Metropolitan Opera New York: 15.12.2012 MET/Kino „Aida“
Nicht jede Übertragung aus der MET kann ein Volltreffer sein, vor allem so knapp nach dem fulminanten „Maskenball“ war es schwer, ähnliches Niveau zu bieten. Das lag nicht am Dirigenten Fabio Luisi, der auch dieses Mal seine Meisterschaft im italienischen Fach bewies. Er leitete das wieder aufmerksam und temperamentvoll aufspielende Orchester mit viel Routine, auch den Sängern war er ein mitfühlender Begleiter. Das lag auch nicht an der Inszenierung Sonja Frisells, die hier alles bot, was man jemals in einer Aida-Produktion gesehen hat, einschließlich Pferden (für Elefanten war die Bühne denn doch zu klein). Fast schon zu viel Prunk und Pomp, die Manövriermasse war schon beängstigend umfangreich.
Also kann es nur an dem Staraufgebot der Sänger gelegen sein, dass die Erwartungen doch einigermaßen enttäuscht wurden. In der Titelrolle war die mit vielen Vorschlusslorbeeren angekündigte Liudmyla Monastyrska zu hören, ihr Debüt an der MET war gelungen, allerdings hatte sie im ersten Akt noch kleine Probleme, ihre warm timbrierte und kräftige Stimme adäquat einzusetzen. Erst „Numi pieta“ brachte dann die volle Schönheit der Stimme zur Geltung. Auch die Nilszene sang sie perfekt und berührend. Olga Borodina war als Amneris sehr präsent, an Lautstärke mangelte es nicht, der Registerwechsel gelang nicht reibungslos. George Gagnidze sang den Amonasro mit der Wucht eines Unwetters, da blieb kein Stein auf dem anderen. Auch Stefan Kocan war als Ramphis um einige Nuancen zu laut, zog sich aber ansonsten gut aus der Affaire. Das kann man von Miklos Sebestyen nicht sagen, der König sollte doch neben Bühnenpersönlichkeit über eine gut geführte profunde Bassstimme verfügen.
Bleibt noch der Star des Abends, Roberto Alagna als Radames. Hier ist es schwer, beim Vergleich mit früheren Glanzleistungen nicht ins Grübeln zu kommen, wo denn die strahlende und sichere Höhe und die intakte untere Mittellage geblieben sind. Falsett ist eine Möglichkeit, sich vor heiklen Noten drücken zu können, gerne hören will man das aber nicht. Lag es also nur an einem Sänger, dass sich die gute Stimmung der Vorwoche nicht einstellen wollte? Vermutlich sind wir schon so verwöhnt mit Höchstleistungen, dass uns der „normale“ Alltag enttäuscht.
Johannes Marksteiner