Alle Fotos: (c)Tommy Hetzel
WIEN / Burgtheater:
HERR PUNTILA UND SEIN KNECHT MATTI
von Bertolt Brecht
Premiere: 29. März 2025
Eine Absurdität, weiter nichts
Nun ist also nach Argan, Liliom und Tartuffe auch Matti, der „Knecht“ des Herrn Puntila, zur Frau geworden. Das genderfluide Burgtheater des Stefan Bachmann segelt unbeirrt auf der woken Welle, und Umdenken (in Richtung gesunder Menschenverstand vielleicht) muss nicht angesagt sein, dafür sorgt schon der neue Medienminister. Dass der Wind anderswo längst in andere Richtung weht, stört in der Wiener Blase niemanden, eher im Gegenteil…
Nein, es macht keinen Sinn, Julia Windischbauer mit Pagenfrisur, in Livree mit Pluderhosen auf die Bühne zu stellen und zu behaupten, sie sei Matti. Hätte man ihr nicht einen so seltsamen, undefinierbaren Akzent auferlegt, man würde sie nicht einmal bemerken.
Das macht allerdings fast nichts aus, denn von Brechts Stück „Herr Puntila und sein Knecht Matti“ ist in der Inszenierung von Antú Romero Nunes ohnedies so gut wie nichts übrig geblieben. Was im Kopf des Regisseurs vorging, bleibt ein Rätsel, ist eines der mutwilligen, sinnlosen Zerstörungswerke im Namen einer Interpretation, wie man sie so oft sieht und wovon man die Nase so voll hat.
Nahezu drei quälende Theaterstunden, zu denen die großteils schreckliche Musik (ganz wenig Dessau, ganz viel Pablo Chemor, wer immer das sein mag), die den Abend zum „Singspiel“ macht, erzählen nichts von dem, was Brecht erzählen wollte – nämlich ein Stück über Machtverhältnisse und Abhängigkeiten. Hier flattern in einer unsäglichen, meist pastellfarbenen Dekoration (Matthias Koch) einzelne Teile des Stücks zusammenhanglos herum, so dass man keine Ahnung hätte, worum es geht, wüsste man es nicht von früheren Gelegenheiten.
Dass Herr Puntila „fast ein Mensch, wenn er besoffen“, ist bei Brecht die große Ironie im Bruch der Figur, im Aufzeigen von Verhaltensweisen bei ihm und den anderen. Aber der voluminöse, ob nackt, ob im weißen Anzug nie überzeugende Bruno Cathomas darf das nicht spielen, differenziert zwischen trunken und nüchtern, zwischen Mensch und Unmensch so gut wie gar nicht. Es ist, als sei er – genau wie Matti – gar nicht da.
Was man von seiner Tochter nicht behaupten kann, doch hat man eine widerlicher kreischende und brüllende Eva als jene von Marie-Luise Stockinger noch nie erlebt und möchte man auch nie mehr erleben. Der leicht ordinäre wienerische Tonfall, den sie zusätzlich bieten muss, macht ihre Figur noch unerträglicher. In dem Lauf des Stückes, das eigentlich wie eine einzige Absurdität wirkt, teilen sich Annamária Láng (die viel singen muss), Lola Klamroth sowie Felix Rech, Tilman Tuppy (der Mann in Frauenrollen) und Justus Maier teils abenteuerlich verkleidet die übrigen Rollen, Was der Regisseur ihnen abverlangt, ist großteils schlechtweg albern.
Ein schrecklicher Abend, der einen Buh-Orkan verdient hätte, aber freundlichen Beifall fand. Wieder ein Grund für Direktor Stefan Bachmann, hoch zufrieden mit sich selbst zu sein. Dass an seinem Haus Klassiker („Tartuffe“, „Revisor“, nun „Puntila“) nicht nur zerstört werden, sondern auch zu extrem reizlosen, uninteressanten Produktionen verkommen, nimmt er offenbar nicht wahr.
Renate Wagner