt er Natalie Dessay mit wahrer Fürsorge. Wohl hat man schon mehr Spannung, mehr Dramatik von Seiten des Orchesters erlebt, doch war es wohl gerade für diese spezielle Konstellation der angemessene Stil. Seine Behutsamkeit, seine Achtsamkeit hat sicherlich einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen dieses „Gesamtkunstwerks Oper“ geleistet.

 Insgesamt war es also eine sehr berührende Vorstellung, ein würdiger Abschluss der Met-Saison im Cineplex.

 Christa Staudinger

 

 

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