19.01.2013 MET/Kino „Maria Stuarda“
Ein weiteres Werk aus der tiefen Düsternis englischer Geschichte wurde aus der MET übertragen. Anders als bei „Anna Bolena“, in der man dem Star Netrebko huldigte, stand hier die musikalische Gesamtleistung eines homogenen (wenn auch an diesem Abend nicht überragenden) Teams im Mittelpunkt. So soll es ja auch sein, das Werk bietet so viel Schönes, dass die Besetzung eigentlich zweitrangig sein sollte. Dem Leading Team David Mc Vicar (Regie) und John Macfarlane (Bühnenbild und Kostüme) ist es gelungen, Dramatik pur – vor allem beim Duett Elisabetta / Maria – zu bieten. Im Verein mit einer guten Personenführung gelang eine exzellente Wiedergabe des leider recht selten gespielten Werkes.
Die Idee, Elisabetta mit einem Sopran und Maria mit einem Mezzo zu besetzen, war nicht glücklich, denn beide Sängerinnen hatten mit den
jeweiligen Extremen der Partien ihre liebe Mühe. Dennoch waren die beiden Damen mit großer Intensität um eine optimale Rollengestaltung bemüht. Joyce DiDonato bot als Maria eine ausgezeichnete Leistung, ihre Stimme bewältigte die heiklen Passagen mit wenigen Ausnahmen sehr gut. Elza van den Heever, eine auch bei uns bereits bekannte Sängerin, wurde in ihrer Rolle der Bösen besonders entstellt. Zu der grausigen Maske und den äußerst unvorteilhaften Kostümen musste sie mit völlig un-majestätischem Stechschritt über die Bühne stapfen, dass es keine Freude war. Zur begnadeten Belcantistin fehlt ihr auch einiges, aber hier war Kraft und Leidenschaft ohnedies wichtiger als lyrischer Schöngesang. Matthew Polenzani als Leicester bemühte sich nicht nur vergeblich, zwischen den Damen zu vermitteln, er schaffte es auch nicht, die Kanten und Ecken dieser Partie entsprechend über die Rampe zu bringen. Sein schöner Tenor kam nicht so gut zur Geltung, wie man es von ihm gewohnt ist. Vielleicht liegt ihm diese Rolle nicht, jedenfalls klang er mitunter etwas angestrengt. Matthew Rose als Talbot und Joshua Hopkins als Cecil komplettierten mit guter Bühnenpräsenz das Ensemble.
Maurizio Benini dirigierte mit großer Umsicht und viel Gefühl das ausgezeichnete Orchester, den Chor hatte er leider nicht so ganz im Griff, denn die große Szene vor dem Gebet der Maria klang ein wenig verwackelt. Trotz aller Einwände war die Aufführung ein guter Dienst an einem großartigen Werk, das lohnt, wenigstens für kurze Zeit aus der Versenkung geholt zu werden.
Johannes Marksteiner