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WIEN / Burgtheater; NOSFERATU

19.01.2024 | KRITIKEN, Theater

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Fotos: © Susanne Hassler-Smith

WIEN / Burgtheater;
NOSFERATU
nach Bram Stoker , Text von Gerhild Steinbuch
Premiere: 19: Jänner 2024 

„Nosferatu“ war immer noch im Kino am wirksamsten, unter diesem Titel bei Murnau, als „Dracula“ bei Coppola, und sehr lustig bei Polanski. Was der Roman von Bram Stoker (um den es hier, das sei gleich voraus geschickt, überhaupt nicht geht) im Burgtheater zu suchen hat, war von Anfang an zweifelhaft, aber man ist ja guten Willens. Und wenn man sich dem Haus nähert und dieses ausnahmsweise in dämonischem Vampirrot angestrahlt ist – dann hegt man sogar Hoffnungen.

Worauf allerdings? Man muss sich nur an die wahrlich unsägliche Inszenierung der „Troerinnen“ (im April 2022 im Burgtheater) erinnern, um zu wissen, was von der australischen Regisseurin Adena Jacobs zu erwarten ist, und tatsächlich zieht sie für „Nosferatu“ dieselben inszenatorischen Spielchen wieder durch, nur um einiges radikaler.

Der Text, den die österreichische Autorin Gerhild Steinbuch „nach Bram Stoker“ abgeliefert hat, findet zwar im Programmheft die üblichen geschwurbelten Erklärungsversuche, aber diese haben mit dem, was man auf der Bühne sieht, gar nichts zu tun.

01 nosferatu c susanne hassler smith vv~1Nosferatu oder Madame Dracula erscheint zu Beginn kurzfristig in Gestalt von Bibiana Beglau, von der man später nicht mehr allzu viel zu sehen bekommt – Tatsache ist wohl, dass man mit einem Starnamen des Hauses locken will, aber schandbarerweise tatsächlich keine Aufgabe für sie  hat, die ihrer würdig wäre. Hier ist sie fast nur Statistin, die am Anfang eines blutigen Gemetzels steht, aus dem sich dann der angebotene Reigen des Schreckens entwickelt.

Dieser hat aber mit Jonathan Harker oder Van Helsing nichts zu tun, auch das Opfer Lucy kann man nicht wirklich ausmachen. Es geht vielmehr im Rahmen eines „Sanatoriums“ um den vernichtenden Umgang des Personals mit Kranken, die teils als halbe Tierwesen beschrieben werden. Die Botschaft, so es eine gibt, kann nur lauten: Die Vampire sind wir, gnadenlose Mörder unserer Mitgeschöpfe, was mit allerhand Scheußlichkeiten illustriert wird (Wenn jemand aus dem Bauch einer Leiche kriecht, fordert das vom Zuschauer einen guten Magen,)

Wobei immer wieder irgendjemand auftaucht und monologisch vor sich hin spricht, man weiß nicht, wer eigentlich wer ist und wer was warum sagt, die Dramaturgie des Ganzen ist völlig zerflattert und uneinsichtig, es ergibt sich kein Stück, keine Figuren, nichts, was interessieren könnte.

Bleibt die Machart. Theater ist nicht Kino, aber durch die Videospiele, die die Regisseurin wieder Eugyeene Teh, der auch als Ausstatter fungiert, und Tobias Jonas anvertraut hat. Die beiden können ihr Handwerk, überziehen die Bühne mit wirren, beängstigenden Bilderfluten, die oft an Fraktale erinnern (und vermutlich auf ähnliche Art erzeugt wurden). Auch andere Tricks der Regisseurin gab es schon bei den „Troerinnen“, etwa, dass sie gerne Menschen in verrücktesten Verrenkungen von der Decke hängen lässt.

Fassbar wird dabei wenig, nicht zuletzt deshalb, weil die meisten Szenen weitgehend in Dunkelheit spielen, zwischen Grau und Schwarz, die beste Voraussetzung für ein Publikum, sanft zu entschlummern, zumal, wenn man ohnedies keine Chance hat, Texte und Inhalte zu entziffern.

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Die Regisseurin arbeitete – mit Ausnahme von Bibiana Beglau – wieder mit einigen Darstellerinnen, die sich schon von den „Troerinnen“ her als opferbereit gezeigt haben, also Sylvie Rohrer und Sabine Haupt, Lilith Häßle und Safira Robens. Dazu kommt noch Elisabeth Augustin, und Markus Meyer darf sich a,mBoden herumwälzen.

Es gab während der pausenlosen zwei Stunden einigen Publikumsschwund. Geklatscht wurde trotzdem, wie im Burgtheater immer. Die Dramaturgie des Hauses und der verantwortliche Direktor wären allerdings aufgefordert zu erklären, was sie sich mit diesem  Abend gedacht haben.

Renate Wagner

 

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